Wir appellieren an unsere Gemeinden und an alle Menschen, die in Wien leben, sich unermüdlich für den Erhalt des friedlichen und respektvollen Miteinanders in unserer Stadt einzusetzen.
Wir appellieren an unsere Gemeinden und an alle Menschen, die in Wien leben, sich unermüdlich für den Erhalt des friedlichen und respektvollen Miteinanders in unserer Stadt einzusetzen.
Kardinal Schönborn, Oberrabbiner Engelmayer und IGGÖ-Präsident Vural unterzeichnen ein klares Bekenntnis gegen religiös motivierte Gewalt.
Am Donnerstagnachmittag, dem 9. Januar 2025, fand im Erzbischöflichen Palais in Wien ein historisches Treffen der Repräsentanten von Islam, Judentum und der römisch-katholischen Kirche statt. Kardinal Christoph Schönborn, Oberrabbiner Jaron Engelmayer und der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Ümit Vural, unterzeichneten gemeinsam die „Wiener Erklärung“. Mit diesem Dokument bekräftigen sie ihr Engagement für Frieden und gegenseitigen Respekt in der Gesellschaft.
Die „Wiener Erklärung“ ist eine klare Absage an jeglichen Missbrauch von Religion zur Anstiftung oder Rechtfertigung von Terror und Gewalt. Die Religionsführer betonten, dass jede Form von Diskriminierung und Bedrohung religiösen Lebens entschieden abgelehnt werde. Gleichzeitig appellierten sie an alle Wienerinnen und Wiener, sich für den Erhalt des friedlichen Zusammenlebens in der Stadt einzusetzen.
Wortlaut der „Wiener Erklärung“
Die „Wiener Erklärung: Religionen für den Frieden“ umfasst zentrale Botschaften der Toleranz und des Respekts.
„In Wien gibt es eine gute, tragfähige und konstruktive Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften. Sie ist auch Frucht eines langjährigen Dialogs in unserer Stadt. Aus dieser Erfahrung und aus unserer gemeinsamen Verantwortung setzen wir uns für den Frieden ein – in der Überzeugung, dass der Glaube eine kraftvolle Basis für ein friedliches Zusammenleben sein kann.
Entschieden verurteilen wir jeglichen Missbrauch von Religion zur Anstiftung oder Rechtfertigung von Terror und Gewalt. Zugleich treten wir gegen jede Form von Diskriminierung und Bedrohung religiösen Lebens auf. Wir verpflichten uns, das gegenseitige Verständnis und den Zusammenhalt in unseren Religionsgemeinschaften mit aller Kraft zu stärken.
Wir appellieren an unsere Gemeinden und an alle Menschen, die in Wien leben, sich unermüdlich für den Erhalt des friedlichen und respektvollen Miteinanders in unserer Stadt einzusetzen.“
Am Rand der Unterzeichnung der "Wiener Erklärung" betonte Kardinal Schönborn im Kathpress-Interview, dass es ihm nach rund 30 Jahren als Erzbischof von Wien nochmals ein großes Anliegen sei, das Engagement für ein friedliches Miteinander der Religionen in Wien "und hoffentlich darüber hinaus" nochmals zu bekräftigen.
Es sei nicht die erste gemeinsame Botschaft dieser Art, so der Kardinal. Er erinnerte u.a. an die Botschaft nach dem Terroranschlag vom 2. November 2020. Auch in der schwierigen Situation der Pandemie hätten die Religionen in großer Einmütigkeit zusammengearbeitet.
Die "Wiener Erklärung" sei nicht tagesaktuell, "aber sie ist dauerhaft aktuell". Viele Menschen würden die Religionen als Ursache für Konflikte ansehen. Dem müsse man sich stellen. "Und wir sind gemeinsam überzeugt davon, dass Religionen nicht das Problem, sondern zumindest ein wichtiger Teil der Lösung des Problems sind", so Schönborn.
Der Wiener Erzbischof wies auch darauf hin, dass die Religionen in den vergangenen Jahrzehnten engagiert daran gearbeitet hätten, "die Wunden der Vergangenheit zu benennen und Wege der Versöhnung zu gehen". Nachsatz: "Es gibt zwischen uns eine auch schmerzliche Geschichte." Er denke daran, was in Österreich den Jüdinnen und Juden angetan wurde. Und mit dem Islam habe Österreich auch eine lange, kontroverse und auch kriegerische Geschichte.
Es gebe inzwischen eine starke muslimische Präsenz in Österreich, so Schönborn: "Und es ist für uns als Christen sehr wichtig, dies anzuerkennen und zu sagen: 'Diese Menschen sind Österreicherinnen und Österreicher. Es ist ihr Land, genauso wie es unser Land ist.'" Nachsatz: "Sind wir dankbar, dass sie an Gott glauben und versuchen, ihr Leben an den Geboten Gottes zu orientieren. Das ist eine gemeinsame Basis, die für unser Zusammenleben wichtig ist."
Kardinal Schönborn würdigte auf Nachfrage auch die guten gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Religionen. Deren staatliche Mitverantwortung für das Gemeinwohl werde gesehen, anerkannt und auch gefördert. "Das ist eine besondere Situation in Österreich, für die wir sehr dankbar sind."
IGGÖ-Präsident Vural dankte Schönborn gegenüber Kathpress für die Einladung zur gemeinsamen Erklärung wie auch für die vielen früheren Begegnungen und Initiativen. Der interreligiöse Dialog sei eine wichtige Säule, um den Frieden und Zusammenhalt im Land sicherzustellen. Vural: "Wir können uns glücklich schätzen und wir dürfen dankbar sein, dass wir in einem Land leben, wo wir als Religionsgemeinschaften einen ehrlichen und wertschätzenden Austausch pflegen können. Österreich möge Vorbild sein, auch über die eigenen Grenzen hinweg.
Vural weiter: "Der Islam ist Teil dieses Landes. Wir gehören zu diesem Land und gemeinsam wollen wir die Zukunft dieses Landes gestalten. Wir wollen eine Gesellschaft haben, in der Respekt und Wertschätzung, Mitgefühl und Menschlichkeit bestimmend sind."
Indirekt auf die jüngsten Friktionen rund um einen Islam-Sager der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner angesprochen, gab sich Vural optimistisch, dass die "Wiener Erklärung" auch weit über die Grenzen der Bundeshauptstadt hinausreichen wird.
Oberrabbiner Engelmayer würdigte ebenfalls die Initiative von Kardinal Schönborn zur Erklärung und betonte, dass es kein Selbstläufer sei, dass die Religionsgemeinschaften sich in Österreich so gut verstehen, den Austausch pflegen und auch ein gemeinsames Zeichen wie das heutige setzen können. Engelmayer: "Wir zeigen hiermit, dass Religionen miteinander friedlich und respektvoll umgehen können, dass man sich gegenseitig als Bereicherung erfährt und miteinander in diesem Land friedlich leben möchte und kann."