"Die Aufnahme und Integration der Syrienflüchtlinge könnte zum Pilotprojekt werden, mit dessen Erfahrung mittelfristig reguläres Resettlement umgesetzt wird", so die Caritas-Stabschefin Karin Abram.
Erfreut über den bisherigen Verlauf der Aufnahme von Syrienflüchtlingen in Österreich und den baldigen Start der Integrationsmaßnahmen für diese Gruppe hat sich Karin Abram, Leiterin der Caritas-Stabsstelle "Innovation und Projekte", gegenüber "Kathpress" geäußert. Sehr positiv sei, dass nun auch die Regierung von "Resettlement" - also der Neuansiedlung von Flüchtlingen - spreche, worauf Aussagen von Innenministeriums-Sprecher Karl-Heinz Grundböck im "Standard" (Donnerstag, 24. Juli 2014) deuteten. "Die Aufnahme und Integration der Syrienflüchtlinge könnte zum Pilotprojekt werden, mit dessen Erfahrung mittelfristig reguläres Resettlement umgesetzt wird", so die Caritas-Stabschefin.
Österreich hat angesichts der humanitären Flüchtlingskatastrophe in Syrien und seinen Nachbarstaaten vor rund einem Jahr die Aufnahme von 500 Syrien-Flüchtlingen beschlossen, wobei dieses Kontingent acht Monate später um weitere 1.000 aufgestockt wurde. Tatsächlich in Österreich angekommen sind davon bisher 400 Flüchtlinge, von denen 250 von den Kirchen ausgewählt wurden, die anderen sowie die noch bis Herbst erwarteten vom Flüchtlingshochkommissariat UNHCR. "Die besondere Schutzbedürftigkeit, die bei der letzten Gruppe das Kriterium gab, ist unser präferierter Auswahlmodus", stellte Abram klar.
Das lange Procedere für die Aufnahme sei auf die Bedingungen vor Ort zurückzuführen, betonte die Caritas-Expertin. In den Syriens Nachbarländern können sich Flüchtlinge erst nach mehreren Monaten bei der UNHCR als solche registrieren lassen. Nach Prüfung der Resettlement-Bedingungen wird eine Liste mit Vorschlägen ans österreichische Innenministerium gesandt, das eine Auswahl trifft. Vor der Ausreise findet im Erstzufluchtsstaat noch ein kulturelles Training mit Erstinformationen über Österreich statt, organisiert von der Internationalen Migrationsorganisation IOM.
Erst nach diesen Schritten wurden die 250 vom UNHCR ausgewählten Flüchtlinge nach Österreich gebracht und gelangen ins Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, wo sie in verkürztem Verfahren als Flüchtlinge anerkannt werden. Nach vier Monaten in Grundversorgungs-Quartieren laufen über das Außenministerium Integrationskurse an, was Abram zufolge "in den nächsten Wochen" stattfinden wird. "Dazu gehört u.a. Erstberatung, Deutschkurs, Bildungs-, Berufs- und Unterkunftsberatung, die Einschulung der Kinder sowie speziellen Programmen für Familien und traumatisierte Frauen", so die Caritas-Expertin. Mit guter Begleitung und Unterstützung gleich zu Beginn würden Menschen eher den Schritt in Selbstständigkeit, Arbeit und eigene Sorge für den Lebensunterhalt schaffen.
Trotz guter Integrationsmaßnahmen in Österreich sei deren Dauer - vorgesehen sind einige Monaten - äußerst knapp bemessen, bemerkte Abram. "Die Leute haben in Syrien, auf der Flucht und in den unsäglichen Aufenthaltsbedingungen in Libanon, Jordanien oder der Türkei schlimmstes erlebt. Die Orientierung in Österreich sowie das Sprachelernen dauert für sie deshalb länger als normal." Kritisch sei auch die Frage des Wohnraums - "es ist nicht ideal, wenn Flüchtlinge vier Monate in der Grundversorgung zusammen mit Asylwerbern im laufenden Verfahren zusammenleben und nach vier Monaten wieder aus ihrem Kontext herausgerissen werden".
Eine deutliche Besserung und mehr Planbarkeit für alle beteiligten Ebenen wäre die Übernahme eines regulären Resettlement-Programms, für das die Caritas gemeinsam mit der Diakonie, dem Roten Kreuz und UNHCR bereits ein Konzept vorgelegt hat. Ohnehin würde die von Österreich praktizierte "humanitäre Aufnahme" de facto bereits einem zumindest einmaligen Resettlement entsprechen, was die Caritas-Expertin als "sehr positiv" beurteilte. "Zu begrüßen wäre es, wenn sich Österreich den Vorreitern in der EU anschließen würde und ein reguläres Resettlement-Programm einführt - durch die Verpflichtung, jedes Jahr in diesem Rahmen eine fixe Quote von beispielsweise 200 oder 300 Personen aufzunehmen."
Resettlement, also eine Neuansiedlung von Flüchtlingen, die weltweit vom UN-Flüchtingshochkommissarat (UNHCR), der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und anderen NGOs betrieben wird, ist neben Asyl für Einzelpersonen und freiwillige Rückkehr eine von drei Dauerlösungen für Flüchtlinge. Insgesamt werden 80.000 Menschen jährlich resettlet, wobei der Bedarf zehnmal höher wäre. Unter den 28 langfristig an diesem UN-Programm teilnehmenden Ländern stellen 90 Prozent der Plätze die USA, Australien und Kanada, nur acht Prozent europäische Länder, wo wiederum die Niederlande (2.000), Dänemark (1.500) und Norwegen (1.200) die größten Jahreskontingente stellen.
"Viele der heutigen Dramen dauern bereits Jahrzehnte an und finden fernab des Medieninteresses statt. Sie benötigen jedoch ebenso internationale Solidarität", so Abrams Begründung für die Forderung des Einstieg in ein langfristiges Resettlement-Programm. Die nun anlaufende Integration bei den ersten 250 UNHCR-Syrienflüchtlingen könne für diesen "zweiten Schritt" wichtige Erfahrungswerte liefern.
Ressetlement: Vorschläge der Caritas
Kardinal Schönborn Dringender Appell für Syrien Hilfe
Caritas Österreich
1160 Wien, Albrechtskreithgasse 19-21
Tel.: +43 1/488 31-0
office@caritas-austria.at
Web: www.caritas.at