Mit ihrem Besuch traten Kardinal Schönborn und Caritas-Präsident Landau auch erneut jüngst immer wieder laut gewordenen Stimmen entgegen, wonach sich die Kirche zu wenig der Versorgung von Flüchtlingen annehme.
Mit ihrem Besuch traten Kardinal Schönborn und Caritas-Präsident Landau auch erneut jüngst immer wieder laut gewordenen Stimmen entgegen, wonach sich die Kirche zu wenig der Versorgung von Flüchtlingen annehme.
Kardinal Schönborn und Caritas-Präsident Landau besuchten jugendliche Flüchtlinge in Niederösterreich.
Für Menschlichkeit in der Frage der Unterbringung von Flüchtlingen in Österreich und einen landesweiten Schulterschluss bei diesem Thema appellieren Kardinal Christoph Schönborn und Caritas-Präsident Michael Landau. Würde jede österreichische Gemeinde zwei Familien aufnehmen, wäre das Problem längst gelöst, erinnerten die beiden am Dienstagnachmittag, 6. Jänner 2015, am Rande eines gemeinsamen Besuchs bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in einem Caritas-Flüchtlingsheim im Missionshaus St. Gabriel in Maria Enzersdorf bei Wien.
Er hoffe darauf und wisse auch um die Hilfsbereitschaft der Österreicher und ihre Bereitschaft, angesichts der Flüchtlingsschicksale nicht wegzuschauen, sagte Kardinal Schönborn im Kathpress-Gespräch: "Das sind Menschen die meist eine schwere Zeit hinter sich haben, die oft Schlimmstes erlebt haben und dankbar sind, dass sie in einem Land sein dürfen, in dem es Frieden gibt - vor denen braucht man keine Angst haben."
Der Kardinal verwies auf das Beispiel Libanon, einem Land mit 4,2 Millionen Einwohnern, in dem aktuell mehr als 1,5 Millionen Flüchtlinge leben. In Österreich sei man von solch dramatischen Zuständen weit entfernt, so Schönborn. Er wisse, dass hierzulande viele Menschen bereit sind, Menschen in großer Bedrängnis zu helfen; und zwar auch im Wissen darum, "dass es uns vergleichsweise sehr gut geht", sagte der Wiener Erzbischof. "Wir müssen uns alle am Riemen reißen und schauen, dass wir diese Probleme lösen, denn sie sind bei uns in keinem Vergleich zu dem, was ich in anderen Ländern gesehen habe."
Mit ihrem Besuch traten Kardinal Schönborn und Caritas-Präsident Landau auch erneut jüngst immer wieder laut gewordenen Stimmen entgegen, wonach sich die Kirche zu wenig der Versorgung von Flüchtlingen annehme. Caritas-Präsident Landau erinnerte, dass allein die Caritas aktuell österreichweit mehr als 3.100 Grundversorgungsplätze zur Verfügung stelle und weitere 8.000 Asylbewerber mobil betreue. Insgesamt versorge die Caritas derzeit rund 3.000 Asylwerber mehr als noch im vergangenen Sommer.
Kardinal Schönborn betonte, dass sich die Kirche bei Flüchtlingsunterbringung "redlich bemühe und wirklich engagiere". Er erinnerte an die vielen Pfarren, die bereits Flüchtlinge aufgenommen hätten, auch wenn die Sicherstellung einer adäquaten Versorgung der Menschen in Pfarren oft schwierig sei. "Ich glaube, da wird sehr, sehr viel getan, auch wenn es nicht immer groß in der Öffentlichkeit gezeigt wird", betonte der Kardinal, sagte aber gleichzeitig, dass sich die Kirche noch stärker engagieren wolle.
Ein Beispiel für das kirchliche Engagement ist das vom Orden der Steyler Missionare geleitete Missionshaus St. Gabriel, das Schönborn und Landau am Dienstag besuchten. Dort leben seit 1992 Flüchtlinge; zunächst jene, die auf der Flucht vor den Balkan-Kriegen nach Österreich kamen, später Menschen aus anderen Konfliktregionen. Mittlerweile steht ein ganzer Trakt des Ordenshauses für Flüchtlinge zur Verfügung. Seit dem jüngsten Umbau vor einem Jahr sind 140 Asylwerber - darunter 40 unbegleitete Jugendliche ab 14 Jahren u.a. aus Afghanistan, Somalia und Syrien - untergebracht, die von der Caritas betreut werden. Die Hälfte der Plätze ist für Personen mit erhöhtem psychologischen oder medizinischem Betreuungsbedarf vorgesehen.
Es gebe in der Frage der Flüchtlingsunterbringung eine große Solidarität in der Bevölkerung, sagte Caritas-Chef Landau zu Kathpress. Klar sei aber auch, dass die Versorgung von Flüchtlingen zu den Kernaufgaben des Staates zähle. Notwendig sei eine gemeinsame, längerfristige Strategie und ein "Schulterschluss von Bund, Länder und Gemeinden". "Hier wird es unumgänglich sein, dass die einzelnen Ministerien zusammenarbeiten und nicht öffentlich 'ping pong' spielen", so der Caritas-Präsident. Er hoffe, dass Innenministerin Johanna Mikl-Leitner "sehr bald, also noch in den ersten Wochen des Jahres" einen Strategieplan zur Flüchtlingsunterbringung vorlegen werde.
Michael Landau erinnerte zudem die Landeshauptleute an ihr Versprechen, die Aufnahmequote von Flüchtlingen in die Grundversorgung bis Monatsende zu 100 Prozent erfüllen. Gleichzeitig bat er um mehr Engagement vonseiten der Gemeinden. "Meine Hoffnung, auch meine Bitte ist, dass sich mehr Gemeinden bereit erklären, Menschen, die vor Folter Terror und Krieg geflohen sind, bei sich aufzunehmen."
Dramen wie etwa der Bürgerkrieg in Syrien bräuchten darüber hinaus "gemeinsame europäische Bemühungen", betonte der Caritas-Präsident. Österreich allein könne keine Antworten auf die internationale Flüchtlingsfrage finden. "Hier wird es eine gesamteuropäische Strategie im Umgang mit Menschen auf der Flucht brauchen", sagte Landau. "Aber diese Strategie muss zumindest ebenso menschlich sein, wie die Zäune rund um die Festung Europa hoch geworden sind."
Caritas der Erzdiözese Wien: