Bei jeder Veranstaltung der Ringvorlesung, die per Livestream auch im Internet zugänglich gemacht wird, werde es auch die Möglichkeit zur Diskussion mit den Vortragenden geben.
Bei jeder Veranstaltung der Ringvorlesung, die per Livestream auch im Internet zugänglich gemacht wird, werde es auch die Möglichkeit zur Diskussion mit den Vortragenden geben.
Podiumsdiskussion zum Auftakt zu Wiener Ringvorlesung über "Klimagerechtigkeit und Religion". Wiener Generalvikar Krasa: Leben nach "Evangelischen Räten" kann auch säkularen Menschen etwas sagen.
Wenn heute um Klimaschutz und Klimagerechtigkeit gerungen wird, so braucht es dabei nicht nur persönliche Einschränkungen beim Konsum oder klare politische Rahmenbedingungen, sondern immer auch eine Vision davon, was ein "gutes Leben" für alle Menschen bedeuten kann. Darin waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Podiumsdiskussion am Dienstagabend an der Universität Wien einig. Das Podium, bei dem der Generalvikar der Erzdiözese Wien, Nikolaus Krasa, Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser und der Präsident der Buddhistischen Religionsgesellschaft, Gerhard Weißgrab, mit dem Sozialethiker Alexander Filipovic diskutierten, bildete zugleich den Auftakt zur neuen Ringvorlesung "Klimagerechtigkeit und Religion" der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.
Der Andrang zu der Veranstaltung war groß, freute sich Veranstalter Prof. Hans Pock in seiner Einleitung - gerade auch die rege Teilnahme von Studierenden nicht-theologischer Fächer zeige die Dringlichkeit des Themas. Zudem unterstrich Pock, dass Klimafragen immer auch Gerechtigkeitsfragen sind und Religionen bzw. Kirchen insofern gleich doppelt gefordert seien, sich mit dem Thema intensiv auseinanderzusetzen: Aus der Perspektive der Schöpfungsverantwortung sowie aus Perspektive der Ethik. "Denn Religionen erheben den Anspruch, zum Wohl der Menschen zu wirken - und daher gibt es ein dringendes Interesse am Heil der Menschen und an der Schöpfung."
Einblicke in die vielfältigen Klimaschutz-Aktivitäten der Erzdiözese Wien von pfarrlicher Ebene bis hinauf zum wirtschaftlichen Großunternehmen Erzdiözese bot Generalvikar Krasa. Derzeit arbeite man auf allen Ebenen darin, die Vorgaben zum Klimaschutz, die seitens der Österreichischen Bischofskonferenz gemacht wurden, auch diözesan umzusetzen. Dabei würden sich im Detail durchaus Widerstände zeigen, und es sei für ihn selber auch ein Lernprozess, in Zeiten knapper Budgets Dinge auf den Weg zu bringen.
Zugleich betonte Krasa die bleibende Aktualität der sogenannten "Evangelischen Räte" Armut, Keuschheit und Gehorsam. Diese könnten bei entsprechender Übersetzung durchaus auch säkularen Menschen etwas sagen und einen Beitrag zu einem nachhaltigen Lebensstil leisten - etwa wenn man Armut als Forderung nach einem einfacheren Lebensstil versteht; Keuschheit als Forderung nach Respekt vor der Integrität des jeweils anderen und Gehorsam als die Bereitschaft, dem anderen zuzuhören, bevor man selbst spricht. "Das geht in eine sehr aktuelle Richtung und stammt doch aus tiefer christlicher Tradition. Und es hat etwas mit gelingendem Leben zu tun", so der Generalvikar.
Diakonie-Direktorin Moser betonte ihrerseits die Bedeutung der Religionen und Kirchen im öffentlichen Diskurs. So wichtig es sei, auf Ebene der Gemeinden oder der Kirchen selbst für Nachhaltigkeit zu sorgen, so wichtig sei es auch, sich politisch bzw. im öffentlichen Diskurs mit lauter Stimme einzubringen und auf die Schaffung konkreter rechtlicher Rahmenbedingungen zu pochen. Dazu zähle u.a. die Verabschiedung eines neuen Klimaschutzgesetzes. Außerdem seien die Kirchen und Religionen gefordert, "positive Visionen" zu liefern, was gelingendes Leben für alle heute bedeuten könne. Dort könnten Religionen aus einem reichen Schatz schöpfen: "Es braucht diese visionäre Kraft, worauf sich unsere Hoffnung richten soll. Da kann Religion hinausdenken über das, was ist."
Moser verwies außerdem auf den evangelischen Maßnahmen- und Forderungskatalog zum Klimaschutz, in dem auch deutlich artikuliert werde, dass die Klimakrise auch mit Fragen der Klimagerechtigkeit einhergehen. So seien es vor allem die armen Länder im globalen Süden, die Leidtragende des Klimawandels seien, aber am wenigsten selber dazu beigetragen hätten. Dies müsse bei einer zeitgemäßen Klimapolitik berücksichtigt werden.
Von den Studierenden bzw. vom Theologiestudium erhofften sich zudem sowohl Moser als auch Krasa ein bewusstes Eingehen auf Fragen des Klimaschutzes und der Klimagerechtigkeit. Es brauche dazu ein hohes Maß an Wissen, aber auch an Bereitschaft, sich auf die hohe Komplexität der Fragen einzulassen - sowie "Ambiguitätstoleranz", sprich: das Aushalten anderer Perspektiven und Stimmen. Dies seien Kompetenzen, die das Theologie-Studium durchaus vermitteln könne und sollte.
Gerhard Weißgrab pochte ebenfalls auf den Zusammenhang von religiöser Haltung und Ethik: Meditation und Ethik müssten stets Hand in Hand gehen - wo man sich nur für buddhistische Meditation begeistere, aber nicht die Handlungsebene beachte bzw. sehe, dass dies auch in einen entsprechend nachhaltigen Lebensstil münde, verstehe man den Buddhismus letztlich falsch.
Zugleich markierte Weißgrab, der selbst christlich sozialisiert wurde, deutlich den Unterschied zwischen einem christlichen und einem buddhistischen Weltverständnis: Der Buddhismus kenne den Schöpfungsgedanken nicht, sondern schaue auf den Zusammenhang aller Dinge. Die Verantwortung für die Umwelt ergebe sich im Buddhismus nicht aus der Verantwortung einem Schöpfergott gegenüber, sondern aus der Einsicht in die Verwiesenheit von Mensch und Umwelt. Der Buddhismus setze daher auch nicht in erster Linie auf politische Appelle, sondern auf einen "langsamen Bewusstseinswandel" der Menschen. Denn bei allem gelte: "Ohne Verzicht wird es nicht gehen."
Die Wiener Ringvorlesung "Klimagerechtigkeit und Religion" findet jeweils an Dienstagen ab 18.30 Uhr statt. Die Themenpalette der Vorträgt reicht von der Schöpfungstheologie und einer neuen Sicht auf den Menschen innerhalb dieser Schöpfung ("Ende des Anthropozäns") über tierethische Fragestellungen bis hin zur Analyse des Phänomens "Apokalyptik", mit dem Szenarien der Klimakrise oft beschrieben werden.
Die zehn Vorträge von Fachleuten unterschiedlicher theologischer und religionsbezogener Fächer aus dem In- und Ausland werden eingerahmt von Podiumsdiskussionen zu Beginn und am Schluss. Bei jeder Veranstaltung der Ringvorlesung, die per Livestream auch im Internet zugänglich gemacht wird, werde es auch die Möglichkeit zur Diskussion mit den Vortragenden geben, hieß es. Konzipiert haben die Reihe der Medien- und Sozialethiker Alexander Filipovic und der Pastoraltheologe Johann Pock, die beide an der Katholisch-Theologischen Fakultät lehren.
Infos: https://ktf.univie.ac.at/ringvorlesungklimagerechtigkeitundreligion