Ein Europa ohne Christentum könne sich Prügl demnach nicht vorstellen.
Ein Europa ohne Christentum könne sich Prügl demnach nicht vorstellen.
Der Wiener katholischer Theologe Thomas Prügl sieht Europa durch "zutiefst christliche Haltungen" geprägt. Das Gespräch ist Auftakt zur Jahresserie der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag", die beleuchtet, was der Welt ohne Christentum fehlen würde.
Dem Wiener Kirchenhistoriker Thomas Prügl zufolge hat das Christentum die europäische Geschichte in allen Belangen beeinflusst und "zu dem gemacht, was es heute ist". Und das meine er durchaus im besten Sinne, so der an der Universität Wien lehrende katholisch Theologe: Als "Kontinent, auf dem Frieden und Gerechtigkeit als höchste Güter betrachtet werden, auf dem Mitmenschlichkeit, Solidarität und ein Verantwortungsgefühl für die Schöpfung von den allermeisten Menschen geteilt werden, auf dem Freiheit und Menschenwürde als Grundrechte geschützte sind". All das seien "zutiefst christliche Haltungen", legte der Kirchenhistoriker in der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" dar.
Das Gespräch mit dem Theologen bildete zugleich den Auftakt zur Jahresserie 2024 der Zeitung, in der beleuchtet werden soll, was der Welt ohne Christentum fehlen würde. Ein Europa ohne Christentum könne sich Prügl demnach nicht vorstellen. Damit meine er nicht "die unzähligen Weg- und Gipfelkreuze, die Kirchengebäude, die Fülle an Kunst und Kultur in Musik, Literatur, Malerei, etc., die den christlichen Glauben tausendfach ausbuchstabieren", so der Historiker. Das Christentum sei vielmehr "die Seele Europas", ein Lebensprinzip, das auch wirke, wenn sich viele Menschen nicht mehr offen zu den christlichen Kirchen bekannten, zeigte er sich überzeugt.
Während der Entstehungszeit und Ausbreitung des Christentums über den europäischen Kontinent definierten sich die Christen durch ihr neues Verhältnis zu Gott, erläuterte der Kirchenhistoriker. "Was die Seele für den Leib ist, das sind die Christen für die Welt", so Prügl mit Verweis auf den Diognetbrief, in dem der Autor nicht nur die ablehnende Distanz der Christen gegenüber der antiken Öffentlichkeit ausdrückte, sondern auch ihr Selbstbewusstsein beschrieb, für die Welt etwas Wesentliches zu verkörpern.
Heute punkte das Christentum vor allem mit sozialem Engagement, mit Initiativen zum Frieden und zur Bewahrung der Schöpfung. "Die Beweggründe engagierter Christinnen und Christen sind dabei denen der ersten Jahrhunderte nicht unähnlich", so Prügl, aber, "vielleicht war in den früheren Jahrhunderten das Staunen über die Menschwerdung Gottes und damit über das Geheimnis Gottes und die Bestimmung des Menschen selbst noch prägender als heute".