Schwangere Teenager finden bei Hebamme Uschi Reim-Hofer ein offenes Ohr für all ihre Hoffnungen, Sorgen, Ängste und Nöte.
Schwangere Teenager finden bei Hebamme Uschi Reim-Hofer ein offenes Ohr für all ihre Hoffnungen, Sorgen, Ängste und Nöte.
Uschi Reim-Hofer ist seit vielen Jahren Hebamme - mit Leib und Seele. Über 2500 Menschen hat sie bereits ins Leben begleitet. Seit mehr als zehn Jahren gilt ihr spezielles Engagement schwangeren Teenagern.
SONNTAG: Warum sind Sie Hebamme geworden?
Uschi Reim-Hofer: Eigentlich bin ich da ein bisschen wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Eigentlich wollte ich Medizin studieren, aber meine Mutter hat mich gedrängt, doch lieber die Ausbildung zur Hebamme zu machen, hat mich sogar für die Aufnahmeprüfung angemeldet. Ich bin dann da recht unmotiviert hingegangen und habe in meiner Prüfungsarbeit auf die Frage, wie wir uns den Beruf einer Hebamme vorstellen, nur einen einzigen Satz geschrieben: „Eine Hebamme muss Frauen helfen, ein Kind zu kriegen.“ Das war‘s. Mehr ist mir nicht eingefallen. Aber man hat mich genommen, und schon in den ersten Wochen der Ausbildung habe ich gespürt: Das ist genau das Richtige für mich. Ich war meiner Mutter dann sehr dankbar, dass sie da so hartnäckig war.
Was schätzen Sie an Ihrem Beruf?
In diesen kleinen, ausdrucksstarken lächelnden Gesichtern der Neugeborenen ist für mich alles drinnen. Ich habe oft den Eindruck, dass man während der Geburt und im Umgang mit einem Neugeborenen das Leben und die Welt in all ihren Facetten erleben kann: Angst, Unsicherheit, aber auch Freude und Frieden. Und ich schätze diese menschliche Nähe, die da entsteht. Und ich denke, der Beruf entspricht auch meiner Natur: Ich war immer sensibel im Umgang mit anderen Menschen – habe versucht, zu sehen, wie es ihnen geht, was sie brauchen.
Seit mehr als zehn Jahren arbeiten Sie im Rahmen des Projektes Young Mum daran, besonders junge Mütter zu unterstützen. Warum dieses Engagement für schwangere Teenager?
Ich bin im Laufe meines Berufslebens immer wieder mit sehr jungen Schwangeren in Kontakt gewesen und habe gesehen, wie schwer sie es haben, und das wollte ich so nicht stehen lassen. Als ich das Projekt Young Mum ins Leben gerufen habe, hatte ich einen großen Wunsch: Ich wollte diesen jungen Menschen ein Leben mit ihrem Kind möglich machen. Ihnen zeigen, es gibt einen Weg, den du gehen kannst. Und ich hatte das Glück ein Team zu finden, das diese Vision mit mir trägt und teilt. Und ein Krankenhaus, das den Rahmen für all das bietet – bis heute gibt es kein vergleichbares Projekt in Österreich.
Was ist Ihnen in der Betreuung der jungen Mädchen wichtig? Wovon lassen Sie sich in Ihrer Arbeit leiten?
Mir ist es wichtig, diesen jungen Menschen mit einer gewissen Hochachtung zu begegnen. Stellen Sie sich nur mal vor, was diese mehrfach belasteten jungen Menschen alles leisten müssen, wie die kämpfen müssen, damit sie auf einen guten Weg kommen. Im Grunde sind sie Kinder, aber auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Das muss man sehen und ernst nehmen.
Meine Grundidee war ja immer, die Mädchen kontinuierlich und individuell aber auch ganzheitlich zu betreuen. Und das Ganzheitliche inkludiert eben auch, dass wir sie immer in ihrer Rolle als Mutter wahrnehmen, aber auch in ihrer Rolle als Jugendliche. Denn das sind sie nun mal. Und das vergisst die Gesellschaft schnell.
Was dürfen sich die schwangeren Mädchen von Young Mum erwarten?
Neben dieser ganzheitlichen, umfassenden Betreuung dürfen sie sich erwarten, dass sie von mir und meinem Team wertgeschätzt werden, dass sie geliebt werden für das, was sie sind. Das entspricht einfach auch meiner, unserer persönlichen Grundhaltung. Das heißt, sie können bei uns auch offen über alles sprechen – auch über ihre Ängste. Ängste, etwas falsch zu machen, Ängste, wie ihr Leben aussehen wird, was andere von ihnen denken.
Wie kann die Gesellschaft diese jungen Menschen unterstützen?
Ich denke, da muss noch viel mehr in die Richtung passieren, Jugendliche so zu nehmen, wie sie sind und sehen, dass ich nicht das von ihnen erwarten kann, was ich von einem Erwachsenen erwarten kann. Das spielt es einfach nicht. Grundsätzlich muss man schon auch sagen, dass es sich bei schwangeren Teenagern um eine Randgruppe handelt. Auch wenn das Thema in den Medien richtiggehend gehypt wird – alltäglich ist es nicht. Aber wir müssen uns wohl als Gesellschaft trotzdem fragen, wie wir mit diesen jungen Frauen und Männern umgehen, welchen Einfluss wir auf sie und ihre Kinder nehmen und wie wir sie unterstützen können. Schließlich bleibt, dass ich mich mit jemandem, der ein Kind erwartet, freuen sollte und das bedeutet natürlich auch, dass ich denjenigen, der das Kind bekommt, achte und respektiere. Im Grund sollte ich immer auf Kind, Mutter und Vater diesen wertschätzenden Blick haben, denn all das, was passiert, wird Teil ihrer Biographie und soll sie nicht ihr Leben lang unglücklich machen.
Pro Jahr werden in Österreich rund 3000 Babys von Teenager-Müttern auf die Welt gebracht, allein in Wien sind es über 800. Allen familiären und gesellschaftlichen Widerständen zum Trotz sagen die jungen Mütter "Ja" zum Leben mit ihrem Baby.
Seit mehr als zehn Jahren lässt das Team von YoungMum – darunter Hebammen, eine Psychologin, eine Ernährungsberaterin und ein Rechts- und Sozialberater, die jungen Frauen bis 20 Jahre und, wo möglich, auch die jungen Väter und deren Familienumfeld in dieser schwierigen Zeit nicht allein und begleitet sie auf ihrem Weg während Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, sowie im ersten Lebensjahr des Babys. Neben den Beratungen gibt es auch Kurse, in denen sich die jungen Mädchen zusammen mit anderen in ähnlicher Situation auf die Geburt und die Zeit mit ihrem Baby vorbereiten können.
Mehr als 1300 Babys haben Uschi Reim-Hofer und ihr Team schon auf die Welt geholfen - kostenfrei, kompetent und persönlich.