Jedes Kind sollte auch im Kindergarten ein Umfeld vorfinden, in dem vielfältige Bewegungsmöglichkeiten selbstverständlich sind.
Jedes Kind sollte auch im Kindergarten ein Umfeld vorfinden, in dem vielfältige Bewegungsmöglichkeiten selbstverständlich sind.
Still sitzen? Keine Lust! Kinder sind kleine Wirbelwinde. Sie bewegen sich gerne und viel. Das gehört gefördert, sonst verliert man als Erwachsener zum Schluss noch die Lust daran, sagt Susanna Haas, Pädagogische Leiterin der St. Nikolausstiftung.
Flo ist drei und Flo rennt gern. „Sein Bewegungsdrang ist groß. Manchmal hat man den Eindruck, er rennt ununterbrochen – mein kleiner Rennkuckuck“, lacht seine Mama Daniela: „Still sitzen ist nicht so seines.“
Dabei ist Flo aber nicht fahrig, kann sich auch gut auf eine Geschichte konzentrieren oder mit hochroten Wangen und ganz in sich „versunken“ ein Bild malen.
Aber sich bewegen, herumhüpfen oder irgendwo hinaufklettern, das tut er halt besonders gern.
„Kinder bewegen sich gerne“, sagt Susanna Haas, Pädagogische Leiterin der St. Nikolausstiftung, die in der Erzdiözese Wien über 80 Kindergärten und Horte betreibt: „Und sie sollen schon in sehr jungen Jahren in dieser Freude an der Bewegung gefördert werden.“
Einer Bewegung in mannigfaltigem Sinn, versteht sich. „Bewegung bedeutet ja nicht nur rennen oder hüpfen.
Bewegung bedeutet ja auch Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit und Selbsteinschätzung zu erlangen, ganzheitlich angeregt zu werden, sich ausprobieren zu können.“
Der Kindergarten beinhalte da eine Menge Möglichkeiten. „Jedes Mädchen und jeder Bub sollte in der Institution Kindergarten ein gesundheitsförderndes Umfeld vorfinden, in dem vielfältige Bewegungsmöglichkeiten selbstverständlich sind“, sagt Susanna Haas.
Die Pädagoginnen und Pädagogen sollten deshalb auch genau hinschauen, was den Kindern gut tut, wann sie Bewegung brauchen und in welcher Form, und wie das im Rahmen des Kindergartens passieren kann.
„Im Alltag ist das natürlich nicht immer einfach, weil ja auch nicht alle Kinder dieselbe Form von Bewegung brauchen und zur selben Zeit, aber unser Ziel muss es sein, ohne überflüssige Reglementierungen Kindern vielfältige Bewegungserfahrungen zu ermöglichen und ihnen die Freude an der Bewegung zu vermitteln.“
Wichtig sei auch, in jedem Fall, dass Kindern ein Umfeld geschaffen wird, in dem Bewegung frei von Be- oder Verurteilung stattfinden kann.
Die Stärken des Kindes sollten im Vordergrund stehen, nicht die Schwächen. Nicht um Leistung dürfe es gehen, sondern um Entwicklungsfortschritte. „Du bist der Beste beim Klettern“ sei einfach eine ganz andere Botschaft als „Du kletterst wirklich sehr gut“, so Susanna Haas.
Darüber hinaus gehe es natürlich auch um Lerninhalte, die ein Leben lang halten, wie etwa „Etwas, was ich zuerst nicht konnte, habe ich dann – vielleicht mit viel Üben – doch geschafft.“
Im Hinblick auf Bewegung komme da dann noch ein Aspekt dazu: „Der Hirnforscher Manfred Spitzer von der Uni-Klinik Ulm sagt, wenn ich Bewegungsabläufe immer positiv erlebe, dann speichere ich das ab, kann davon zehren und werde mich gerne bewegen.
Umgekehrt: Wird es negativ abgespeichert, dann verliere ich irgendwann die Freude daran“, so Susanna Haas: „Dessen sollte man sich als Kindergartenpädagogin, aber auch als Eltern viel mehr bewusst sein.“
Manche Mitarbeiterinnen der St. Nikolausstiftung sind ganz speziell darauf geschult, Bewegung in verschiedenster Form zu ermöglichen.
So etwa Manuela Trinkl im Kindergarten Maria Himmelfahrt im 21. Wiener Gemeindebezirk. „Motopädagogik“ heißt hier der Schwerpunkt – Entwicklungsbegleitung durch Bewegung sozusagen.
Die Kinder nehmen im Spielen, durch spezielle Spielangebote ihren Körper ganz bewusst war, dürfen ihre motorischen Fähigkeiten ohne Druck und ohne Zwang ausprobieren und beeinflussen damit ganz spielerisch und leicht auch ihre kognitive Entwicklung positiv.
„In den Motopädagogik-Stunden gehe ich mit den Kindern in den Turnsaal. Wer mitkommen will, darf das, aber es muss niemand“, erklärt die Kindergartenleiterin und ausgebildete Motopädagogin Manuela Trinkl.
Dann bekommen die Kinder verschiedenste Materialien wie Becher, Dosen und vieles mehr. Manchmal werden Bewegungsspiele gespielt – Ball werfen etwa oder Balancieren – manchmal gebe es auch einen konkreten „Arbeitsauftrag“ – zum Beispiel: „Baut ein Haus“. Wie das dann aussieht, bleibt ganz den Kindern überlassen.
„Sie bekommen eben eine Aufgabe, keine vorgefertigte Lösung. So bleiben sie flexibel, bewegen sich innerhalb ihrer eigenen Grenzen“, sagt Manuela Trinkl.
Außerdem: „Die Kinder dürfen alleine probieren, oder in der Gruppe. Sie haben Zeit, bewegen sich in einem geschützten Rahmen. Sie können erforschen, was sie können.
Sie sehen und erleben ihre Grenzen – aber auch das man mal versuchen kann, diese zu überwinden. Und wenn sie am Rand sitzen wollen und einfach ,nur zuschauen‘ ist das auch okay.“
Oft gehe es in so einer Motopädagogikstunde im Turnsaal „echt chaotisch“ zu, lacht Manuela Trinkl, aber auch das tue den Kindern gut.
„Das ganze Leben ist Bewegung“, so die Pädagogin: „Unser Körper, unser Geist und unsere sozialen Beziehungen alles ist immer irgendwie in Bewegung, ist nicht statisch – das ,lernen‘ die Kinder bei uns schon ganz früh und profitieren hoffentlich ihr ganzes Leben von diesen Erfahrungen.“
Webseite: "Der Sonntag"
Thema der Woche:
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