Einen Blick auf die Not im Pfarrgebiet hat die Pfarrklausur 2024 der Pfarre zur Frohen Botschaft geworfen. „Es ist bemerkenswert, wie viel unsere Pfarrleute bewegen“, so Pfarrer Gerald Gump.
Unter dem Leitthema „Not und Nöte im Gebiet unserer Pfarre“ fand die diesjährige Pfarrklausur der „Pfarre zur Frohen Botschaft“, vom 11. bis zum 13. Oktober 2024, statt. Etwa 65 Mitglieder der demokratisch gewählten, pfarrlichen Leitungsteams – Pfarrgemeinderat, die Gemeindeausschüsse der vier Pfarrgemeinden (St. Elisabeth, St. Florian, St. Thekla und Wieden-Paulaner), der gemeinsame Vermögensverwaltungsrat und das Pastoralteam – kamen für ein intensives Arbeitswochenende zusammen. Die Klausur fand in der Kirche St. Florian, im Florianisaal und (liebevoll von den Hartmannschwestern betreut) im Hartmannkloster statt.
Ziel der Klausur war es, einen neuen, differenzierten Blick auf die Armut im Gebiet der Pfarre (= die Bezirke Wieden und ein Drittel von Margareten, sowie Randgebiete aus 4. und 6. Bezirk) zu werfen. Gäste aus der Bezirksverwaltung und von Sozialorganisationen wurden eingeladen, um ihre Sicht auf die sozialen Herausforderungen im Bezirk darzulegen. Moderiert wurde der Austausch von Peter Wesely aus der Pfarrgemeinde St. Thekla.
Pfarrer Gerald Gump betonte in seiner Einladung: „Wir wollen keine neuen Caritas-Initiativen ins Leben rufen, sondern weiter lernen, die Wirklichkeit genauer wahrzunehmen. Arme – sei es wirtschaftlich, sozial oder emotional bedingt – liegen Gott besonders am Herzen. Unser Ziel ist es, unseren Blick zu schärfen und uns von dieser Realität berühren zu lassen; dann werden sich die nächsten Schritte ergeben.“
Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Karin Eichler (in Vertretung der kurzfristig verhinderten Bezirksvorsteherin Lea Halbwidl / Bezirk Wien 4) und Elke Hanel-Torsch (Vertretung für die Bezirksvorsteherin von Wien 5, Silvia Jankovic) brachten verwaltungstechnische und politische Perspektiven in die Diskussion ein. Ergänzt wurden sie durch Expertinnen und Experten aus dem Sozialbereich, darunter Ingrid Pöschmann (Leiterin der Wiener Kinder- und Jugendhilfe MA 11), Doris Anzengruber (Leiterin der Sozialberatung der Caritas in der Momsengasse) und Günter Wimmer (Leiter des Caritas-Tageszentrums Gürtel). Sie stellten die Arbeit ihrer Institutionen vor und diskutierten Möglichkeiten zur engeren Zusammenarbeit mit der Pfarre.
Am Nachmittag wurden die Themen aus christlicher Sicht betrachtet: Mit biblischen Impulsen, Inspirationen aus der christlichen Soziallehre, einer „Spirituellen Konversation“ (wie auf der römischen Bischofssynode) und einem Blick auf die bestehende Caritas-Arbeit der Pfarre wurde diskutiert, was bereits getan wird und wo noch Handlungsbedarf besteht.
Ein zuvor organisierter Fotowettbewerb („Hinschauen-Hinhören-Helfen“ in Zusammenarbeit mit „mein Bezirk“ und Diözesanmedien) mit über 40 Einsendungen diente als visueller Ausgangspunkt, um die verschiedenen „Gesichter“ der Armut im Pfarrgebiet greifbar zu machen.
Pfarrer Gump verwies in einem Resümee auf die vielfältigen sozialen Aktivitäten: „Es ist beeindruckend, wie viel hier für Menschen in Not geleistet wird: Durch die Stadt Wien, die Caritas-Wien, verschiedene Sozialinstitutionen und auch uns als Pfarre. Und doch bleibt so viel offen.“
Beachtlich ist auch das vielfältige Engagement der Pfarre dafür: Neben Caritas-Sprechstunden, der Wärmestube, der Le+O-Lebensmittelsammlung (bei der allein in der letzten Woche 4,5 Tonnen Lebensmittel gesammelt wurden) und diversen Sammelaktionen engagiert sich die Pfarre in der Wohnkostenhilfe, in der Unterstützung von einsamen Menschen und in der Vernetzung von Hilfsangeboten du vielen anderen Sozialbereichen.
Die Pfarre beteiligt sich zudem am Pfarrnetzwerk Asyl, in der Pfarrpartnerschaft mit dem indischen Vanakkam-Schulprojekt (für 700 Schüler/innen und ihre Familien), in der Gewaltprävention und in vielen anderen Initiativen.
Im vergangenen Jahr spendeten die Gemeindemitglieder der Pfarre zur Frohen Botschaft allein auf pfarrlichen Wegen insgesamt über 92.000,- Euro für caritative Zwecke. „Es ist bemerkenswert, wie viel unsere Pfarrleute bewegen“, so Gump.
Der Sozialtag am Samstag, 12. Oktober, wurde eingerahmt von einem pfarrinternen Beratungsnachmittag und -Abend am Freitag. Nach einem Gottesdienst fand die „PGR-Vollversammlung“ (mit 60 Mandatarinnen/en) statt, in der zentrale Themen wie personelle Entwicklungen, zukünftige Orgelprojekte diskutiert, Weichenstellungen getroffen und das durch die letzten Monate erarbeitete „Schutzkonzept der Pfarre“ (zur Prävention von Missbrauch und Gewalt) beschlossen wurde – neben allfälliger Alltagsarbeit.
Der intensive Studientag selbst fand im Hartmannkloster statt und klang mit einem besinnlichen Abendgebet in der Kirche St. Florian und einem festlichen Abendessen aus.
Sonntag: Einbringen all der Themen und Wirklichkeiten in die Pfarrgemeinden
Der Sonntag stand im Zeichen der vier Pfarrgemeinden (St. Elisabeth, St. Florian, St. Thekla und Wieden-Paulaner), wo das Erlebte der Klausur in den Gottesdiensten intensiv eingebracht, quasi gleich direkt in die pfarrliche Öffentlichkeit gebracht wurde. In den Gottesdiensten wurden ausführlich Eindrücke und Fakten aus der Klausur erzählt, die Gemeindemitglieder hatten die Möglichkeit, in Gesprächsgruppen weiter über die Themen der Klausur zu reflektieren und die Ergebnisse gemeinsam im Gebet vor Gott zu tragen.
„Es ist toll, was hier in unserem Umfeld – sehr wesentlich auch durch Pfarrleuten – für Menschen in Not getan wird“, so Pfarrer Gump: „Und doch bleibt vieles offen. Als Pfarre haben wir dementsprechend noch viel vor – wir werden unsere Verantwortung dafür weiter wahrnehmen!“