Hubert Wolf sucht die "Nadel im Heuhaufen" der Geheimen Archive des Vatikan und erzählt was sie über die Kirche verrät.
Hubert Wolf, der renommierte Kirchenhistoriker aus Münster, hat mit seinem neuen Buch „Die Geheimen Archive des Vatikan und was sie über die Kirche verraten“ eine fesselnde Sammlung von Vorlesungen veröffentlicht, die er im Sommersemester 2023 an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz gehalten hat. Für historisch interessierte Leser bietet dieses Werk nicht nur eine tiefgehende Analyse, sondern auch bewegende Einblicke in bisher verborgene Kapitel der Kirchengeschichte.
Wolf, bereits bekannt durch Werke wie „Die Nonnen von Sant’Ambrogio“ und „Der Unfehlbare: Pius IX. und die Erfindung des Katholizismus im 19. Jahrhundert“, beweist auch in diesem Buch seine Fähigkeit, komplexe Themen der Kirchengeschichte verständlich und lebendig zu vermitteln. Er nimmt seine Leser mit auf eine Reise durch die geheimen Archive des Vatikans und beleuchtet dabei sowohl bekannte als auch weniger bekannte Facetten der kirchlichen Vergangenheit.
Besonders eindringlich sind die Abschnitte, die sich mit den Bittschreiben von Juden während der NS-Zeit an den Vatikan befassen. Diese Dokumente, oft die letzten Lebenszeichen vor ihrer Ermordung, offenbaren nicht nur das tiefe Leid der Menschen, sondern auch die komplexe und oft schwierige Rolle des Vatikans in dieser dunklen Epoche. Hier zeigt Wolf seine große Stärke: Er verbindet akribische historische Forschung mit einer sensiblen, menschlichen Perspektive, die den Leser tief berührt. Besonders hervorzuheben ist seine Analyse der Rolle von Papst Pius XII. während des Holocausts. Wolf beleuchtet die internen Diskussionen und Entscheidungsprozesse innerhalb der Kurie, die zu der zurückhaltenden Haltung des Papstes führten, der zwar über die Situation der Juden in Europa detailliert informiert war, jedoch nur zögerlich Stellung bezog.
Neben diesen neuen Einblicken greift Wolf auch auf bekannte Themen zurück, etwa den Zölibat oder die Geschichte von Pius IX. und das Unfehlbarkeitsdogma. Auch der „Krimi“ um das römische Nonnenkloster Sant’Ambrogio, den er in einem seiner früheren Werke ausführlich behandelt hat, wird erneut thematisiert. Trotz einiger Längen bietet das Buch viele wertvolle und oft überraschende Einblicke in die Geschichte der Kirche und ihre Archive.
Für alle, die sich für die verborgenen Kapitel der Kirchengeschichte und die Geheimnisse des Vatikans interessieren, ist dieses Buch eine Fundgrube. Hubert Wolf gelingt es einmal mehr, durch akribische Archivarbeit und fundierte Analyse neue Perspektiven auf die katholische Kirche und ihre Geschichte zu eröffnen. Ein Muss für alle, die tiefere Einsichten in die komplexe Vergangenheit der Kirche suchen.