Laut Caritaspräsiden Michael Landau kommen in der öffentlichen Wahrnehmung die schönen Seiten des Alterns viel zu kurz. Der permanente Blick auf die Defizite werde dem Thema nicht gerecht.
Laut Caritaspräsiden Michael Landau kommen in der öffentlichen Wahrnehmung die schönen Seiten des Alterns viel zu kurz. Der permanente Blick auf die Defizite werde dem Thema nicht gerecht.
Caritas-Präsident Landau und Theologe Sedmak bei Veranstaltung im Wiener Kardinal-König-Haus über "Gutes Leben - worauf es in Betreuung und Pflege ankommt".
Alte, pflegebedürftige Menschen sind gesellschaftlich noch immer viel zu wenig integriert. Dabei sei soziale Teilhabe einer der wichtigsten Faktoren für ein Altern in Würde, betonte Caritas-Präsident Michael Landau bei einer Veranstaltung am Dienstagabend, 3. März 2015, im Wiener Kardinal-König-Haus zum Thema "Gutes Leben - worauf es in Betreuung und Pflege ankommt". Immer wieder erfahre man von "Tragödien der Vereinsamung" alter Menschen. Diese würden am besten dadurch bekämpft, dass man alte Menschen wieder zurück in die Mitte der Gesellschaft holt, anstatt sie "systematisch an die Ränder zu schieben", so Landau.
Wie ein "gutes Leben" im hohen Alter aussehen kann, besprach der Caritas-Präsident mit dem Salzburger Theologen und Leiter des internationalen Forschungszentrums für soziale und ethische Fragen (ifz), Clemens Sedmak. Caritas und ifz hatten gemeinsam mit dem Kardinal-König-Haus zu dem Abend eingeladen.
Nach den Worten Landaus kommen in der öffentlichen Wahrnehmung die schönen Seiten des Alterns viel zu kurz. Der permanente Blick auf die Defizite werde dem Thema nicht gerecht. Landau habe - wie er berichtete - schon viele Einrichtungen besucht, in der eingeschränkte Menschen definitiv ein "gutes Leben" führten. Demgegenüber dominiere ein unrealistisches Bild vom Altern: "Alle wollen alt werden; alt sein, mit all seinen Einschränkungen, will aber niemand", wies Landau hin.
Die Selbstbestimmung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen werde noch immer viel zu wenig gefördert. Er kritisierte etwa den bürokratischen Hürdenlauf von Betroffenen, wenn es um den Wechsel in ein anderes Bundesland geht. Der Geringschätzung der alten Mitbürger entspreche eine immer noch viel zu geringe Wertschätzung des Pflegepersonals, die auch auf finanzieller Ebene feststellbar sei. Landau äußerte die Überzeugung, dass der Beruf des Altenpflegers in Zukunft immer wichtiger wird.
"Wie wir pflegen, sagt sehr viel über den Zustand einer Gesellschaft aus": Das unterstrich Clemens Sedmak, Professor für Sozialethik am Londoner King's College. Egal, ob pflegende Angehörige oder Pflegeprofis - ein tiefes Vertrauensverhältnis zwischen Pflegendem und Pflegebedürftigem sei unverzichtbar. Denn "wer möchte sich schon von einem Fremden waschen lassen?" - eine Tätigkeit, die neben Sachkundigkeit auch viel Empathie erfordere. Diese werde in der Qualitätsbeurteilung von Pflege aber viel zu oft vergessen, bemängelte Sedmak.
Wichtig ist laut dem Sozialethiker eine Entlastung für pflegende Angehörige: "Niemand kann Tag und Nacht bereit sein", deswegen müsse man pflegenden Angehörigen Freiräume etwa in Form von bezahltem Urlaub zugestehen. Viele würden externe Hilfe aus falschem Stolz gar nicht in Anspruch nehmen. Hier gelte es den Menschen zu verdeutlichen, dass es in erster Linie den Pflegebedürftigen zugute kommt, wenn die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt ist.
Menschen mit Pflegebedarf dürften nicht auf dieses eine Merkmal reduziert werden, forderte Sedmak. Um ihr Selbstwertgefühl zu fördern, müssten Pflegebedürftige ungeachtet ihrer Einschränkungen sinnvolle Tätigkeiten finden, die ihnen Anerkennung verschaffen. Natürlich sei es für jeden Betroffenen schwer anzuerkennen, dass man nicht mehr im gewohnten Tempo weitermachen kann. Wenn man sich aber mit diesem Umstand versöhnt und für sich sinnvolle Aufgaben findet, könne man auch im hohen Alter ein "gutes Leben" führen, so Sedmak.
Caritas Österreich:
Internationales Forschungszentrum für soziale und ethische Fragen:
www.ifz-salzburg.at/sedmak-clemens
Kardinal König Haus: