Dombaumeister Wolfgang Zehetner und Stadtimker Felix Munk mit den vier Bienenstöcken am Stephansdom, direkt über dem Riesentor.
Dombaumeister Wolfgang Zehetner und Stadtimker Felix Munk mit den vier Bienenstöcken am Stephansdom, direkt über dem Riesentor.
Täglich strömen die Dombienen in die Parks der Wiener Innenstadt. Am Stephansdom, über dem Riesentor, haben sie ein sicheres Zuhause gefunden.
Am so genannten Bläserchor des Stephansdoms, das ist zwischen den beiden Heidentürmen, an der Westfront über dem Riesentor und unmittelbar unter dem Dach sind in hölzernen Kisten vier Bienenvölker untergebracht. Insgesamt 400.000 Bienen strömen von dort aus in die Umgebung – auf der Suche nach Nektar. Ein großes Blütenangebot steht den Bienen in der Wiener Innenstadt zur Verfügung, erklärt der Stadtimker Felix Munk, der die Dombienen betreut: "Im engeren Flugradius von einem Kilometer liegt der Stadtpark, die Ringstraße, die Parks rund um das Rathaus und eine Menge von Innenhöfen – man möge gar nicht glauben, wie grün die Stadt ist!"
Felix Munk ist Gründer des Vereins Stadtimker, der sich um entflogene Schwärme kümmert, die sich wild an Orten ansiedeln, wo sie wenig erwünscht sind. Die Stadtimker suchen einen neuen Lebensraum für die Honigsammlerinnen. Neben dem Stephansdom betreut Munk auch die Bienen am Bundeskanzleramt, am Naturhistorischen Museum oder am Donaukanal. Das Imkern in der Stadt ist mittlerweile zu einem Trend geworden. "Das ist sicher eine Überreaktion auf die Thematik des Bienensterbens", so der Stadtimker. Auch wenn viele Menschen wohl nur kurzfristig zum Bienenfan werden, so stärke der Trend zum Imkern das Bewusstsein für Natur und Artenvielfalt. Das ist dringend nötig, denn nicht nur die Bienen sind vom Sterben bedroht, betont Felix Munk: "Ich hoffe, dass die Leute verstehen, dass es nicht nur den Honigbienen an den Kragen geht, sondern auch den Wildbienen und allen anderen blütenbestäubenden Insekten."
Österreich sei bereits zu zwei Drittel Bienen-frei, erklärt Stadtimker Felix Munk. Weltweit hat das Bienensterben ungeheure Folgen: Wenn es keine Bienen und andere blütenbestäubende Insekten mehr gibt – etwa die Hummel oder den Schmetterling - , dann geht damit ein Drittel der Nahrungsmittel verloren. Darunter so Köstlichkeiten wie Schokolade, Kaffee oder Obst und Gemüse. Auch Fleisch wäre ohne Bienen Mangelware, denn ohne Klee gibt es auch zu wenig Futter für die Rinder.
Schuld für das weltweite Sterben der Bienen sind nicht nur die in den vergangenen Monaten heiß diskutierten Neonicotinoide, die im Spritzmittel oder in gebeiztem Saatgut enthalten sind. Auch Parasiten, wie die aus Asien eingeschleppte Varroa-Milbe, oder Viruserkrankungen bedrohen die Honigsammlerinnen. Außerdem sind riesige Monokulturen daran schuld, dass die Bienen keinen bunten Speiseplan mehr vorfinden.
Im städtischen Bereich hingegen ist Insektenvielfalt noch vorhanden. Mehr als die Hälfte aller in Österreich vorkommenden Arten sind in Wien vertreten. Eine Vielfalt, die man schmeckt, wie Felix Munk erklärt: "Jeder Bezirk schmeckt dabei anders!"
Wie der Domhonig schmecken wird, kann man bald schon testen, denn die nächste Ernte – es ist bereits die zweite – steht kurz bevor. Über 40 Kilogramm Domhonig werden dabei erwartet. An einem eigenen Etikett für den Domhonig wird gerade getüftelt. Dazu soll auch Propolis, das Kittharz der Bienen – ein natürliches Antibiotikum – zum Verkauf angeboten werden.
Und bald schon steht dem Bienenprojekt am Dom, das übrigens vom Bankhaus Schelhammer und Schattera gefördert wird, eine Ausweitung bevor: Vier weitere Völker dürfen demnächst vom Stephansdom aus auf Blütensuche gehen.
Fotos vom Aufstellen der Bienenstöcke: