Die Israelitische Kultusgemeinde Wien ehrt Christoph Schönborn für seinen Einsatz im jüdisch-christlichen Dialog. Er erhält als erster einen Stern in der Kuppel des Wiener Stadttempels. Schönborn: Bleibende Erwählung Israels ist der tiefste Grund für die Verbundenheit zwischen Juden und Christen.
Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) Wien hat Kardinal Christoph Schönborn, den emeritierten Erzbischof von Wien, für seine Verdienste um den jüdisch-christlichen Dialog ausgezeichnet. Im Rahmen einer Feierstunde am Dienstagabend wurde ihm zu Ehren erstmals ein nach ihm benannter Stern an der Kuppel des Wiener Stadttempels angebracht. Gleichzeitig war es das erste Mal in der Geschichte der IKG, dass ein katholischer Bischof als Ehrengast an der Eröffnung einer Sitzung des Kultusvorstands – dem höchsten Gremium der Jüdischen Gemeinde Wiens – teilnahm.
IKG-Präsident Oskar Deutsch würdigte in seiner Ansprache die langjährige Verbundenheit Kardinal Schönborns mit der Jüdischen Gemeinde sowie dessen beständiges Engagement im interreligiösen Dialog. Er hob besonders Schönborns verlässliche Unterstützung jüdischer Interessen im öffentlichen Diskurs und gegenüber der Politik hervor – eine in Europa einzigartige Verbindung zwischen der jüdischen Gemeinde und den christlichen Kirchen, wie sie in Wien gelebt wird. Zudem betonte er das Engagement des emeritierten Erzbischofs gegen alte und neue Formen des Antisemitismus und schloss mit den Worten:
„Ihr Wahlspruch lautet: ‚Vos autem dixi amicos!‘ – Auch wir nennen Sie unseren Freund!“
"Die Zehn Worte und das Gewölbe des Wiener Stadttempels"
Oberrabbiner Jaron Engelmayer unterstrich die enge Zusammenarbeit zwischen jüdischen und katholischen Gemeinden, die sich während Schönborns Amtszeit weiter gefestigt habe. Er dankte für die vielen persönlichen Botschaften des Kardinals an die Gemeinde, insbesondere zu den großen Festtagen, und verwies auf die jüngste „Wiener Erklärung“, die am 9. Jänner auf Initiative von Kardinal Schönborn gemeinsam mit dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Ümit Vural, sowie Engelmayer selbst unterzeichnet wurde. Diese gemeinsame Erklärung gegen religiös motivierte Gewalt werde, so der Oberrabbiner, im Stadttempel einen besonderen Ehrenplatz erhalten. Engelmayer schloss mit der Verheißung Abrahams – „So zahlreich wie die Sterne am Himmel werden deine Nachkommen sein“ – und deutete den nach Kardinal Schönborn benannten Stern als Wunsch, ihm mögen „zahlreiche geistige Nachkommen geschenkt werden“.
In seiner Dankesansprache zeigte sich Kardinal Christoph Schönborn tief bewegt von der Geste der IKG. Er ging auf eines seiner wichtigsten theologischen Anliegen ein: Mit der Konzilserklärung Nostra Aetate (1965) habe die katholische Kirche eine „kopernikanische Wende“ vollzogen und der alten Substitutionstheorie – wonach die Kirche an die Stelle Israels getreten sei – endgültig widersprochen. Durch diese Lehre hätten Christen in der Vergangenheit mit dazu beigetragen, antijüdische Ressentiments zu verstärken, was verheerende Folgen hatte. Heute sei es in der katholischen Kirche ebenso wie in anderen christlichen Kirchen klar, dass der Bund Gottes mit seinem Volk Israel – wie schon Paulus betonte – unwiderruflich sei. Diese Erkenntnis theologisch zu vertiefen und sie auch tatsächlich zu überwinden, sei eines seiner zentralen Anliegen als Theologe und Bischof gewesen und bleibe es auch weiterhin. Sie sei schließlich der tiefste Grund der tiefen Verbundenheit von Christen und Juden.
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