"Unser Lebensweg gleicht oft mehr einem Wüstenzug als einem gemütlichen Spaziergang. Aber dieser Weg hat ein Ziel", so Kardinal Christoph Schönborn.
"Unser Lebensweg gleicht oft mehr einem Wüstenzug als einem gemütlichen Spaziergang. Aber dieser Weg hat ein Ziel", so Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 16. März 2014
Fastenzeit: Fasten hat Saison. Im Internet werden zahllose Fastenkurse angeboten, zum Abmagern, Entschlacken, Entgiften, und alles mit entsprechendem Wellness-Programm. Bei uns ist Fasten meist ein Kampf gegen Übergewicht. In vielen Teilen der Welt ist die Unterernährung das Drama. Kein Zweifel: Das Fasten wird heute wiederentdeckt, auch als geistiger Weg, als spirituelle Erneuerung. Es geht nicht nur um Änderung der Essensgewohnheiten, sondern auch um einen Wandel des Lebensstils. Wandel ist auch das Thema des Evangeliums vom heutigen zweiten Fastensonntag. Es mag überraschen: Was hat die Geschichte von der "Verklärung" Jesu auf einem hohen Berg mit der Fastenzeit zu tun? Am vergangenen Sonntag, zu Beginn der Fastenzeit, wurde von der Versuchung Jesu gesprochen. Heute von seiner Verklärung. Das eine zeigt den Weg, das andere das Ziel. Unser Lebensweg ist auf weite Strecken ein Kampf mit allerlei Versuchungen. Unser Lebensziel ist eine Verwandlung, ja eine Verklärung. Was meine ich damit?
Die vierzig Tage der Fastenzeit sind ein Bild, ein Symbol für unseren Lebensweg. Jesus verbrachte nach seiner Taufe vierzig Tage in der Wüste. In dieser Zeit hatte er mit schweren Versuchungen zu kämpfen. Das jüdische Volk zog nach seinem Auszug aus Ägypten vierzig Jahre durch die Wüste und musste viele Prüfungen und Konflikte bestehen. Unser Lebensweg gleicht oft mehr einem Wüstenzug als einem gemütlichen Spaziergang.
Aber dieser Weg hat ein Ziel. Für die Juden war es der Eintritt ins "Gelobte Land". Für Jesus war es das Ostergeschehen in Jerusalem: sein Leiden, sein Sterben am Kreuz und die endgültige Verwandlung, seine Auferstehung. Und was ist das Ziel unseres oft so beschwerlichen Lebensweges? Ebenfalls eine große Verwandlung. Wie sieht sie aus?
Um diese Verwandlung geht es im heutigen Evangelium vom zweiten Fastensonntag. Jesus steigt mit drei Jüngern auf einen hohen Berg. Nach der Überlieferung war es der Berg Tabor, nicht weit von Nazareth. Heute kann man bequem mit dem Auto bis hinauf fahren. Damals ein mühsamer Aufstieg. Dort, in der Stille und Einsamkeit, ereignet sich etwas Unvergessliches: Jesus "wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht".
Das Ziel unseres Lebens ist die große Verwandlung. Es ist wie ein mühevoller Aufstieg, eine beschwerlicher Wüstenweg. Am Ende aber steht nicht das große Nichts, das endgültige Aus, sondern das helle Licht der endgültigen Heimat. Dann dürfen auch wir die Stimme hören, die damals am Berg von Jesus sagte: "Das ist mein geliebter Sohn." Du bist mein geliebtes Kind!
Die Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor war nur vorrübergehend, ein einzigartiger Moment. Danach ging es wieder hinunter, in die Mühen des Alltags, bis zu den schweren letzten Tagen des Leidens und Sterbens. Auch uns sind gelegentlich solche "Taborstunden" geschenkt, Momente großen Glücks und tiefer Freude. Sie sollen uns stärken auf dem beschwerlichen Weg des täglichen Lebens. Sie lassen uns ahnen, auf welches Ziel wir unterwegs sind: das große Glück des Ostermorgens.
In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht. Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus. Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Noch während er redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, bekamen sie große Angst und warfen sich mit dem Gesicht zu Boden. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst! Und als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.