Der Vatikan will im Kampf gegen den Menschenhandel aktiver werden.
Der Vatikan will im Kampf gegen den Menschenhandel aktiver werden.
Experten tagten im Vatikan zu Menschenhandel als moderne Form der Sklaverei. Vermehrtes Engagement zu Prävention und Opferschutz auch von der Kirche gefordert.
Papst Franziskus plant "eine aufsehenerregende Aktion gegen Menschenhandel, Zwangsprostitution und Organhandel". Das hat der Kanzler der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften, Bischof Marcelo Sanchez Sorondo, am Montag, 4. November 2013, im Vatikan angekündigt. Anlass war der Abschluss einer internationalen Expertenkonferenz über Menschenhandel im Vatikan, die auf Initiative des Papstes stattgefunden hat. Der Papst, der das Phänomen aus seiner Zeit in Buenos Aires "sehr genau" kenne, werde "etwas Wichtiges tun", so Sorondo, ohne jedoch genauere Details zu verraten.
Der Menschenhandel sei "eine der schlimmsten Kehrseiten der Globalisierung", hob Sanchez Sorondo hervor. Er prangerte besonders die sexuelle Ausbeutung an, von der überwiegend Frauen und Kinder betroffen seien. Auch die Kirche müsse sich im Kampf gegen Menschenhandel künftig noch stärker engagieren, weshalb auf bisher erste Konferenz der Päpstlichen Akademien zum Thema noch weitere Veranstaltungen dazu folgen sollten. Papst Franziskus liege das Engagement gegen den Menschenhandel sehr am Herzen.
Der argentinische Soziologe Juan Jose Llach betonte, Menschenhandel gedeihe vor allem durch Armut. Die Verbindung aus schwachen und korrupten Staaten mit Perspektivlosigkeit der Bevölkerung mache den Menschenhändlern ihr Geschäft leicht. Auch zerrüttete Familienverhältnisse und Drogen begünstigten das Milliardengeschäft mit den überwiegend jungen Opfern, die mit falschen Versprechungen in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse gelockt würden.
Zwar besitzt die EU weltweit die fortschrittlichsten Gesetze und politischen Infrastrukturen gegen Menschenhandel, doch müssten diese erst in nationales Recht voll umgesetzt werden, erklärte die EU-Verantwortliche für den Kampf gegen Menschenhandel, Myria Vassiliadou, bei der Konferenz gegenüber Radio Vatikan. Die Bemühungen des Papstes würden dem Leiden der Opfer von Menschenhandel eine neue Sichtbarkeit geben, würdigte die Expertin. Schon jetzt leisteten "die religiösen, namentlich die christlichen Verbände" weltweit vielerorts "Großes bei der Opferhilfe".
Für eine Einschränkung des Zugangs zum Sex-Markt hat sich der Generalsekretär des die Konferenz mitorganisierenden Weltverbandes katholischer Ärzte, Ermanno Pavesi, ausgesprochen: Meist werde Menschenhandel nur aus dem legalen und statistischen Blickwinkel betrachtet, doch sei Prävention auf der Kundenseite Gebot der Stunde, damit der Markt "nicht einfach immer weiter wächst". Auch Ärzte seien oft in Menschenhandel, besonders jedoch in den Handel mit menschlichen Organen verwickelt, gab Pavesi gegenüber Radio Vatikan zu bedenken.
Zwischen 2002 und 2010 sind laut UNO-Statistiken knapp 21 Millionen Menschen versklavt worden, um sexuell ausgebeutet oder zum Arbeiten gezwungen zu werden. Experten setzen die Dunkelziffer laut Sorondo allerdings weitaus höher an und gehen davon aus, dass der Umsatz mit Menschenhandel bereits in wenigen Jahren jenen des Drogen- und Waffenhandels übertreffen und somit zum lukrativsten Verbrechen überhaupt werden wird. Nachfrage dafür komme vor allem "aus den Ländern mit einer meist legalen Sexindustrie".
Die EU-Kommission bestätigt diesen Befund: In den EU-Mitgliedsstaaten ist die Zahl der Opfer von Menschenhandel zwischen 2008 und 2010 um 18 Prozent gestiegen, während die Zahl der Verurteilungen gleichzeitig um 13 Prozent sank. Erst in sechs von 28 Mitgliedsstaaten haben bisher die EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels voll in nationales Recht umgesetzt, obwohl die dafür eingeräumte Frist bereits im vergangenen April abgelaufen ist.