Die Kirchengeschichte kenne Jahrhunderte ohne einen einzigen heiligen Papst - "und plötzlich haben wir jetzt ein Jahrhundert, in dem jeder zweite Papst heiliggesprochen wird. Das macht einen erstmal skeptisch", so Hubert Wolf.
Die Kirchengeschichte kenne Jahrhunderte ohne einen einzigen heiligen Papst - "und plötzlich haben wir jetzt ein Jahrhundert, in dem jeder zweite Papst heiliggesprochen wird. Das macht einen erstmal skeptisch", so Hubert Wolf.
Münsteraner Theologe Hubert Wolf äußert Skepsis über "Santo subito". Die Doppel-Kanonisierung sieht er dennoch positiv, da dadurch die Breite des katholischen Amtsverständnisses deutlich wird. Auch der Mailänder Kardinal Martini soll Bedenken gehabt haben.
Der prominente deutsche Kirchenhistoriker Hubert Wolf steht der Heiligsprechung von Johannes Paul II. am 27. April skeptisch gegenüber. "Mir geht die Heiligsprechung von Johannes Paul II. zu schnell", sagte Wolf in einem Gespräch mit "Kathpress" anlässlich eines Vortrages der Theologischen Kurse in Wien. Die Kirchengeschichte kenne Jahrhunderte ohne einen einzigen heiligen Papst - "und plötzlich haben wir jetzt ein Jahrhundert, in dem jeder zweite Papst heiliggesprochen wird. Das macht einen erstmal skeptisch." Die Kirche habe nicht umsonst ein ausgefeiltes, gestuftes Verfahren, das beim zweiten Kanonisierten, Johannes XXIII., entsprechend lange gedauert habe. Mit Ausnahmen sollte man da zurückhaltend sein. "'Santo subito' ist immer schwierig", so Wolf.
Problematisch sei die Häufung gerade der Heiligsprechungen von Päpsten etwa im Blick auf das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965): Wenn man ernst nehme, dass das Konzil Kirche vornehmlich als "wanderndes Gottesvolk" verstanden hat, so müsste dies bedeuten, entsprechend den Päpsten "auch jeden zweiten katholischen Arbeiter heiligzusprechen", so Wolf. "Natürlich soll jeder Papst auch die Chance haben, heiliggesprochen zu werden, in der Häufung in den letzten 150 Jahren sehe ich jedoch eine deutliche Unausgewogenheit."
Positiv hingegen sieht Wolf, dass die beiden Päpste gemeinsam heiliggesprochen werden, da dies die Breite des Katholischen im Blick auf das päpstliche Amtsverständnis repräsentiere: "Johannes Paul II. und Johannes XXIII. stehen für zwei unterschiedliche Typen des Petrusdienstes. Wenn diese beiden nun gemeinsam zu den Ehren der Altäre erhoben werden, wird damit nicht ein enges, einheitliches Bild von Kirche vermittelt, sondern die ganze Weite des Katholischen. Daher ist es gut, dass es so einen 'Doppelschlag' gibt."
Laut der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" soll auch der verstorbene Erzbischof von Mailand das Heiligsprechungsverfahren von Johannes Paul II. kritisierte haben. Kardinal Martini habe als Zeuge Vorbehalte geäußert, berichtete die Zeitung unter Berufung auf nicht zugängliche Prozessakten. "Ich möchte die Notwendigkeit seiner Heiligsprechung nicht besonders unterstreichen, da mir scheint, dass das historische Zeugnis seiner ernsten Hingabe für die Kirche und für den Dienst an den Seelen ausreicht", zitierte die Zeitung aus Martinis Stellungnahme aus dem Jahr 2007.
Martini hatte laut "Corriere della Sera" zu Protokoll gegeben, Johannes Paul II. habe vor allem in seinen letzten Jahren die Ortskirchen zugunsten der neuen geistlichen Bewegungen vernachlässigt. Zudem kritisierte der Kardinal nach Darstellung der Zeitung, durch die vielen Reisen des Papstes sei die Rolle der Ortskirchen und der Ortsbischöfe in den Hintergrund gedrängt worden. In der öffentlichen Wahrnehmung sei Johannes Paul II. zum "Bischof der Welt" geworden. Der Gesundheitszustand von Johannes Paul II. habe einen zeitigeren Rücktritt nahegelegt, gab der "Corriere" Martini wieder.