Von der Gründung 1133 bis 1568 war Klosterneuburg ein Doppelstift von Männer- und Frauen-Gemeinschaft. Schau "Wir Schwestern" bis 15. November zu sehen.
Propst Anton Höslinger hat Donnerstagabend die neue Ausstellung "Wir Schwestern" im Stift Klosterneuburg eröffnet. Im Stift lebten früher nicht nur Ordensmänner, sondern auch Ordensfrauen: die Augustiner-Chorfrauen, deren Gemeinschaft von der Klostergründung 1133 an bis 1568 bestand und zwischenzeitlich eine beachtliche Blüte erreichte. Die Ausstellung "Wir Schwestern" beleuchtet die weithin vergessene Geschichte des Chorfrauenstiftes, die dort lebenden Frauen sowie ihre Aufgaben, ihr Alltag und ihre Feste.
Propst Höslinger zeigte sich am Rande der Eröffnung im Kathpress-Interview sehr erfreut darüber, dass mit dieser Ausstellung die Geschichte des Frauenklosters endlich entsprechend aufbereitet und gewürdigt wird. Die Forschung habe in den vergangenen Jahren "einiges wieder zutage gebracht und wir sind stolz darauf und freuen uns, diese wissenschaftlichen Ergebnisse nun präsentieren zu können und damit auch das Bewusstsein für diesen Teil der Geschichte Klosterneuburg zu schärfen". Es gebe freilich keine Pläne, so der Propst scherzhaft auf eine nicht ganz ernst gemeine Anfrage, im Stift wieder ein Frauenkloster einzurichten.
Freilich: Im Stift gebe es auch viele weibliche Mitarbeitende. Und in den letzten Jahren seien auch immer mehr Frauen in Führungspositionen gekommen. Nachsatz: "Das spiegelt einfach die heutige Gesellschaft wider.
In dem Doppelkloster, das Markgraf Leopold III. und Gemahlin Agnes im Jahr 1133 in Klosterneuburg ins Leben riefen, stand wie bei den Regularkanonikern üblich der Propst der Männergemeinschaft vor sowie auch dem Gesamtensemble, also auch der Meisterin der Frauengemeinschaft. Die Augustiner-Chorfrauen waren sehr eng mit den Stifterkreisen und mit dem Herrscherhaus verbunden. In die Gemeinschaft traten neben Mädchen und jungen Frauen auch adelige Witwen ein und Ehefrauen lebten auf Zeit beim Konvent, wenn ihre Männer gerade abwesend waren. Die Chorfrauen waren in Klosterneuburg auch für die Erziehung von Mädchen zuständig.
Während andernorts die Doppelklosterkonstruktion meist noch im 12. oder spätestens im 13. Jahrhundert aufgegeben und der Frauenkonvent aufgelöst wurde, blieb er in Klosterneuburg bis 1568 erhalten. Die Frauen waren hier sogar so erfolgreich, dass sie sich 1261 um das Frauenstift Sankt Jakob in Klosterneuburg erweiterten. Nach der Auflösung im 16. Jahrhundert fielen die Zeugen ihrer Existenz, ihr Hab und Gut, ihre Kunst, ihre Bücher und der gesamte Grundbesitz an das Augustiner-Chorherrenstift. Daran setzt die Ausstellung "Wir Schwestern" an und zeigt auf Basis aktueller Forschung, welche Aufgaben die Schwestern hatten, welche Heiligen sie verehrten und auch, was sie gelesen, gebetet und gelehrt haben.
Über die mehrjährigen wissenschaftlichen Recherchearbeiten informierten bei der Eröffnungsfeier die Kuratorinnen der Ausstellung, Eva Schlotheuber und Christina Jackel, sowie Kurator Jeffrey F. Hamburger.
Mehrere Veranstaltungen begleiten und vertiefen die bis zum Tag des Klostergründers St. Leopold (15. November) geöffnete Ausstellung. Am Sonntag, 28. April, findet um 15 Uhr ein Konzert zur Ausstellungseröffnung statt; mit Gregorianischen Gesängen aus der Stiftsbibliothek, dargeboten von der Choralschola der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, sowie Improvisationen an der Festorgel mit dem deutschen Organisten Johannes Mayr.
Am 6. Juni um 19 Uhr findet eine Podiumsdiskussion unter dem Titel "Klausur und Mission" statt, sowie am 12. September um 19 Uhr über "Warum Ordensfrau? Warum nicht?". Die Rolle der Ordensfrauen einst und jetzt sowie die Frage, ob Frauenorden Rückzugsort oder soziales Netzwerk seien, stehen dabei im Zentrum.
Infos: www.stift-klosterneuburg.at