"Antworten" von Kardinal Christoph Schönborn, Freitag, 27. September 2013.
Alle reden von der Wahl: Von der Nationalratswahl am Sonntag. Ich denke heute an eine andere Wahl. Sie findet täglich statt: Die Lebenswahl, die vielen Entscheidungen, die wir ständig treffen. Dauernd stellt uns das Leben vor die Wahl: Wie soll ich mich entscheiden? Woran mich orientieren? Wann wähle ich das Gute? Was ist eine schlechte Wahl? Wie beides unterscheiden?
Papst Franziskus kommt aus dem Jesuitenorden, den der heilige Ignatius (1491-1556) gegründet hat. Ignatius war ein Meister des geistlichen Lebens. Er hat Regeln formuliert, wie wir lernen können, die richtige Wahl zu treffen. Das Wichtigste dabei ist die Kunst der Unterscheidung: Was ist gerade jetzt von mir gefordert? Was hat in meinem Handeln Vorrang? Was muss ich zurückstellen oder gar sein lassen? Wie komme ich zu guten Entscheidungen?
In einem Interview (auf Deutsch erschienen in der Zeitschrift "Stimmen der Zeit") hat Papst Franziskus ein wenig erzählt, wie er selber "die Kunst der Unterscheidung" praktiziert. "Diese Unterscheidung braucht Zeit", sagt er. "Viele meinen zum Beispiel, dass Veränderungen und Reformen kurzfristig erfolgen können. Ich glaube, dass man immer genügend Zeit braucht, um die Grundlagen für eine echte, wirksame Veränderung zu legen. Und das ist die Zeit der Unterscheidung."
"Ich muss warten, innerlich abwägen, mir die nötige Zeit nehmen": Für Papst Franziskus ist es vor allem die Zeit des Gebetes, in der er vor Gott die richtige Wahl zu treffen sucht. Nicht nur die Kirche, auch unser Land braucht Reformen. Ich kann daher nur dazu ermutigen: Gehen Sie zur Wahl! Wählen gehört zum Leben!