Viele Stimmen haben sich für eine Absicherung des Parteienkonsenses für humane Sterbebegleitung in der Verfassung ausgesprochen.
Viele Stimmen haben sich für eine Absicherung des Parteienkonsenses für humane Sterbebegleitung in der Verfassung ausgesprochen.
Verfassungssprecher Gerstl schlägt in "SN" Zielbestimmung vor, die auch Recht auf Schmerzbehandlung und Hospiz verankern soll
Die ÖVP will ein Grundrecht auf ein würdevolles Sterben in der Verfassung verankern. Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl hat am Dienstag in den "Salzburger Nachrichten" (SN) einen entsprechenden Vorstoß angekündigt, wenn am Freitag die parlamentarische Enquetekommission "Würde am Ende des Lebens" zum letzten Mal tagt. Mit Widerstand des Koalitionspartners SPÖ rechnet der ÖVP-Politiker nicht, wie er sagte. Es würde ja nicht direkt die Strafbestimmung zur Tötung auf Verlangen in den Verfassungsrang erhoben - was die SPÖ schon mehrmals abgelehnt hat -, sondern nur die derzeitige "gute Gesetzeslage" abgesichert. Gerstl in den SN: "Wer die heutige Gesetzeslage als ausreichend und richtig empfindet, muss zustimmen."
Auch viele Stimmen aus der Kirche, darunter die Österreichische Bischofskonferenz, haben sich in der Vergangenheit für eine Absicherung des Parteienkonsenses für humane Sterbebegleitung in der Verfassung ausgesprochen und eine parlamentarische Bürgerinitiative zu diesem Thema unterstützt.
ÖVP-Abgeordneter Gerstl schlägt konkret eine Zielbestimmung über den "Schutz des Lebens und das Recht, in Würde zu sterben", vor. Dies solle dafür sorgen, dass Tötung auf Verlangen unter Strafe gestellt bleibt, zugleich soll sie das Recht auf Schmerzbehandlung durch Palliativmedizin und Sterbebegleitung (Hospiz) für jedermann bringen. Ziel sei weiters, die Familienhospizkarenz abzusichern und den Zugang zu Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht zu erleichtern, um über den eigenen Tod mitbestimmen zu können. Ausdrücklich soll in dem Verfassungsgesetz darauf hingewiesen werden, dass jeder das Recht habe, lebensverlängernde Maßnahmen abzulehnen, so Gerstl.
Die Beihilfe zum Freitod beziehungsweise den assistierten Suizid will die ÖVP nicht aus dem Strafgesetz nehmen. Gerstl begründete dies im SN-Gespräch mit bedenklichen Entwicklungen in anderen EU-Staaten: "Der Gesetzgeber muss sehr aufpassen, dass er nicht die Tür zu einer Entwicklung wie in den Niederlanden aufstößt, die nicht mehr zu steuern ist." Werde eine gesetzliche Möglichkeit zum assistierten Suizid geschaffen, "würden wir das aufmachen für alle gewerbsmäßigen Institute", gab Gerstl zu bedenken.
Bei der Hospizbewegung wird Gerstl mit seiner Forderung, ein Recht auf Zugang zur palliativmedizinischen Versorgung und zur Hospizversorgung zu schaffen, zweifellos offene Türen einrennen. Dieser Plan wurde übrigens schon 2004 vom Österreich-Konvent gewälzt, aber nie verwirklicht.
Die Palliativ- und Hospizversorgung in Österreich bedarf - wie die bisherigen Sitzungen der parlamentarischen Enquetekommission zeigten - dringend einer Ausweitung. Viele Leistungen sind auf Spenden angewiesen, der Versorgungsgrad liegt laut Hospizbewegung bei nicht einmal 50 Prozent, für eine bundesweite Bedarfsdeckung fehlten 70 Millionen Euro jährlich.