Referentin Polak vor deutschsprachigen Priesterräte-Vertretern: Glaube kann demokratiefördernd wie auch demokratiegefährdend wirken, aber aktiv religiöse Menschen sind tendenziell solidarischer, toleranter und demokratiebewusster.
Der in Österreich und in ganz Mitteleuropa feststellbare Rückgang von Religiosität stellt einen wesentlichen Faktor in der aktuellen Demokratiekrise dar - nicht als Ursache, wohl aber als Verstärker. Das erklärte die Wiener Theologin und Religionssoziologin Regina Polak bei der 110. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Priesterräte, die kürzlich gemeinsam mit Schwesternorganisationen des deutschsprachigen Raumes in Wien stattfand.
Polak - aktuell mit der großen ORF-Studie "Was glaubt Österreich?" befasst - räumte ein, dass religiöse Überzeugungen sowohl demokratiefördernde als auch demokratiegefährdende Auswirkungen haben können. Allerdings seien Personen, die aktiv am religiösen Leben teilnehmen, tendenziell solidarischer, toleranter und stärker demokratiebewusst.
Die an der Uni Wien lehrende Theologin referierte bei einem Studientag vor deutschsprachigen Priesterräte-Vertretern zum Thema "Kirchliches Selbstverständnis in einer (post)säkularen Gesellschaft", wie es in einer Zusammenfassung der Tagung vom Dienstag heißt. Die Religiosität in Österreich sei stark rückläufig: Heute bezeichnen sich laut Polak nur noch knapp über 50 Prozent der Bevölkerung als religiös. Zugleich sei eine Verlagerung der religiösen Praxis in den Kontext von Kirchen und Gemeinschaften zu beobachten. Die Erkenntnisse der vom ORF in Zusammenarbeit mit der Uni Wien durchgeführten Studie legten jedenfalls nahe, dass aktive Religionsausübung positive Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben hat.
Das hob auch der Wiener Pfarrer Gerald Gump als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Priesterräte hervor; er unterstrich die gesellschaftliche Verantwortung der Kirche: "Als Kirche sind wir aufgerufen, zum Wohl der Gesellschaft beizutragen." Gump verwies auf die positive Rolle der kirchlichen Vergemeinschaftung und der spirituellen Verankerung in Gott, die in der Forschung klar sichtbar wurde.
Die Tagung wurde gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Priesterräte Deutschlands (AGPRD) sowie weiteren deutschsprachigen Priesterräten abgehalten, teilte Gump der Nachrichtenagentur Kathpress mit. Ein fixer Bestandteil jeder Tagung sei die Begegnung mit dem jeweiligen Ortsbischof. Da der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, im Oktober bei der Weltsynode in Rom weilt, vertrat ihn Generalvikar Nikolaus Krasa und informierte über aktuelle Entwicklungen in der Erzdiözese Wien. Weitere Programmpunkte umfassten u. a. einen Bericht der deutschen und österreichischen Delegierten beim internationalen Pfarrertreffen in Rom für die Weltsynode im Mai 2024, eine Führung durch den Stephansdom und eine Messfeier dort.
Die Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Priesterräte ist die von der Bischofskonferenz offiziell eingerichtete Plattform der Priestervertretungen, die sich aus Delegierten der zehn österreichischen Diözesen sowie der Diözese Bozen-Brixen zusammensetzt. Sie trifft sich zweimal jährlich zum Austausch über Fragen, die für Priester in Österreich und weltweit von Bedeutung sind. Alle drei Jahre findet ein gemeinsames Treffen mit den Priesterratsvertretern des gesamten deutschsprachigen Raumes statt.