"Das Paradebeispiel Jesu über die Nächstenliebe ist das vom 'Barmherzigen Samariter', und der ist ausgerechnet ein 'Ausländer', ein Fremder, mit anderer Kultur und Religion", betont Kardinal Schönborn.
"Das Paradebeispiel Jesu über die Nächstenliebe ist das vom 'Barmherzigen Samariter', und der ist ausgerechnet ein 'Ausländer', ein Fremder, mit anderer Kultur und Religion", betont Kardinal Schönborn.
"Antworten" von Kardinal Christoph Schönborn in der Zeitung "Heute", am Freitag, 16. August 2013.
Nächstenliebe ist die zentrale Botschaft unseres christlichen Glaubens. Und sie ist auch ein politischer Begriff im Sinne des öffentlichen Lebens. Gottesliebe und Nächstenliebe sind die beiden größten Gebote, wie uns Jesus gelehrt hat. Es ist durchaus gut, an die Nächstenliebe zu erinnern. Es ist auch richtig, dass es eine "Ordnung in der Liebe" gibt. Wer sich um Straßenkinder kümmert, tut etwas Gutes und Lobenswertes. Wenn er darüber aber die eigenen Kinder vernachlässigt, begeht er einen Verstoß gegen die Liebe. Wer seine Landsleute liebt, tut etwas Lobenswertes. Auch hierfür kann er sich auf die Bibel berufen: Denn das Wort von der Nächstenliebe bezieht sich zuerst auf die eigenen "Stammesgenossen": "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (Levitikus 19,18).
Falsch wird die Berufung auf die Bibel erst dann, wenn das Wort "Nächstenliebe" als Gegensatz zur Liebe zu den Fremden gedeutet wird. Denn im selben Kapitel steht auch: "Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen". (Levitikus 19, 34).
Das Paradebeispiel Jesu über die Nächstenliebe ist das vom "Barmherzigen Samariter", und der ist ausgerechnet ein "Ausländer", ein Fremder, mit anderer Kultur und Religion. Gerade ihn nennt Jesus als Vorbild. Nicht weil er ein Fremder ist, sondern weil er sich dem gegenüber, der hier und jetzt Hilfe braucht, als "der Nächste" erwiesen hat. Das ist unabhängig von In- und Ausländer. Deshalb hat das Wort Nächstenliebe im Wahlkampf nichts verloren, es sei denn, es gehe uns allen, auch im Wahlkampf, um die echte, biblische "Nächstenliebe".