Österreichischen Ärztekammer: "Die Mediziner stehen als Dienstleister für Tötungsdelikte nicht zur Verfügung. Ärzte kennen Grenzen, und das ist gut so".
Österreichischen Ärztekammer: "Die Mediziner stehen als Dienstleister für Tötungsdelikte nicht zur Verfügung. Ärzte kennen Grenzen, und das ist gut so".
Teils scharfe Reaktionen auf Mehrheitsvotum der Bioethikkommission - Kirchliches IMABE-Institut: Verschleierung der Fakten, Untergraben von Vertrauen - SPÖ und Grüne für politische Diskussion
Zum Mehrheitsvotum der Bioethikkommission, in "Härtefällen" Ausnahmeregelungen zur assistierten Selbsttötung im Strafrecht durchzuführen, gab es am Donnerstag zahlreiche Reaktionen aus Politik und Zivilgesellschaft. Gegen jedwede Lockerung des Verbotes aktiver Sterbehilfe, insbesondere auch der straffreie Beteiligung von Ärzten daran, sprachen sich die Ärztekammer, Behindertenorganisationen sowie auch das kirchliche Bioethikinstitut IMABE aus. "Die Vertrauensbasis zwischen Arzt und Patient würde dabei völlig untergraben", so dessen Geschäftsführerin Susanne Kummer gegenüber "Kathpress".
In der Gesellschaft würde die Legalisierung in einem "breiten Konsens" abgelehnt, und es mute "eigenartig" an, "dass eine nicht demokratisch legitimierte Kommission diesen bestehenden Konsens brechen will".
Die Bioethikerin verwies darauf, dass die Zulassung ärztlicher Suizidbeihilfe in bestimmten Fällen - von der Bioethikkommission mehrheitlich gefordert - von den Ärzten eindeutig abgelehnt werde, wie schon ein einstimmiges Votum in der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer vom Dezember 2014 gezeigt habe. "Die Mediziner stehen als Dienstleister für Tötungsdelikte nicht zur Verfügung. Ärzte kennen Grenzen, und das ist gut so", betonte Kummer.
Weiters positionierte sich das IMABE-Institut klar im Sinne des Sondervotums in der Bioethikkommission. Es sei gefährlich, wenn gemäß des Minderheitenvotums beim Sterbewunsch eines Patienten diesem automatisch ein Suizidwunsch unterstellt würde, da dies Unterschiede verwische, so Kummer. Auch im Wortgebrauch ziele man scheinbar auf eine Entwicklung wie in Großbritannien ab, wo der Begriff "assistierter Suizid" mittlerweile verboten und nur noch die Rede von "Selbstbestimmung" sei. "Fakten werden somit komplett verschleiert", so Kummer.
Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖAK), Artur Wechselberger verwies in einer Presseaussendung auf "zeitlose ethische Bindungen, die die Aufgabe der Ärzteschaft nicht in der Herbeiführung des Todes kranker Menschen sehen". Dieser Grundsatz sei bei der jüngsten ÖAK-Vollversammlung in einer Resolution einstimmig bekräftigt worden. Leben zu beenden widerspreche dem ärztlichen Berufsethos und dürfe nicht Bestandteil ärztlichen Handelns sein, zitierte Wechselberger aus dem Dokument der Ärztevertretung. Dringend erforderlich sei vielmehr ein umfassender Ausbau der Palliativmedizin in Österreich.
Von einem "offenen Schlag ins Gesicht von Menschen, die sich in der letzten Phase ihres Lebens befinden", sprach Marianne Karner vom Behindertenberatungszentrum "Bizeps" mit Blick auf das Mehrheitsvotum der Bioethikkomission. Nach der Zulassung der PID vor wenigen Wochen sei dies bereits die zweite ethische Diskussion, "die das Lebensrecht von Menschen mit Behinderungen massiv in Frage stellt", so Karner. Insbesondere die mögliche Schaffung einer gesetzlichen Möglichkeit zum ärztlich-assistierten Suizid hätte "fatale gesellschaftspolitische Auswirkungen und Konsequenzen für den normalen medizinischen Alltag", warnte die Behindertenvertreterin.
"Tötung ist niemals ein Akt der Barmherzigkeit, hier geht es um eine Richtungsentscheidung", sagte der ÖVP-Abgeordnete Franz-Joseph Huainigg. In tragischen Fällen müsse man sich der Sorgen und Ängste von Menschen annehmen. "Schmerzen und Einsamkeit müssen bekämpft werden, aber niemals der Mensch!", betonte Huainigg: "Bei einem Hospizdeckungsgrad von 50 Prozent die Einführung der Beihilfe zur Selbsttötung zu fordern, ist besonders im Hinblick auf unsere Geschichte äußerst bedenklich und abzulehnen."
Der ÖVP-Politiker sprach wörtlich von einem Weg, der "definitiv in die falsche Richtung" weise und Druck auf die Lebensexistenz von Menschen schaffe. Diese müssten sich dann dafür rechtfertigen, warum sie überhaupt noch am Leben sind, Angehörigen zur Last fallen oder Pflegegeld in Anspruch nehmen, so Huainigg. "Dieser Vorschlag zur Neuregelung im Strafrecht fördert einen Gewissenskonflikt der pflegenden Angehörigen, der durch die Möglichkeit zur Beihilfe zum Suizid nicht gelöst, sondern im Gegenteil erst richtig geschürt wird. Ich lehne daher jegliche Türöffnung zu Änderungen im Strafrecht ab."
SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim sprach sich dafür aus, die Empfehlungen der Kommission ernsthaft zu diskutieren. "Würde am Ende des Lebens bedeutet, schmerzfrei und in guter Umgebung zu sterben, sowie selbstbestimmt letzte Entscheidungen über das eigene Leben treffen zu können", so Jarolim in einer Aussendung. Ängste vor einem leidvollen Sterben seien ernst zu nehmen.
Vom Mehrheitsvotum der Ethikkomission bestätigt in der Forderung nach einer "Entkriminalisierung" der Beihilfe zum Suizid, sah sich Grünen-Gesundheitssprecherin Eva Mückstein. "In genau umschriebenen Ausnahmefällen sollte die Hilfestellung durch Angehörige, nahestehende Personen und Ärzte möglich sein", betonte sie.