"Wer Wörter wie Menschenwürde, Chancengleichheit, Solidarität und Nächstenliebe wirklich ernst nimmt, der kann mit den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht zufrieden sein", so Bundespräsident Fischer.
"Wer Wörter wie Menschenwürde, Chancengleichheit, Solidarität und Nächstenliebe wirklich ernst nimmt, der kann mit den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht zufrieden sein", so Bundespräsident Fischer.
Bundespräsident besuchte mit Landau zwei Caritas-Einrichtungen in Wien. Caritaspräsident: "Politik darf sich Aufmerksamkeit für die Armen und an den Rand Gedrängten" nicht entschlagen.
Michael Landau hat sich nicht ein oder zwei Mal, sondern hundertfach durch seine bisherigen Tätigkeiten als Caritaspräsident qualifiziert. Das betonte Bundespräsident Heinz Fischer, der am Dienstag, 19. November 2013, gemeinsam mit dem neuen Caritaspräsidenten zwei Einrichtungen der Caritas der Erzdiözese Wien besuchte. "Wer Wörter wie Menschenwürde, Chancengleichheit, Solidarität und Nächstenliebe wirklich ernst nimmt, der kann mit den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht zufrieden sein", so der Bundespräsident. Soziale Probleme und Fragen der Armutsbekämpfung könnten nur gelöst werden, wenn man "auf zwei Beinen geht: dem staatlichen System der sozialen Sicherheit und den Initiativen der Zivilgesellschaft".
Landau appellierte im Beisein des Bundespräsidenten an die Politik, der "Versuchung nicht nachzugeben und bei den Schwächsten zu sparen, also bei jenen, die sich nicht wehren können". Der Sozialstaat, der sich gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise bewährt habe, dürfe nicht geschwächt, sondern müsse vielmehr ausgebaut und gestärkt werden. Die Politik dürfe sich der "Aufmerksamkeit für die Armen und für die an den Rand Gedrängten" nicht entschlagen.
Fragen der Armutsbekämpfung und -vermeidung seien, so der Caritaspräsident, nicht nur auf nationaler Ebene zu lösen. Es brauche auch eine europäische Antwort auf das Problem zunehmender Armut und sozialer Not. "Europa soll sich in Richtung einer Sozial-und Solidaritätsunion entwickeln. Der europäische Sozialfonds gehört aufgestockt, nicht in Frage gestellt", so der Caritaspräsident.
Außerdem hob der neue Präsident der Caritas Österreich die Bedeutung der Gemeinnützigkeit für die Gesamtgesellschaft hervor. "Die Politik muss Gemeinnützige strukturell und in konkreten praktischen Fragen stärken. Gerade Organisationen, die nicht den Profit in den Mittelpunkt stellen, sondern sich für Mitmenschen und zivilgesellschaftlich einsetzen, brauchen Unterstützung für ihre Arbeit", sagte Landau.
Landau zeigte Bundespräsident Fischer zwei Einrichtungen der Wiener Caritas: Zunächst das Projekt "reStart", das jungen Menschen eine niederschwellige und sinnstiftende Beschäftigung und ein Einkommen bietet. Jugendliche, die keinen Schulabschluss, keine Arbeitsstelle bzw. einen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, stellen hier aus Materialien, die oft als Müll angesehen und weggeworfen werden, Design- und Gebrauchsgegenstände her - etwa Obstschalen aus alten Schallplatten, Smartphonehüllen und Laptoptaschen aus alten Fahrradschläuchen oder Einkaufstaschen aus Tetra-Paks.
"Ziel ist es, die Jugendlichen von der Straße wegzubringen und eine sinnvolle Tagesstruktur anzubieten. Sie erhalten hier eine legale Einkommensmöglichkeit und werden in ihrem Selbstvertrauen aufgewertet", erklärte Projektinitiator Martin Haiderer dem Bundespräsidenten. Das seit rund einem Jahr bestehende Projekt richtet sich an Jugendliche im Alter zwischen 15 und 20 Jahren. Pro Arbeitsstunde erhalten sie ein "sozialtherapeutisches Taschengeld" und nach vollständig geleisteter Arbeitseinheit von vier Stunden eine kleine "Erfolgsprämie". Die Nachfrage, so Haiderer, sei groß, mehrere hundert Personen hätten die Einrichtung im Laufe des letzten Jahres genutzt und konnten teils auch an weiterführende Arbeitsprojekte vermittelt werden.
Im Anschluss besuchte Bundespräsident Fischer gemeinsam mit Caritaspräsident Landau das Caritas-Haus für junge wohnungslose Erwachsene, "JUCA". Den 18- bis 30-Jährigen wird hier Beratung und Unterstützung bei der Bewältigung von rechtlichen, sozialen und finanziellen Problemen sowie bei persönlichen Krisensituationen geboten. 67 Zimmer Wohngemeinschaften für Einzelpersonen und Paare stehen zur Verfügung. In der Werkstatt sollen sich die Bewohner an eine regelmäßige Tagesstruktur gewöhnen, Handwerkliches beim Herstellen etwa von Hausschuhen oder Schlüsselanhängern lernen, aber auch das Einhalten von Terminen und das Einhalten von Arbeitspflichten. "Bewundernswert" sei, so Bundespräsident Heinz Fischer, mit wie viel Engagement das Caritas-Team hier konkrete Hilfe leiste.