Jugendliche sollten nicht "Teilzeit-Christen" sein, da kein "Fassaden"-Glaube, sondern ein authentisch gelebter gefragt sei, so Papst Franziskus.
Jugendliche sollten nicht "Teilzeit-Christen" sein, da kein "Fassaden"-Glaube, sondern ein authentisch gelebter gefragt sei, so Papst Franziskus.
"Seid keine Anhängsel der Geschichte, seid ihre Protagonisten! Spielt vorne mit!", so Papst Franziskus zu den drei Millionen Jugendlichen am Weltjugendtag in Rio.
Millionen Jugendliche haben Papst Franziskus am Samstagabend, 27. Juli 2013, an der Copacabana erneut einen begeisterten Empfang bereitet. Beim Abendgebet des Weltjugendtages in Rio de Janeiro forderte der Papst die katholische Jugend auf, "eine schönere Kirche, eine bessere Welt und eine gerechtere Gesellschaft" zu bauen. "Seid keine Anhängsel der Geschichte, seid ihre Protagonisten! Spielt vorne mit!", so Franziskus in seiner Ansprache, in der er von seinem portugiesischen Manuskript immer wieder in frei gesprochenes Spanisch wechselte. Jugendliche sollten keine Zaungäste sein, die "vom Balkon herab" auf das Leben blickten. "Werft euch direkt hinein, wie Jesus, der ebenfalls nicht am Balkon stehen blieb", so seine Einladung.
Zu der traditionellen Gebetswache mit dem Papst, einem der emotionalen Höhepunkte des Weltjugendtages, hatten sich nach Vatikanangaben rund zwei Millionen Menschen - die Zeitung "O Globo" sprach sogar von drei Millionen - am Strand von Copacabana versammelt. Wegen der kühlen Witterung trug Franziskus bei der Fahrt im offenen Jeep durch die Menschenmenge zunächst einen weißen Mantel über seiner Soutane. Der Gottesdienst musste kurzfristig verlegt werden, weil das eigentlich vorgesehene Gelände in Guaratiba 50 Kilometer außerhalb der Stadt wegen des Regens der vergangenen Tage nicht benutzt werden konnte.
Mit dem Aufbau einer gerechteren und brüderlicheren Gesellschaft und Kirche müsse jeder einzelne bei sich selbst beginnen, unterstrich der Papst. Er zitierte die selige Ordensgründerin und Nobelpreisträgerin Mutter Teresa von Kalkutta (1910-1997), die auf die Frage, was sich in der Kirche ändern müsse, antwortete: "du und ich".
Die Jugendlichen sollten sich nicht von einer Illusion von Freiheit oder Moden und Interessen des Augenblicks leiten lassen, sondern von Christus, betonte der Papst. Die Gläubigen müssten den Mut haben, Jesus mit Begeisterung aufzunehmen und bei Schwierigkeiten auch gegen den Strom der öffentlichen Meinung zu schwimmen. Sie sollten nicht "Teilzeit-Christen" sein, da kein "Fassaden"-Glaube, sondern ein authentisch gelebter gefragt sei. Dazu gehöre auch die Gemeinschaft in der Kirche, in der jeder Gläubige ein "Baustein" sei. "Fehlt ein Baustein, so regnet es hinein", verdeutlichte Franziskus unter dem Applaus der Teilnehmer. Mehr als ein WM-Sieg
Jesus biete "etwas größeres an als den WM-Titel!", so der Papst so in Anspielung auf die Fußball-WM 2014 in Rio. "Er bietet uns die Möglichkeit eines erfüllten und glücklichen Lebens, und auch einen Zukunft mit ihm, die kein Ende hat - das ewige Leben." Die Jugendliche sollten "immer" mit Jesus reden, "in den guten und in den schlechten Momenten, wenn ihr Gutes und wenn ihr Schlechtes tut. Habt keine Angst, denn so funktioniert das Gebet!"
Jesus bitte die Jugendlichen, "ihm das ganze Leben hindurch zu folgen und in seiner Mannschaft zu spielen". Das erfordere wie im Sport viel Training, das im Gebet und im Empfang der Sakramente aber auch in christlicher Nächstenliebe bestehe. Dazu gehöre auch, so der Papst, dass man den anderen zuhören könne, sie verstehe, ihnen vergebe und ihnen helfe; und zwar allen Menschen, ohne auszuschließen und auszugrenzen. "Liebe junge Freunde, seid wahre Athleten Christi", so Franziskus.
Zu Beginn der Gebetswache erbauten Jugendliche sowie junge Mitglieder des Franziskanerordens eine Kirche. Sie spielten damit auf ihren Ordensgründer Franz von Assisi (1181/82-1228) an, der die baufällige Kirche seiner Zeit stützen wollte. Ein "clean" gewordener ehemaliger Drogenabhängiger, der sich wieder mit der Kirche ausgesöhnt hatte, berichtete über seine Erfahrungen; ebenso ein junger Geistlicher über seine schwierige Seelsorge unter Indios. Weiter legte ein junger Mann ein Lebenszeugnis ab, der seit einem Überfall an den Rollstuhl gefesselt ist und Kraft aus dem Glauben schöpfte. Auch eine frühere Strafgefangene, die heute in der kirchlichen Jugendarbeit tätig ist, berichtete in einem Vortrag und in Liedern über ihren Bekehrungsweg.
Die bunte religiöse Feier wurde immer wieder von frenetischem Jubel, Sprechchören und Schreien unterbrochen. Über Twitter riefen die Organisatoren des Weltjugendtags die Jugendlichen, die entgegen einem sonst strikten Verbot an der Copacabana übernachten durften, auf, ihre Schlafsäcke nach Gebrauch an die Obdachlosen von Rio zu verschenken.