Anworten von Kardinal Christoph Schönborn in der Tageszeitung HEUTE am 13. September 2024.
Heute drängt es mich, ein Wort über die politische Vielfalt in unserem Land zu schreiben. Ich halte sie für etwas Gutes, ja Notwendiges. In zwei Wochen wird gewählt. Elf Parteien treten zur Wahl an: ein bunter Bogen, Rote, Grüne, Blaue, Türkise und andere. Sie stehen für ganz unterschiedliche Positionen, in Fragen von Migration, Wirtschaft, Klimaschutz, Bildung, Chancengleichheit oder gesellschaftlichem Zusammenleben. Braucht es wirklich so viele Parteien?
Jede Partei vertritt bestimmte Interessen. Das ist verständlich, weil es in der Gesellschaft unterschiedliche Sichtweisen und Anliegen gibt. Daher ist ein breites Spektrum an politischen Parteien berechtigt. Freilich müssen sich alle diese Parteien im Rahmen der Verfassung bewegen. Es darf, ja muss gerungen, gestritten und verhandelt werden, denn keine Partei hat die ganze Wahrheit. Daher gehören zu einer gesunden, lebendigen Demokratie immer auch Gesprächsbereitschaft und Kompromissfähigkeit. Keine Partei kann beanspruchen, die einzige echte Volksvertretung zu sein, den Willen der ganzen Gesellschaft zu vertreten. Schlecht steht es um ein Land, in dem eine Partei alles bestimmt. Politische Vielfalt tut der Demokratie gut!