"Das Drama des Reichen war nicht, dass er gut leben konnte. Es sei ihm gegönnt. Nur eines fehlt ihm. Und das ist fatal. Er sieht den Armen vor seiner eigenen Haustüre nicht mehr", so Kardinal Christoph Schönborn.
"Das Drama des Reichen war nicht, dass er gut leben konnte. Es sei ihm gegönnt. Nur eines fehlt ihm. Und das ist fatal. Er sieht den Armen vor seiner eigenen Haustüre nicht mehr", so Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken von Kardinal Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 29. September 2013 (Lk 16,19-31)
"Und vergiss die Armen nicht!" Dieses Wort hat für Papst Franziskus eine entscheidende Rolle gespielt. Er hat es selbst erzählt. Als es im Konklave im 5. Wahlgang immer klarer wurde, dass die Wahl auf Kardinal Jorge Bergoglio fallen werde, habe sein Nachbar, Kardinal Hummes, sich zu ihm herüber gebeugt und ihm Mut zugesprochen. Und dann habe er ihm gesagt: "Und vergiss die Armen nicht!" Dieses Wort seines Mitbruders und Freundes, des langjährigen Erzbischofs der brasilianischen Riesenstadt Sao Paolo, habe Kardinal Bergoglio bewogen, als Papst den Namen Franziskus zu wählen, den Namen also des "Armen von Assisi", des heiligen Franz.
Und seit seiner Wahl wird Papst Franziskus nicht müde, daran zu erinnern, dass das Evangelium Jesu Christi vor allem Frohbotschaft für die Armen ist. Um diese Frohbotschaft geht es im heutigen Evangelium. Ist sie zugleich eine Drohbotschaft für die Reichen? Droht sie den Reichen mit der Hölle, während sie den Armen den Himmel verspricht? Und wenn sie das tut, besteht dann nicht die Gefahr, dass die Armen mit dem Himmel vertröstet werden und dass sich ihr Los auf Erden kaum verbessert?
Was will Jesus uns und mir mit diesem Gleichnis sagen? Wer es aufmerksam liest und auf sich wirken lässt, wird für das eigene Leben das heraushören, was vielleicht gerade in der jeweiligen Lebenssituation eine Hilfe sein kann. Wer gerade einen lieben Menschen verloren hat und trauert, wird sich fragen: Wie geht es dem Verstorbenen? Ist er "in Abrahams Schoß", oder leidet er "in der Unterwelt qualvolle Schmerzen"? Und dann kann die Frage aufkommen: Wohin werde ich selber nach dem Tod kommen? Werde ich leiden müssen wie der Reiche, der zu Lebzeiten schon alles Gute hatte? Oder werde ich getröstet werden nach all dem Schlechten, das ich ertragen musste?
Wenn ich mir ganz persönlich diese Frage stelle, dann hat das Gleichnis Jesu sein Ziel erreicht. Denn es will uns nicht eine Reportage über das Jenseits vorführen, nicht unsere Neugierde auf das Leben nach dem Tod befriedigen. Es will aufrütteln, aufwecken: Es geht ums Ganze, um Glück oder Unglück, um Heil oder Unheil, es geht um meinen Himmel oder meine Hölle.
Und die Entscheidung über mein ewiges Los fällt nicht irgendwann, am Ende meines Lebens, sondern hier und heute, direkt vor meiner Haustüre. Das Drama des Reichen war nicht, dass er gut leben konnte. Es sei ihm gegönnt. Auch nicht, dass er fein gekleidet war, mit Markenartikeln. Das soll er ruhig haben. Jesus missgönnt ihm nicht, dass er ein Leben in Wohlstand führen kann. Nur eines fehlt ihm. Und das ist fatal. Er sieht den Armen vor seiner eigenen Haustüre nicht mehr. In der Unterwelt leidet er höllische Qual und hätte gerne nur ein paar Wassertropfen, um sie zu lindern. All das Leid hätte er sich ersparen können, wenn er mit dem Lazarus vor seiner Türe wenigstens ein bisschen von seinem Wohlstand geteilt hätte.
Jesu Botschaft ist sehr schlicht und klar: Vergiss die Armen nicht, dann vergesse auch ich dich nicht, wenn du einmal "drüben" bist und vor mir über dein Leben Rechenschaft geben musst. Papst Franziskus wird nicht müde, uns an diese einfache Botschaft zu erinnern. Sie ist die Mitte des Evangeliums. Deshalb hat er den Namen Franziskus gewählt.
In jener Zeit sprach Jesus: Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag herrlich und in Freuden lebte. Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. Als nun der Arme starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von weitem Abraham, und Lazarus in seinem Schoß. Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir, und schick Lazarus zu mir; er soll wenigstens die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer. Abraham erwiderte: Mein Kind, denk daran, dass du schon zu Lebzeiten deinen Anteil am Guten erhalten hast, Lazarus aber nur Schlechtes. Jetzt wird er dafür getröstet, du aber musst leiden. Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, so dass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte. Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters! Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen. Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören. Er erwiderte: Nein, Vater Abraham, nur wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren. Darauf sagte Abraham: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.