Konferenz über "Ehebegleitung - Chancen und Hoffnungen" in Wien mit zahlreichen Themen und Fachleuten aus der Seelsorge. Familienbischof: Zeigen, "dass wir keine Langweiler sind".
Kriterien einer funktionierenden Ehe, hinderlicher Perfektionismus, Kinderlosigkeit, Mut zur Wahrnehmung unterschiedlicher Lebensformen, Tod eines Ehepartners - eine breite Palette von Themen ist am Wochenende in Wien bei einer kirchlich veranstalteten Ehekonferenz erörtert worden. Unter dem Titel "Ehebegleitung - Chancen und Hoffnungen" hatte das Institut für Ehe und Familie gemeinsam mit der Erzdiözese Wien zu einem Erfahrungsaustausch eingeladen. "Familienbischof" Hermann Glettler (Innsbruck) betonte dabei die Kompetenz und Professionalität, die gefordert sei, wenn es "das Kostbarste zu formen" gelte. Jungen Menschen sei zu zeigen, "dass wir keine Langweiler sind" und es sich lohnt, in Ehe und Familie zu investieren. Kirchlicherseits dürften Ehe und Familie "nicht nebenbei laufen".
Auch Glettlers Vorgänger als in der Bischofskonferenz für Familien zuständiger Bischof, der St. Pöltner Altbischof Klaus Küng, stärkte den zahlreichen Fachleuten im Bereich der Ehebegleitung den Rücken mit einem Zitat von Papst Johannes Paul II., demzufolge "der Weg der Kirche über die Familie geht". Die Familie sei die Schule des Lebens, der Liebe und des Glaubens und müsse bei diesen für die gesamte Gesellschaft so wichtigen Aufgaben bestmöglich begleitet werden.
Zur Einstimmung auf die Tagung im Schönstatt-Zentrum Wien-Kahlenberg präsentierte das deutsche christliche Magazin "Grandios" drei Kurzvideos, in denen Kinderlosigkeit in der Ehe, die Wichtigkeit von Kommunikation und der Tod eines Ehepartners thematisiert wurden. P. Heinrich Walter, geistlicher Begleiter der Schönstattbewegung in Österreich, wies darauf hin, dass Gott nicht immer alle Wünsche erfüllt, aber gerade in Krisenzeiten an der Seite von Paaren bleibe. Die Psychotherapeutin Susanne Pointer sieht - wie sie sagte - respektvolles Zuhören in einer Partnerschaft als entscheidenden Schlüssel einer gelungenen Kommunikation. Statt sich mit Schuldfragen herumzuschlagen, sollte das Sich-Hineinversetzen in den Ehepartner im Zentrum stehen.
Das Ehepaar Regina und Thomas Csanady aus Graz berichtete aus seiner langjährigen Erfahrung in der Ehevorbereitung und -begleitung ebenfalls über notwendige "soft skills": Achtsamkeit gegenüber dem Ehepartner, Dankbarkeit und Vergebung seien auch im Papstschreiben "Amoris laetitia" als die drei wesentlichen Kriterien einer funktionierenden Ehe erwähnt. Das Fundament müsse aber der Glaube sein, der Paaren hilft, Krisen zu bestehen. Ehepaare könnten und sollten dabei für Brautpaare als "Hirten" agieren.
Zu drei "Mutausbrüchen" forderte der Wiener Moraltheologe Stephan Fraß-Poindl die Kirche auf: Er nannte den Mut zur Realität, etwa bei der Betrachtung von unterschiedlichen Lebensformen, den Mut zur Selbstkritik und auch den Mut zur Gewissensentscheidung. Es müssten "biografiesensible Zugänge" zu Paaren gefunden werden, so Fraß-Poindl, im Einklang mit der kirchlichen Lehre und der pastoralen Praxis.
In einem Expertengespräch wies die Psychotherapeutin Barbara Haid, Präsidentin des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie, darauf hin, dass Perfektionsdenken und zu hohe Ansprüche an Ehe und Familie junge Menschen oft daran hindern würden, sich überhaupt auf eine Beziehung einzulassen. "Dranbleiben in einer Ehe, wenn es schwierig wird und daran zu wachsen, ist nur mehr selten zu finden", zeichnete die Psychotherapeutin ein düsteres Bild aus ihrer Praxis. Es brauche Role Models, die glaubhaft vermitteln, wie Ehe gelingen kann.
Bei einem Podium mit Vertretern aus der Praxis wurden positive Seelsorgeansätze aus ganz Österreich sichtbar - etwa in der Pfarre Koppl in Salzburg, in Stockerau oder in der Schönstattbewegung. Das dort engagierte Ehepaar Hertha und Martin Schiffl betrachtet Ehebegleitung als eine Chance für die Kirche, jungen Paaren zu vermitteln, dass Glaube etwas mit dem Leben zu tun habe und dieser für die Bewältigung des Ehealltags gebraucht werde.
Die positiven Effekte einer katholischen Ehevorbereitung schilderte bei der Tagung der aus der Ukraine stammende Generalvikar für die katholischen Ostkirchen in Österreich, Yuriy Kolasa: In seiner Heimat habe deren Einführung nach dem Zusammenbruch des Kommunismus die Scheidungsrate fallen und die Geburtenrate steigen lassen. Kolasa betonte zugleich, Ehevorbereitung brauche Kontinuität als Fortsetzung in einer Ehebegleitung.
Familienbischof Glettler unterstrich nach der Ehekonferenz den hohen Wert eines Erfahrungsaustausches von unterschiedlichen Fachleuten und teilte abschließend mit, die Familienkommission der Bischofskonferenz habe die Initiative "familienfreundliche Pfarre" gestartet. Gemeinsam mit "Coaches" können Pfarrgemeinden ihre Familienfreundlichkeit überprüfen und gegebenenfalls Verbesserungen vornehmen - etwa im Blick auf kinderfreundliche Messen, Raum für Begegnungen oder Infrastruktur für Familien mit kleinen Kindern.