Der Beschluss der Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes stellt nach Ansicht des Mediziners und Moraltheologen Matthias Beck nur eine Etappe auf dem Weg zu einer weiteren Liberalisierung im Bereich der Fortpflanzungsmedizin dar.
Der Beschluss der Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes stellt nach Ansicht des Mediziners und Moraltheologen Matthias Beck nur eine Etappe auf dem Weg zu einer weiteren Liberalisierung im Bereich der Fortpflanzungsmedizin dar.
Mediziner und Moraltheologe nach Beschluss des Fortpflanzungsmedizingesetzes: "Leihmutterschaft wird voraussichtlich als nächstes diskutiert werden".
Der Beschluss der Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes stellt nach Ansicht des Mediziners und Moraltheologen Matthias Beck nur eine Etappe auf dem Weg zu einer weiteren Liberalisierung im Bereich der Fortpflanzungsmedizin dar. Zu erwarten sei etwa ein Drängen männlicher homosexueller Paare auf Einführung der Leihmutterschaft, so Beck im Gespräch mit "Kathpress" am Freitag, 23. Jänner 2015: "Meine Prognose ist eine weitere Liberalisierung der Gesetze unter dem Aspekt der Nicht-Diskriminierung." Auch die jüngsten Änderungen beim Fortpflanzungsmedizingesetz seien schließlich vor dem Hintergrund der Klage eines lesbischen Paares beim Verfassungsgerichtshof zustande gekommen.
Persönlich stehe er dieser Entwicklung "relativ gelassen" gegenüber, ihm gehe es weniger um die juristischen Fragen als vielmehr darum, Menschen in konkreten Notsituationen beizustehen und zu beraten. "Es gibt ein riesiges Informationsdefizit in diesem Bereich. Viele Menschen wissen einfach nicht, worauf sie sich einlassen mit der Reproduktionsmedizin", so Beck. Kirchlicherseits gebe es darüber hinaus "großen Nachholbedarf an solider naturwissenschaftlicher Bildung", mahnte der Theologe. "Die Erfahrungen der jüngsten Diskussionen um das Fortpflanzungsmedizingesetz müssten eigentlich Anlass sein, dass wir uns alle auf den Hosenboden setzen und in der Bildungsarbeit deutlich nachrüsten".
Kritik übte Beck, der aus Norddeutschland stammt und inzwischen seit 16 Jahren in Wien lebt, am Diskussionsniveau über bioethische Fragen insgesamt: "In Deutschland wäre es undenkbar, ein solches Gesetz wie das Fortpflanzungsmedizingesetz in so kurzer Zeit durchzupeitschen". Die Kürze der Debatte grenze an ein "undemokratisches Vorgehen". Auch Interessenskonflikte von Personen, die sowohl Mitglieder der Bioethikkommission sind als auch persönliche wirtschaftliche Interessen verfolgen und zugleich an dem Gesetz mitgeschrieben haben, sei in Deutschland in dieser Form nicht denkbar, so Beck, der selbst Mitglied der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt ist.
Die Unterschiede in der Debattenkultur zwischen Österreich und Deutschland sieht Beck nicht zuletzt in einem anderen Blick auf Recht und Ethik begründet. In Deutschland gebe es einen der juristischen Debatte vorausgehenden ethischen Konsens und ein Menschenbild, das im Grundgesetz begründet liegt ("Die Würde des Menschen ist unantastbar"). Aus diesem spreche u.a. ein Abwehrrecht des einzelnen gegen staatlichen Zugriff. In Österreich hingegen "denkt man eher vom positivistischen Recht hin zur Ethik". Das spiegle sich auch in den Debatten der Bioethikkommission, wo der rechtliche und der naturwissenschaftliche Diskurs breit war, die Ethik dann jedoch den geringsten Platz am Ende bekam.
Festmachen lasse sich dieser Unterschied in der Debattenkultur außerdem im aktuellen Fall der Präimplantationsdiagnostik (PID): Während in Deutschland die PID gesetzlich explizit verboten sei und erst in weiteren Artikeln ein strenger Ausnahmenkatalog formuliert werde, gebe es im österreichischen Fortpflanzungsmedizingesetz dieses Verbot nicht - "obwohl Medien und Politiker immer so tun, als gäbe es dies", so Beck.