Flüchtlinge brauchen mehr als ein Dach über dem Kopf. Viele sind aus hierzulande kaum vorstellbaren Gewalterfahrungen und unter schwierigsten Umständen nach Österreich gelangt. Traumatisierte brauchen eine qualifizierte Betreuung.
Flüchtlinge brauchen mehr als ein Dach über dem Kopf. Viele sind aus hierzulande kaum vorstellbaren Gewalterfahrungen und unter schwierigsten Umständen nach Österreich gelangt. Traumatisierte brauchen eine qualifizierte Betreuung.
Caritaspräsident Michael Landau spricht sich gegen Zeltlager für die Unterbringung von Asylwerbern aus.
In der derzeitigen Asyldebatte schlägt das Innenministerium als Konsequenz des „massiven Flüchtlingsstroms“ die Errichtung von Zeltstädten vor. Habe man solche wie jene im deutschen Duisburg bisher abgelehnt, könne nun auch diese Lösung für die Unterbringung der Flüchtlinge nicht mehr ausgeschlossen werden. Der Appell, etwa Kirchen und Pfarrhöfe für Asylwerber zu öffnen, geht nun an diverse Hilfsorganisationen wie etwa die Caritas. „Es wäre hoch an der Zeit, dass diejenigen, die diese dramatische Entwicklung als 'Sommertheater' bezeichnet haben und den Kopf in den Sand gesteckt haben, endlich die Augen öffnen und sich bei der Suche an Quartieren beteiligen“, hieß es aus dem Ministerium.
„Wer die Zahlen mit ein bisschen Nüchternheit und Perspektive ansieht, weiß, dass das Innenministerium von 22.000 Flüchtlingen spricht, die heuer erwartet werden. Das entspricht ungefähr den Größenordnungen von 2004 oder 2005“, entgegnet Caritaspräsident Michael Landau. „Die Aufgabe ist bewältigbar. Die Probleme, die sich heute zeigen, sind aus meiner Sicht herbeiverwaltet“, so Landau und berichtet von einem Besuch im Libanon vor einigen Wochen: „Das Land ist so groß wie Tirol mit 4 Millionen Einwohnern und hat 1 Million Flüchtlinge aufgenommen. Im Libanon sind Zeltstädte traurige Realität. Bei uns wären Zeltstädte Ausdruck eines vollkommenen Politikversagens.“
Für die Caritas sei es klar, dass sie einen Beitrag leiste. „Wir bringen heute schon mehr als 2.700 Flüchtlinge unter, mehr als 5.000 betreuen wir zusätzlich mobil, die in anderen Einrichtungen untergebracht sind“, erklärt der Caritaspräsident. Die Caritas der Erzdiözese Wien stellt 789 Wohnplätze in fünf Flüchtlingshäusern in Wien, Burgenland und Niederösterreich. Davon 100 für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und 80 für Menschen mit psychischen oder physische Beeinträchtigungen. 220 Startwohnungen/Wohnungen, 24 betreute Quartiere in der mobilen Flüchtlingsbetreuung für 1.400 Asylwerber. Die Caritas Wien befinde sich derzeit in Verhandlungen mit kirchlichen Einrichtungen im niederösterreichischen Gebiet der Erzdiözese Wien“, sagt ihr Generalsekretär Klaus Schwertner. Aber Flüchtlinge bräuchten mehr als ein Dach über dem Kopf. Viele seien aus hierzulande kaum vorstellbaren Gewalterfahrungen und unter schwierigsten Umständen nach Österreich gelangt, Traumatisierte bräuchten auch eine qualifizierte Betreuung, weist Schwertner hin.
„Ich erwarte mir, dass jetzt Bund und Länder ihre Aufgaben erfüllen. Die Länder müssen die Verpflichtungen auf Punkt und Beistrich einhalten, die sie eingegangen sind. Das muss in einem Rechtsstaat eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein“, so Caritaspräsident Landau. „Der Bund ist gefordert, den Ländern auch die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie die Verpflichtungen einhalten können. Ich würde mir wünschen, dass Bund und Länder aufhören, sich gegenseitig die Verantwortung wie eine heiße Kartoffel zuzuwerfen, und sich an einen Tisch setzen, damit nachhaltig Lösungen gefunden werden können.“
Für Landau zeige sich ein bemerkenswertes Phänomen: Vor einigen Wochen habe das Innenministerium so getan, als wäre die Grundversorgung die Aufgabe des Verteidigungsministers und müsste in Kasernen erfolgen. Das habe offensichtlich nicht so funktioniert, jemand anderen die Verantwortung umzuhängen. „Nun verwendet das Innenministerium die Energie dafür, die Verantwortung in Richtung der Klöster und Hilfsorganisationen zu schieben.“ Landau wünscht sich, dass die Energie in die Suche nach Quartieren gesteckt werde. Klar sei, wenn es außerordentliche Situationen gebe, stünden auch die Pfarren und Klöster wie in der Vergangenheit zur Verfügung. „Viele Pfarren sind ja heute schon engagiert“, so Landau.
Im langfristigen Vergleich liegt das Niveau der Asylansuchen derzeit noch auf moderatem Niveau. Im Juli verzeichnete das Innenministerium 2.142 Ansuchen, 1.802 waren es 2013 (plus 18,9 Prozent). Insgesamt gab es im Vorjahr 17.503 Asylanträge. Den höchsten Stand seit 1990 gab es während des Afghanistan-Kriegs 2002 mit 39.354 Flüchtlingen, den niedrigsten 1993 mit 4.744.
Österreichisches Außenministerium – Katastrophenfonds
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