"Der Papst ist ja normal, das ist das Faszinierende! Das wollen wir Jesuiten auch. Wir wollen bei den Menschen ein Mensch sein", sagt Pater Bernhard Bürgler SJ.
"Der Papst ist ja normal, das ist das Faszinierende! Das wollen wir Jesuiten auch. Wir wollen bei den Menschen ein Mensch sein", sagt Pater Bernhard Bürgler SJ.
Pater Bernhard Bürgler SJ ist ab 31. Juli neuer Provinzial der Jesuiten in Österreich. Er löst damit Pater Gernot Wisser SJ diesem Amt ab.
Bürgler war bisher im Kardinal König Haus für den Bereich Spiritualität zuständig.
Ein Gespräch über seine neuen Aufgaben als Provinzial, über den Jesuiten-Papst Franziskus und über den Wert der Stille.
Pater Bürgler, Sie haben einmal gesagt: "Ich mache Werbung für die Stille." Was meinen Sie damit?
Die Stille ist ja etwas, was sich nicht aufdrängt. Vieles andere im Leben drängt sich auf, aber die Stille tut das nicht. Auf die Stille müssen wir die Aufmerksamkeit lenken. Wo wir ihr eine Chance geben, kommen wir näher zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen und zu Gott. Stille kann Lebenselixier sein; ein Ort, wo wir Gott begegnen, wo das Ewige laut und hörbar wird.
Wie kann man die Stille ins Leben holen?
Wesentlich ist die Unterbrechung: Momente im Alltag zu schaffen, wo ich meine Tätigkeit unterbreche. Immer wenn ich etwas unterbreche, kommt Stille auf. Wenn ich ganz bewusst darauf höre, und sei es nur für ein paar Sekunden, dann öffnet sich schon eine Tür. Und wenn ich das öfter mache, werde ich auch das Anziehende der Stille spüren.
Was wird Ihre Aufgabe als Provinzial der Jesuiten sein?
Ich soll mithelfen, dass die Jesuiten in Österreich gut leben und arbeiten können, also gut Jesuit sein können. Ich werde auch in Zukunft "Werbung für die Stille" machen, jetzt eben bei den Mitbrüdern.
Was ist für Sie das Besondere am Jesuitenorden? Und warum sind Sie Jesuit geworden?
Da gab es kein Schlüsselerlebnis, das ist gewachsen. Ich habe ein Buch über den Orden gelesen… Wichtig war für mich, dass ich den Eindruck hatte, dass die Jesuiten ganz mit Gott verbunden in der Welt leben und bei den Menschen leben wollen. Das ist es, was ich zu leben versuche, und worin ich wachsen möchte.
Sie sind nicht nur promovierter Theologe, sondern auch ausgebildeter Psychoanalytiker. Muss ein guter Seelsorger heutzutage auch Psychologe sein?
Eine gewisse Grundkenntnis in Psychologie ist wichtig, eine ganze Ausbildung braucht man nicht. Meine Erfahrung ist aber, dass ein solches zweites Standbein in der Begleitung von Menschen sehr hilfreich ist.
Mit Papst Franziskus wurde zum ersten Mal in der Geschichte ein Jesuit zum Papst gewählt? Was dachten Sie damals, als Sie von der Wahl Kardinal Bergoglios erfuhren?
Ich kannte den Namen Bergoglio, aber ich war überrascht! Ich dachte mir, schauen wir einmal, wie er das Amt ausführen wird. Inzwischen bin ich sehr angetan von der Weise, wie er Papst ist.
Dass er Jesuit ist, das ist für mich nach wie vor etwas ungewohnt. Wir Jesuiten wollen ja nicht in die Hierarchie. Allerdings spiest sich das mit dem 4. Gelübde - Gehorsam gegenüber dem Papst. Der Papst kann uns dorthin senden, wo er uns gut brauchen kann. Und wenn der Papst jemanden zum Bischof oder Kardinal macht, dann ist es zumindest theoretisch möglich, dass er Papst wird.
Bringt Franziskus etwas in die Leitung der katholischen Kirche ein, was seiner jesuitischen Tradition zu verdanken ist?
Man merkt bei Franziskus sehr stark seine Ausrichtung auf Gott und Jesus Christus und zugleich ein Zu-den-Menschen-Gehen, besonders zu den Menschen am Rande, zu den Armen. Man merkt es in der Art, wie er Beratung sucht, wie er unterscheidet; und wie er dann entscheidet und entschieden seinen Weg geht. Auch an seiner Natürlichkeit merkt man das Jesuitische: Der Papst ist ja normal, das ist das Faszinierende! Das wollen wir Jesuiten auch. Wir wollen bei den Menschen ein Mensch sein.
Die vier Grundbegriffe unseres Ordens - Glaube, Gerechtigkeit, Kultur und Dialog - kommen in seinem Tun und Reden ständig vor. Franziskus ist durch und durch ein Jesuit!
Papst Franziskus hat von Anfang an nicht nur die Herzen der ohnehin Papst- und Rom-Treuen erobert. Wird es ihm gelingen, die Kluft zwischen konservativ und progressiv zu überwinden?
Bei Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche ist er sehr beliebt. Er macht das sehr klug: Er versucht, sowohl konservativere wie progressivere Kräfte zu integrieren. Er geht einen guten Weg der Mitte. Und er verbindet Kopf und Herz. - Das ist vielleicht das Spezifische seiner Amtsführung.
Beginnt mit Papst Franziskus eine neue Ära?
Ich hoffe es! Aber das braucht Zeit, er ist noch nicht lange im Amt. Ich hoffe sehr, dass er die Kirche so prägen kann, dass es nach ihm in diese Richtung weitergeht.
Im Interview mit Stefanie Jeller spricht Pater Berhard Bürgler SJ über die neuen Aufgaben als Jesuitenprovinzial, den Jesuitenpapst Franziskus und den Wert der Stille.