Letztlich gehe es darum, "wie wir künftig leben wollen", sagte Caritas-Präsident Michael Landau. Der Mensch sei mehr als ein "Kostenfaktor auf zwei Beinen".
Letztlich gehe es darum, "wie wir künftig leben wollen", sagte Caritas-Präsident Michael Landau. Der Mensch sei mehr als ein "Kostenfaktor auf zwei Beinen".
Caritas-Präsident Michael Landau nahm am Gespräch der Bundesregierung mit NGO-Vertretern über transatlantisches Freihandelsabkommen teil: Ein neues Gesetz soll gemeinnütziges Engagement auf sichere Beine stellen.
Das in Verhandlung befindliche transatlantische Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) braucht hohe soziale und ökologische Standards und mehr Transparenz: Das betonten Bundeskanzler Werner Faymann, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, Caritas-Präsident Michael Landau und Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit am Montag, 27. April 2014 im Anschluss an ein Gespräch der Bundesregierung mit NGO-Vertretern über das zuletzt vielkritisierte Abkommen.
Wie Landau bei der anschließenden Pressekonferenz im Bundeskanzleramt sagte, geht es bei TTIP um weit mehr als nur um erleichterte Wirtschaftsbeziehungen über den Atlantik hinweg: Menschen dürften nicht nur unter den Aspekten einer profitorientierten Ökonomie gesehen werden, dem Gemeinwohl sei Vorrang vor Fragen des Wirtschaftsstandorts einzuräumen.
Letztlich gehe es darum, "wie wir künftig leben wollen", sagte Landau. Der Mensch sei mehr als ein "Kostenfaktor auf zwei Beinen". Landau zitierte warnend den deutschen Künstler Joseph Beuys: "Die Zukunft, die wir wollen, muss erfunden werden. Sonst bekommen wir eine, die wir nicht wollen."
Der Austausch zwischen Regierung und NGOs konkretisierte die Ankündigung von Kanzler Faymann vor der Nationalratswahl im September, mit NGOs wie Caritas, Diakonie, Greenpeace, Amnesty International oder Rotem Kreuz enger kooperieren zu wollen und dafür eine Ansprechstelle im Bundeskanzleramt einrichten zu wollen. Thema dieses ersten "Gipfelgesprächs" waren neben den - auch kirchlicherseits - mit viel Skepsis betrachteten TTIP-Verhandlungen zwischen EU und USA auch Gemeinnützigkeitsfragen: Noch heuer soll es laut Landau zur Verabschiedung eines "zeitgemäßen Gemeinnützigkeitsrechtes" kommen, bei dem auch die in Österreich noch in einer "Nebenrolle" befindlichen Stiftungen in den Blick genommen werden sollen. Es gelte "gemeinnütziges Engagement auf sichere Beine zu stellen".
Rahmen für 100.000 freiwillig Engagierte
Der Caritas-Präsident betonte dazu den enormen Beitrag gemeinnütziger Organisationen und der dort tätigen 100.000 Freiwilligen für den sozialen Zusammenhalt. Ein neues Gesetz solle den klaren Unterschied zwischen diesen NGOs und profitorientierten Unternehmen benennen und ersteren einen geeigneten Rahmen für ihre Tätigkeit bieten. Er halte Gewinn nicht für "etwas Unanständiges", betonte Landau; freilich gelte es einer Entwicklung Einhalt zu gebieten, durch die Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert, also der Allgemeinheit aufgebürdet, werden.
Auch das TTIP-Abkommen dürfe die in Europa etablierten sozialen Dienstleistungen und die Daseinsvorsorge nicht gefährden oder unterminieren, forderte der Caritas-Chef. Im Bereich der Daseinsvorsorge und der sozialen Dienste gebe es eine Verantwortung der öffentlichen Hand - "entweder, indem sie diese Dienste selbst erbringt, oder indem sie Finanzierungs- und Qualitätsverantwortung übernimmt und die Dienstleistungen selbst an externe Partner vergibt".
Landau äußerte Skepsis, wenn die TTIP-Verhandlungen hinter verschlossenen Türen geführt würden und erwähnte die etwa von der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für Entwicklung und Mission (KOO) geäußerten Vorbehalte wegen Wettbewerbsnachteilen für die ärmsten Länder der Welt. Landau sprach sich dafür aus, das TTIP-Abkommen zum Thema einer parlamentarischen Enquete zu machen.
Greenpeace-Chef Egid lobte wie zuvor Landau die Regierung für den nun aufgenommenen Dialog mit den NGOs und begrüßte, dass die Regierung einem Abkommen nicht zustimmen wolle, mit dem die europäischen Standards in den Bereichen Arbeitsrecht, Konsumentenschutz, Umwelt, Lebensmittel, und Gesundheitsschutz abgesenkt werden. EU-Handelskommissar Karel De Gucht habe zuletzt Zweifel genährt, ob außer der Ratifizierung von TTIP durch das Europäische Parlament und den Ministerrat auch eine Zustimmung der 28 nationalen Parlamente vorgesehen ist.
Wirtschaftsminister Mitterlehner, hauptzuständig für das mehrere Ressorts betreffende TTIP, räumte ein, dass die Transparenz der Verhandlungen bisher nicht ausreichend gegeben gewesen und der Eindruck entstanden sei, es gebe "dabei etwas zu verbergen". Die nächste EU-Kommission werde diesbezügliche Bedenken auch gegenüber einer Aufweichung sozialer und ökologischer Standards - "die wir alle nicht wollen" - aufgreifen und auch einen tauglichen Mechanismus der Streitbeilegung erarbeiten müssen.
Bundeskanzler Faymann versicherte, die Regierung werde "das schützen, wofür Österreich eintritt - für eine nachhaltige Politik". "Froh" zeigte er sich über das von gegenseitigen Respekt getragene Gespräch mit NGOs, die über Expertise und Erfahrung in für das Land wichtige Fragen verfügten.
P.S.K. 7.700.004
BLZ 60.000
Online-Spenden auf www.caritas.at