Caritas muss unbequem sein, weil sie als "Nächstenliebe ohne Wenn und Aber" den "Finger in gesellschaftliche Wunden" zu legen hat, so der neue Caritas-Präsident Michael Landau.
Caritas muss unbequem sein, weil sie als "Nächstenliebe ohne Wenn und Aber" den "Finger in gesellschaftliche Wunden" zu legen hat, so der neue Caritas-Präsident Michael Landau.
Neuer Caritas-Präsident stellt zahlreiche Forderungen an die Politik: "Caritas muss unbequem sein". Kardinal Schönborn: "Landau kann mit meiner Unterstützung rechnen".
Caritas muss unbequem sein, weil sie als "Nächstenliebe ohne Wenn und Aber" den "Finger in gesellschaftliche Wunden" zu legen hat. Das betonte der neue Caritas-Präsident Michael Landau. In die Pflicht nahm er auch die künftige Regierung. Denn Landau befürchtet, dass die sozialen Auswirkungen der Wirtschaftskrise zunehmen werden. "Armutsbekämpfung und -vermeidung muss deshalb einen ganz hohen Stellenwert auch im Regierungsprogramm haben", appellierte der neue Caritas-Präsident. Zukünftige Aufgaben könnten nur bewältigt werden, wenn "wir zusammenstehen und auf die Schwächsten nicht vergessen".
Erfreut über die Wahl von Michael Landau zum neuen Caritaspräsidenten hat sich am Mittwoch, 13. November 2013, Kardinal Christoph Schönborn gezeigt. Er sei mit der bisherigen Arbeit Landaus als Wiener Caritasdirektor "hochzufrieden" und zugleich überzeugt, dass dieser sein künftiges Amt ebenso umsichtig und kompetent ausführen werde wie sein Vorgänger Franz Küberl, so der Wiener Erzbischof. Landau könne auch weiterhin mit seiner Unterstützung rechnen.
Landau sei "zäh, hochintelligent und sehr menschlich" und er besitze die Gabe, "das Unangenehme zur Sprache zu bringen". Schönborn: "Ein Caritaspräsident muss immer auch lästig sein und an jene Not erinnern, die wir nur allzu gerne vergessen und wo wir wegschauen". Dafür ernte Landau zwar nicht nur Lob, "aber das erwarte ich mir von einem Anwalt der Armen und Notleidenden", so der Kardinal.
Landau fordert von der Politik die Bereitschaft und Fähigkeit, Visionen zu entwickeln. Es brauche eine breit geführte Diskussion über die Frage, "ob wir eine Gesellschaft wollen, in der zunehmend mehr Menschen nicht mehr wissen, wie sie den Alltag aus eigener Kraft bewältigen können, oder ob wir eine Gesellschaft wollen, in der Menschen füreinander Verantwortung übernehmen", so Landau. Es gehe nicht um Neiddebatten, die immer fruchtlos seien, sondern darum, den Blick zu schärfen für die Aufgabe, Not und Ungerechtigkeit von ihren Ursachen her zu bekämpfen.
Die Kluft zwischen Arm und Reich wird laut Landau auch hierzulande zunehmend größer, wenngleich Österreich grundsätzlich über einen "guten Grundwasserspiegel der Mitmenschlichkeit und der Nächstenliebe" verfüge. Wichtige gesellschaftspolitische Themen seien auch die "Not der Einsamkeit" sowie die Zukunftsthemen Pflege und Bildung. In diesem Zusammenhang hofft der neue Caritaspräsident, "dass es rasch zu einer handlungsfähigen Regierung kommt", die diese Probleme auch angehen. Für die Caritas sei der Grundauftrag "Not sehen und handeln" ein bleibender und zugleich aktueller.
Im europäischen und internationalen Vergleich habe sich gerade angesichts der Wirtschaftskrise gezeigt, dass sich der österreichische Sozialstaat bewährt. Dieser gehöre gestärkt, nicht geschwächt, forderte Landau. Konkret gehe es etwa um die Weiterentwicklung der Mindestsicherung oder um die Schaffung von leistbarem Wohnraum. "Denn rund 300.000 Menschen in Österreich leben in Wohnungen, die sie nicht angemessen warm halten können. Wenn die Kirche hier nicht mehr mahnt, wer soll es dann tun", so Landau.
Die Stärke der Caritas sieht der neue Präsident der Caritas Österreich und langjährige Direktor der Caritas der Erzdiözese Wien im engmaschigen Netzwerk und der dichten Präsenz vor Ort und bei den Menschen. "Ich denke hier an das dichte Netz der rund 3.000 Pfarrgemeinden Österreichs. Das sind Kraftwerke der Solidarität, Kraftwerke der Nächstenliebe", so Landau. Die Aufgabe des Caritas-Präsidenten liege vor allem in einer "Sprecherfunktion", um die Anliegen der Caritas in der Öffentlichkeit deutlich zu machen und zu artikulieren.
Die Caritas sieht Landau als "Seismographen für gesellschaftliche Entwicklungen", sie habe ihren Platz an der Seite der Armen, und zwar "in ganz konkreter Hilfe für konkrete Menschen - ob in Sozialberatungsstellen, Obdachloseneinrichtungen, Mutter-Kind-Häusern oder in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen". Er wolle diese Haltung in Solidarität für die Armen und Verfolgten, wie sie bereits von seinen Vorgängern Leopold Unger, Helmut Schüller und Franz Küberl vertreten worden sei, fortsetzen.
Er habe bereits in den vergangenen Jahren intensiv mit Franz Küberl zusammengearbeitet, "etwa wenn ich an Fragen der Mindestsicherung oder der Grundversorgung denke", aber auch beim gemeinsamen Einsatz mit Kardinal Franz König für das Hospizwesen, was schließlich zu einer parlamentarischen Enquete und einem einstimmigen Entschluss im Nationalrat zur Hospizarbeit in Österreich geführt habe. "All das macht deutlich, dass wir nur im Miteinander viel bewegen können", betonte Landau.
Einen Appell zur Hilfe richtete der neu gewählte Caritas-Präsident im Blick auf die Naturkatastrophe auf den Philippinen. "Drei Millionen Menschen fehlt es buchstäblich an allem. Wir sind im Verband der internationalen Caritas vor Ort präsent und wissen, dass die Hilfe ankommt. Die Hilfe wird aber auch einen langen Atem brauchen", so Landau. Den Appell, "über den Tellerrand zu schauen", richtete Landau nicht nur an die Gesellschaft im Allgemeinen, sondern vor allem an die Bundesregierung im Besonderen: Diese müsse eine "Umkehr im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit" vollziehen. Denn "jeder Euro, der dort eingespart wird, gefährdet Menschenleben".
Zugleich könne bereits mit geringen Spendenmitteln Unterstützung für die Taifun-Opfer geleistet werden - mit 35 Euro werde ein Hilfspaket für Bedürftige auf den Philippinen geschnürt. "Wir dürfen auf die Menschen auf den Philippinen nicht vergessen, sie brauchen Hilfe, auch aus Österreich", so Landau.
Grundsätzlich wünsche er sich eine Gesellschaft, "wo Menschen wissen, es kommt auch auf mich an", wo möglichst viele Verantwortung als tätige Nächstenliebe leben würden. Auch wenn der "Grundwasserspiegel der Solidarität" in Österreich hoch sei, was ihn zuversichtlich für die Zukunft stimme, sei es eine zentrale Aufgabe als Caritaspräsident, "diese konkrete Solidarität zu verstärken".