Caritas-Präsidentin Tödtling-Musenbichler sieht kommende Regierung in Bereichen Armutsbekämpfung und Pflege "besonders gefordert" - Forderungen u.a. auch zu Themenbereichen Behinderte, Migration, Klima - Für positive Zukunft neben Politik auch jeder Einzelne gefordert.
Die Caritas hat im Vorfeld der Nationalratswahlen eine Reihe von sozialpolitischen Anliegen formuliert, die den Weg in "eine gute Zukunft" Österreichs ebnen sollen. "Besonders gefordert" sieht Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler die kommende Regierung in den Bereichen Armutsbekämpfung und Pflege. Auf der Caritas-Website listet die kirchliche Hilfsorganisation darüber hinaus konkrete Wünsche in weiteren Themenbereichen auf: Menschen mit Behinderungen, Integration/Migration/Asyl, Einsamkeit, Klima, internationale Zusammenarbeit und Freiwillige.Die
In einem Beitrag für die September-Ausgabe der Zeitschrift "Academia" des Cartellverbandes nennt Tödtling-Musenbichler zwei "Kernanliegen an die wahlwerbenden Parteien": Es gelte alles dafür zu tun, dass niemand in Österreich in Armut leben muss. Und: Der Absicherung des Pflege- und Betreuungssystems in Österreich müsse besonderes Augenmerk geschenkt werden.
Zum ersten Punkt zeigte sich die Caritas-Präsidentin überzeugt: "Armut ist kein Schicksal, sondern Folge von ungerechten Strukturen. Wir können sie als Caritas lindern - die Politik muss sie verhindern." Armut in Österreich sei jung und weiblich - denn Kinder und Frauen seien davon besonders häufig betroffen. Aber auch für Mindestpensionsbeziehende sei ein Sozialstaat notwendig, "der wirksam und nachhaltig vor Armut schützt, in dem er präventiv Armut verhindert". Tödtling-Musenbichler forderte tragfähige Strukturen für den Fall von Krisen ein, mit Sozialleistungen in einer Höhe, die ein Leben ohne Armut ermöglichen. "Das heißt ganz klar: Wir brauchen Reformen - vom Arbeitslosengeld über die Sozialhilfe, eine echte Investition in Bildung und Gleichstellung, um dem Teufelskreis Armut ein für alle Mal ein Ende zu setzen."
Zum Thema Pflege und Betreuung wies Tödtling-Musenbichler darauf hin, die demografische Kurve mit einem wachsenden Altenanteil an der Gesamtbevölkerung sei nicht aufzuhalten. Es gelte, "eine menschenwürdige Pflege und Betreuung für alle sicherzustellen". Dafür erforderlich seien ein zukunftsfittes Personalpaket und mehr Ausbildungen, aber auch eine bundesweite Harmonisierung: "Angebote, Kosten, Verfügbarkeiten und Unterstützungen müssen vom Bodensee bis zum Neusiedlersee gleich sein."
Zum Thema Menschen mit Behinderung heißt es auf der Caritas-Website: "Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle dazugehören und über sich selbst bestimmen können." Ein zweckgebundener Inklusionsfonds würde hier nach Ansicht der Caritas vieles möglich machen.
Österreich stelle Menschen mit Migrations- oder Fluchthintergrund "beim Ankommen in unserer Gesellschaft zu viele Hürden in den Weg", beklagte die Caritas zum Themenfeld Integration/Migration/Asyl. Der Mangel an Fachkräften sei in vielen Bereichen spürbar - vom Spital bis zum Bau. "Wer nicht aus einem EU-Staat kommt, findet aber kaum legale Wege in unseren Arbeitsmarkt." Die Caritas tritt für "Integration ab Tag 1" ein, konkret für schnelle Verfahren, flächendeckende Deutschkurse und Zugang zum Arbeitsmarkt.
Die Klimakrise sieht die Caritas als "drängendste Herausforderung unserer Zeit". Notwendig sei ein konsequenter Wandel von der fossilen zur erneuerbaren Wirtschaft, getragen von einer sozialen Klimapolitik, die auch Einkommensschwache bei der geforderten Transformation unterstützt. Um auf Katastrophen in einer "vernetzten Welt" bestmöglich reagieren zu können, fordert die Caritas die Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds auf 200 Mio. Euro bis 2030.
Ein wichtiges Zukunftsthema sei auch die zunehmende Einsamkeit. Eine dafür beauftragte Person in der nächsten Regierung sollte dafür Aufmerksamkeit schaffen. Ein weiteres Anliegen der Caritas: "Schaffen wir bessere Bedingungen für die Arbeit der Freiwilligen."
Caritas-Präsidentin Tödtling-Musenbichler äußerte in der "Academia" Zuversicht hinsichtlich einer positiven Entwicklung Österreichs trotz vieler Herausforderungen durch Teuerung, Kriege, Klimakrise etc. "Angst ist immer eine schlechte Ratgeberin", gab sie zu bedenken. Nicht umsonst sei "Fürchtet euch nicht!" eine in der Bibel besonders häufig zu lesende Aufforderung Jesu. "Mich trägt aber vor allem die Erfahrung, die ich in der Caritas Tag für Tag mache", so Tödtling-Musenbichler: "Dass wir gemeinsam das Leben Einzelner und damit uns als Gemeinschaft zum Positiven verändern können. Dass Veränderung oft klein beginnt und Großes bewirkt."
Die Gestaltung der Zukunft dürfe nicht der Politik alleine überlassen werden, betonte die Caritas-Präsidentin. Es komme auf jede und jeden Einzelnen an. Tödtling-Musenbichler ermunterte zum "Hinsehen und nicht Wegsehen", zum gegenseitigen Unterstützen und Füreinander-da-Sein. "Vergessen wir nicht: Wir sind Gesellschaft."
Dazu passend die Bitte auf der Website, die Caritas-Vorschläge in den sozialen Medien zu teilen, und der Aufruf: "Engagiere dich in der Zivilgesellschaft oder unterstütze unsere vielfältigen Projekte. Oder hilf uns mit deiner Spende beim Helfen."