Die Rolle des Christentums und die Frage des Lebensschutz - zwei wichtige Richtschnuren für Christen bei Ihrer WAhl am 25. Mai.
Die Rolle des Christentums und die Frage des Lebensschutz - zwei wichtige Richtschnuren für Christen bei Ihrer WAhl am 25. Mai.
Zwei Fragen stellte „Der Sonntag" den Spitzenkandidatinnen und -Kandidaten der in Österreich antretenden Listen zur Europawahl am 25. Mai 2014. Eine zum Lebensschutz und die zweite über die Rolle des christlichen Erbes in Europa.
Frage 1: Wie wichtig ist für Sie der Schutz des menschlichen Lebens in all seinen Phasen und wie wollen Sie sich auf europäischer Ebene dafür stark machen?
Otmar Karas (ÖVP) |
Der Schutz des menschlichen Lebens ist das Fundament, auf dem unsere Gesellschaft und unser Staat gebaut ist. Wenn er in Frage gestellt wird, rühren wir an den Grundfesten des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft. Ich setze mich in diesem Zusammenhang für eine höhere Verbindlichkeit der Europäischen Grundrechtecharta ein. Gleichzeitig müssen nicht alle Fragen zentral auf europäischer Ebene entschieden werden. Fragen des Familienrechts, des Schwangerschaftsabbruchs oder des Umgangs mit Grenzsituationen am Ende des Lebens sollen weiterhin von den Nationalstaaten geregelt werden. |
Eugen Freund (SPÖ) |
Um es gleich auf den Punkt zu bringen: Frauen in ganz Europa muss die Möglichkeit offenstehen, eine ungeplante oder unerwünschte Schwangerschaft innerhalb einer medizinisch vertretbaren Frist unter bestmöglicher medizinischer, psychologischer und sozialer Betreuung abzubrechen. |
Harald Vilimsky (FPÖ) |
Die FPÖ tritt gegen eine Aufweichung der derzeitigen Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch in Österreich ein. Liberalere Lösungen, wie sie beispielsweise in den Niederlanden existieren, stehen nicht im Einklang mit dem Parteiprogramm der FPÖ und sind aus Respekt vor dem menschlichen Leben abzulehnen. |
Ulrike Lunacek (Grüne) |
Lebensschutz in umfassendem Sinn, also der Schutz des menschlichen Lebens und der Umwelt sowie der Einsatz für die Menschenrechte in Österreich, Europa und weltweit ist für mich das Grundprinzip grüner Politik. Aus der Entwicklungszusammenarbeit, der Frauenrechts- und Anti-Diskriminierungsarbeit in die Politik kommend, bestimmen die dabei gewonnenen Erfahrungen und Leitlinien auch meine politische Arbeit auf europäischer Ebene. Mein Einsatz für die Aussöhnungs- und Stabilisierungspolitik am Balkan, für Entwicklungszusammenarbeit, zum Beispiel im gemeinsamen Einsatz mit Bischof Erwin Kräutler gegen die fatalen Auswirkungen des Mega-Staudammprojekts Belo Monte in Brasilien oder meine Arbeit im Frauenausschuss unter anderem für mehr Mutterschutz und Papa-Urlaub nach der Geburt eines Kindes oder für Frauengesundheit sind einige Beispiele, wofür ich mich im Europaparlament engagiert habe und weiterhin engagieren werde. |
Angelika Werthmann(BZÖ) |
Der Schutz des menschlichen Lebens wird von mir zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, denn er hat in meiner Arbeit stets Vorrang. |
Angelika Mlinar(NEOs) |
Der Schutz des menschlichen Lebens, wie in den Grundrechten und einschlägigen weiterführenden gesetzlichen Bestimmungen in Österreich vorgesehenen, ist unumstößlicher Teil meines Selbstverständnisses der Werte der Menschheit. Diese Sichtweise werde ich, sofern wir gewählt werden, auch auf europäischer Ebene vertreten. |
Ewald Stadler(REKOs) |
Wir REKOS bekennen uns zum kompromisslosen Lebensschutz von der Empfängnis bis zur Geburt. Wir arbeiten mit einem Netzwerk von EU-Abgeordneten an der Umsetzung von ONE OF US. Wir wollen EU-Fördermittel für den Ausbau der Hospizbewegung und zur Subventionierung der Palliativmedizin. Wir fordern ein europaweites Verbot der Euthanasie. Wir wollen in der EU-Außenpolitik erreichen, dass der Genderzid (gezielte Abtreibung von ungeborenen Mädchen) in China und Indien gestoppt wird. |
Frage 2: Inwieweit darf und soll das christliche Erbe noch eine bedeutende Rolle in Europa spielen?
Otmar Karas (ÖVP) |
Das christliche Erbe hat Europa geprägt. Die Werteordnung unserer europäischen Staaten basiert darauf. Zu diesem christlichen Erbe gehört auch die Gewissensfreiheit und die Religionsfreiheit, die die moderne Trennung zwischen Staat und Kirche erst möglich gemacht hat. Deshalb bedeutet dieses Erbe auch Respekt vor dem Andersdenkenden und alle Freiheiten für die, die mit dem christlichen Glauben nichts anfangen können. Ich bin dafür, dass in den Verfassungen auch auf dieses Erbe Bezug genommen wird. Wichtiger als Appelle in Präambeln ist mir aber, dass die Grundprinzipien der christlichen Soziallehre in Europa gelten. Solidarität, Subsidiarität und Personalität sind mein Ordnungsmodell für Europa und mein persönliches Koordinatensystem. |
Eugen Freund (SPÖ) |
Die Sozialdemokratie vertritt ein humanistisches Menschen- und Gesellschaftsbild, das sich den Werten der Aufklärung verpflichtet sieht. Die Frage ist daher nicht, ob das „Erbe“ einer bestimmten Religionsgemeinschaft in Europa eine Rolle spielen soll/darf, oder nicht. Wichtig ist, unter welchen Grundprämissen wir die drängenden Fragen unserer Zeit – Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit, Diskriminierung, usw. – zu lösen versuchen. |
Harald Vilimsky (FPÖ) |
Die FPÖ bekennt sich zum Christentum als wesentliches Element der Leitkultur Europas und damit auch der Europäischen Union. Das bedeutet politisch, dass die massive Einflussnahme vor allem von muslimischen Einwanderern eingedämmt werden muss, ohne dabei die Religionsfreiheit zu gefährden. Integration bedeutet für uns, dass Zuwanderer – unabhängig von ihrem religiösen Hintergrund - der europäischen Kultur Respekt zollen und diese anerkennen.
Um dem christlichen Erbe auch weiter eine fundamentale Rolle zukommen zu lassen, steht für die FPÖ fest, dass der Türkei oder Staaten in Nordafrika keine Mitgliedsperspektive in Aussicht gestellt wird bzw. Verhandlungen sofort abgebrochen werden. |
Ulrike Lunacek (Grüne) |
Europa speist seine kulturelle Vielfalt aus vielen Quellen. Die jüdisch-christliche Kultur in ihrer ganzen Vielfalt ist dabei ein wichtiger Strang. Die Würde und Freiheit des Menschen hoch zu halten und zu verteidigen, sehe ich dabei als den zentralen Wert an, den wir als Leitlinie in der Europapolitik hochhalten sollen. In unserem Wahlprogramm für die EU-Wahlen heißt es in diesem Sinne unter anderem: Statt einer „Immer-Mehr-Gesellschaft“ wollen wir die „Immer-Fair-Gesellschaft“. Wir sind überzeugt, dass Europa mehr kann: mehr sozialer, mehr demokratischer, mehr ökologischer! |
Angelika Werthmann(BZÖ) |
Auch das christliche Erbe spielt eine bedeutende Rolle in der EU, da Europa ein Kontinent ist, dessen Traditionen und Werte zweifellos christliche Wurzeln haben, die auch in meiner Politik gewahrt werden. Aus diesem Grund werde ich nach bestem Wissen und Gewissen für christliche Werte eintreten und diese mit der sehr umfassenden Europapolitik zu verbinden wissen. |
Angelika Mlinar(NEOs) |
Das Christentum ist Teil unserer Kultur- und Kunstgeschichte, das spiegelt sich schon in den zahlreichen religiösen Bauwerken wieder. Diese prägen das Landschaftsbild, sind zum Teil touristische Hot Spots und als solche wichtig für unseren Kontinent. Was den spirituellen Anteil am Erbe des Christentums anbelangt, möchte ich, selbst gläubige Christin, festhalten, dass Religion Privatsache ist und auch unter diesem Gesichtspunkt beurteilt werden muss. |
Ewald Stadler(REKOs) |
Europa steht auf drei Hügeln: Akropolis, Capitol und Golgatha. Europa muss eine Schutzmacht für Christen werden, denn Christen sind die am meisten verfolgte Glaubensgruppe weltweit. Die Debatte über das Bekenntnis zu Gott in den grundlegenden Verträgen der EU muss wieder neu entfacht werden. Mit den neuen Mitgliedsländern wie Kroatien und Litauen wird eine neuerliche Diskussion über den Gottesbezug sicherlich anders ausgehen. |
Die Spitzenkandidaten Martin Ehrenhauser (EUROPA ANDERS) und Robert Marschall (EU-STOP) haben auf die Fragen nicht geantwortet.