"Antworten" von Kardinal Christoph Schönborn, in der Zeitung "Heute", am Freitag, 23. August 2013.
Wohin steuert Ägypten? Das Land am Nil versinkt seit der Absetzung des Präsidenten Mursi immer mehr im Chaos. Zwischen den Muslimbrüdern, denen Mursi angehört, und den Militärs, die die Macht übernommen haben, wütet ein blutiger Kampf. Und dazwischen die christliche Minderheit der Kopten. Sie sind längst zur Zielscheibe des islamistischen Terrors geworden.
Die Gewaltexzesse sind erschreckend. Seit vergangener Woche wurden über 80 Kirchen, Klöster, Geschäfte und Häuser von Christen angezündet oder zerstört. Selbst die große St. Markus Kathedrale, Sitz des koptischen Papstes Tawadros II., wurde nicht verschont. Er ist das Oberhaupt der koptischen Kirche und somit Nachfolger des Evangelisten Markus, der das Christentum im ersten Jahrhundert nach Ägypten brachte. Rund ein Zehntel der 84 Millionen Ägypter gehören der koptischen oder einer anderen christlichen Kirche an.
Es ist aber nicht einfach ein Kampf zwischen Muslimen und Christen. Denn es gibt auch andere Beispiele: Muslimische Menschenketten schützen christliche Kirchen oder Einrichtungen vor Zerstörung. Es sind einzelne radikal-islamistische Gruppierungen, die einen Rachefeldzug gegen die Christen gestartet haben. Dasselbe Schicksal erleiden Christen auch in Syrien und in anderen Ländern der Region.
Die westliche Welt ist ratlos: Wie reagieren? Wie kann eine weitere Eskalation verhindert werden? Sicher ist: Der Umsturz hat für die Christen in Ägypten keine Befreiung gebracht, sondern nur Terror, Gewalt und Chaos. Das Militär ist jetzt für sie ein Hoffnungsanker, hoffentlich kein trügerischer. Das Experiment eines muslimisch dominierten, demokratischen Staates ist in Ägypten blutig gescheitert. Was bleibt, ist ein Kampf des ägyptischen Volkes gegen den islamistischen Terror und der Kampf für ein Land des Friedens und der Freiheit.