Gut 2000 Gläubige beim traditionellen Stadtumzug mit Kardinal Schönborn zum heutigen Fronleichmansfest.
Etwa 2000 Gläubige nahmen heute an der traditionellen Fronleichnamsprozession in der Wiener Innenstadt teil. Das Fest begann mit einer feierlichen Eucharistiefeier in St. Stephan um 8:30 Uhr. Kardinal Christoph Schönborn konzelebrierte mit Bischof Lazarus Msimbe aus Morongo, Tansania, und zahlreichen Priestern. Bundesminister Norbert Totschnig, Bezirksvorsteher Markus Figl und Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler als Vertreter des öffentlichen Lebens waren ebenfalls anwesend.
Bei strahlendem Wetter hielt Kardinal Schönborn auf dem Michaelerplatz seine Predigt. Er sprach mit Nachdruck über die aktuellen Herausforderungen, denen sich die Gesellschaft gegenübersieht. Dabei spielte er auf die in diesem Augenblick kurz vorüberziehenden Wolken am Himmel an.
Schönborn verglich vor der Michaelerkirche - der ersten Station des durch die Wiener Innenstadt verlaufenden traditionellen Umgangs - die zunehmende Armut, die Teuerung, den Krieg in Europa, die demografische Entwicklung und auch die Sorge vieler über die Zuwanderung mit "dunklen Wolken", welche das "Schönwetter" in Europa deutlich trübten. Österreich sei traditionell ein Einwanderungsland, erinnerte der Kardinal mit einem Verweis auf seine eigene Flüchtlingsbiografie. Viele Gesellschaftsbereiche wie etwa die Pflege oder der Bau könnten ohne den wertvollen Dienst von Zuwanderern kaum funktionieren.
Jesus sei gekommen, um zu vereinen statt zu spalten, unterstrich Schönborn, "um sein Leben zu geben und nicht Leben zu zerstören". Sein "Grundgesetz der Nächstenliebe" und die Liebe Gottes für "Jeden Menschen in diesem Land, ob Christ oder Ungläubiger oder Anhänger einer anderen Religion" gebiete den Einsatz für ein Miteinander. Das sei nur durch Offenheit und Dankbarkeit, aber auch durch Opferbereitschaft, gegenseitige Hilfe und Dasein füreinander möglich - Grundhaltungen, die auch angesichts heutiger Herausforderungen eine "gute Zukunft" für das Land ermöglichten, so der Wiener Erzbischof. Österreich dürfe sich sein "Miteinander in aller Verschiedenheit" nicht zerstören lassen.
Bei der zweiten Station des Umgangs, vor der Peterskirche, hielt der Erzbischof eine kurze Meditation. Dabei machte er deutlich, wie wichtig die Prozession für ihn ist. Jedes Jahr und je älter er werde, umso mehr bewege ihn der Gedanke, dass es nicht er oder die Gläubigen sind, die „Jesus durch die Straßen tragen“, sondern dass es der Herr ist, der die Gläubigen trägt, besonders jene, die schwere Lasten in ihrem Leben zu tragen haben.
Die Fronleichnamsprozession endete mit einem Te Deum unter dem Klang der Pummerin am Stephansplatz.