Antworten von Kardinal Christoph Schönborn in der Tageszeitung HEUTE am 22. November 2024
Heute vor 100 Jahren wurde in Poysdorf im Weinviertel eine beeindruckende Frau geboren: die Flüchtlingshelferin Maria Loley. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte sie die große Not der Flüchtlinge und der Überlebenden des „Brünner Todesmarsches“. Tief berührt half sie, wo sie konnte. Der Einsatz für Menschen auf der Flucht wurde zu ihrer Lebensaufgabe. Maria Loley gründete die bis heute aktive „Bewegung Mitmensch“. Ich erinnere mich mit Bewunderung an ihren Mut und ihre schier unerschöpflichen Kräfte, als mehrere hundert Christen aus dem Iran in Wien strandeten und wir gemeinsam mit dem damaligen Innenminister einen Aufenthaltstitel für die ganze Gruppe verhandeln konnten. Ihr Engagement wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet. Doch sie eckte auch an, wurde Opfer eines Briefbombenattentats und verlor dabei einen Finger.
Woher nahm die „Grande Dame“ der österreichischen Flüchtlingshilfe bis zuletzt all ihre Kraft? Aus ihrem Glauben! Ihren Mitmenschen zu helfen, war für sie Gottesdienst. „Jesus ist meine Kraft, er hält mich, er stärkt mich“, sagte sie einmal. Mitmenschlichkeit war ihr Leben. Wie sehr können wir uns heute an Vorbild an ihr nehmen!