"Wir konnten und durften Deutsch lernen, haben auf der Universität studiert und im Priesterseminar in der Boltzmanngasse gelebt. Es war fantastisch, wir wurden gut aufgenommen und haben uns sehr zu Hause gefühlt", erzählt Hypolite Adigwe.
"Wir konnten und durften Deutsch lernen, haben auf der Universität studiert und im Priesterseminar in der Boltzmanngasse gelebt. Es war fantastisch, wir wurden gut aufgenommen und haben uns sehr zu Hause gefühlt", erzählt Hypolite Adigwe.
Fast zehn Jahre hat Hypolite Adigwe in seiner Studienzeit in Wien verbracht und bis heute ist Österreich neben Nigeria seine zweite Heimat. Er spricht über seine Zeit als Student in Österreich, seine Aufgaben in Nigeria und die gefährliche Situation im Norden des Landes.
"Ich war noch Seminarist in Nigeria als mich der Regens informierte, dass ich zusammen mit Aron Ekwu nach Wien gehen sollte", berichtet Hypolite Adigwe, der seinen Urlaub auch heuer wieder in seiner zweiten Heimat Österreich verbrachte. Seit über 50 Jahren verbindet ihn eine enge Freundschaft mit Wien und vielen Menschen hier. Es war die Aktion "200 für 2", bei der 200 Menschen aus Österreich für zwei Priesteramtsstudenten aus Nigeria spendeten, die ihm das Studium hier ermöglichte.
"Wir konnten und durften Deutsch lernen, haben auf der Universität studiert und im Priesterseminar in der Boltzmanngasse gelebt. Es war fantastisch, wir wurden gut aufgenommen und haben uns sehr zu Hause gefühlt", erzählt Hypolite Adigwe. Nach seiner Weihe zum Priester arbeitet er während seines Doktorratsstudiums zuerst in der Pfarre Maria Lourdes und dann in der Pfarre Kalvarienbergkirche. "Nach dem Doktorrat wollte ich sofort heimfahren, aber damals war der Biafrakrieg und mein Bischof hat gesagt, ich solle noch warten. Also habe ich hier weiter gearbeitet und studiert. 1969 bin ich dann aber trotz Krieg zurück nach Nigeria gegangen. Es war schrecklich, die Leute hatten so viel gelitten, wir haben versucht zu helfen, wo wir konnten. Es musste alles wieder aufgebaut werden."
Hypolite Adigwe leitete damals zwei Pfarren, da die Militärregierung alle ausländischen Seelsorger des Landes verwiesen hatte. "Es war ein großes Gebiet, aber wir haben gut und mit Freude zusammen gearbeitet, die Katechisten, die Lehrenden, wir alle. Heute sind aus den 2 Pfarren 24 Pfarren geworden. Es gibt Pfarren mit bis zu 30.000 Menschen." In den folgenden Jahrzehnten durchlief Hypolite Adigwe eine abwechslungsreiche Laufbahn, er unterrichtete Dogmatik und Religionswissenschaften im Priesterseminar, war Sekretär des Bischofs, Regens des Knabenseminars, Direktor für die Katechisten der Diözese, Vorsitzender der Nationalgruppe Katechese und Nationaldirektor von Missio. Jetzt arbeitet er wieder in seiner Diözese Nnewi als Direktor für Katechetik und Evangelisation und ist Vorsitzender verschiedenster Gruppen, unter anderem ist er Studentenseelsorger.
Das System der Katechisten sei ein völlig anderes als in Österreich. "Die Arbeit der Katechisten ist sehr speziell und anders als die der Priester. Sie leben näher an den Menschen als die Priester, sind verheiratet, leben in den Dörfern, kennen ihre Nachbarn, die Bräuche und die Probleme. Ein Katechist ist in religiöser Sicht der Vorsitzende einer Gemeinde, auch wenn der Priester kommt, leitet der Katechist das Morgengebet vor der Messe, hält Unterricht, macht die Ehevorbereitung, denn ein Pfarrer kann nicht überall sein."
Ein Unterschied zwischen Österreich und Nigeria sei die Art wie die Gottesdienste gefeiert werden. "Es ist derselbe Glaube, dieselbe katholische Kirche, das gleiche Gebet, aber in Nigeria ist die Feier im Ausdruck total anders. Die Menschen sind kräftig und laut, mit allen Emotionen und allem Lärm. Sie tanzen, singen, Liturgie ist lebhaft und es dauert auch länger. Die Messen in Österreich sind schön auf ihre Art, aber in Nigeria trifft sich die Gemeinde oft den ganzen Tag, es wird gebetet, gesungen, gemeinsam der Abend verbracht."
Belastend sei die politische Situation im Norden des Landes mit der Boko Haram, das sind islamistische Extremisten, die dort einen Gottesstaat errichten wollen. Gerade über seine Arbeit mit der Jugend kommt Hypolite Adigwe viel mit den Problemen im Norden in Kontakt: "Die Jugendlichen wollen nach jedem Anschlag kämpfen und ich muss sie beruhigen und sagen, dass das nicht christlich ist. Viele Frauen verlieren ihre Kinder, ihre Männer und viele Christen aus dem Norden fliehen in den Süden, sie müssen alles zurück lassen. Es ist schrecklich und politisch schwierig." Aber Hypolite Adigwe sieht Hoffnung, die Regierung sei rechtzeitig eingeschritten und versuche nun die Verbindungen der Extremisten zum Ausland zu kappen und gleichzeitig habe man Zugeständnisse gemacht.
Hypolite Adiogwes Studienkollege in Österreich, Aaron Ekwu, kam 1989 bei einem Autofall ums Leben. Für ihn läuft ein Seligsprechungsverfahren. "Wenn es nach mir ginge, wäre alles schon fertig, aber wir Menschen haben es immer eiliger, als die, die im Himmel sind. Ich habe mit ihm gelebt, und weiß, was für ein Mensch er war, wie religiös und gläubig. Aber die Prozesse dauern so lange wie sie eben dauern."