Vertreter von 39 Nichtregierungs- und Hilfsorganisationen haben am Dienstag, 5. Mai 2015 an die Regierung appelliert, einen konkreten Plan für die Stärkung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) durchzubringen.
Vertreter von 39 Nichtregierungs- und Hilfsorganisationen haben am Dienstag, 5. Mai 2015 an die Regierung appelliert, einen konkreten Plan für die Stärkung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) durchzubringen.
Protest von 39 Nichtregierungsorganisationen vor dem Bundeskanzleramt: "Ist Auslandshilfe wurscht?"
Enttäuscht haben die in der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) tätigen Organisationen auf die Ankündigung der Regierung vom Dienstag, 5. Mai 2015 reagiert, im Sommer einen Stufenplan für die Aufstockung der bilateralen EZA-Mittel vorzulegen.
Es sei "nicht sehr erfreulich und ein Hinausschieben der Herausforderung", wenn der Fahrplan erst nach dem noch im Mai zu beschließenden Bundesfinanzrahmengesetz erstellt werde, erklärte der Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz (KOO), Heinz Hödl, gegenüber "Kathpress". Caritas-Präsident Michael Landau zeigte sich verhalten optimistisch und forderte eine "nachhaltige Lösung".
Laut den Aussagen von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ist zudem auch vorgesehen, Spenden im Bereich EZA in den österreichischen Gesamtbeitrag für Entwicklungshilfe einzurechnen, sofern dies von der OECD akzeptiert wird. Hödl verwies darauf, dass die entsprechende Diskussion und Neuordnung schon im Vorjahr stattgefunden habe und Spenden demnach - als nicht öffentliche, sondern private Mittel - nicht anrechenbar seien. Österreichs Regierung sei schon vor einigen Jahren damit abgeblitzt, Mittel für die Spendenabsetzbarkeit im EZA-Betrag anzurechnen, und zwar "aus guten Gründen": "Spendenabsetzbarkeit nützt den Spendern, die absetzen und etwas retour erhalten. Es ist aber nicht möglich zu sagen, wie viel zusätzlich sie aufgrund der Absetzbarkeit spenden", erklärte der Kirchenfachmann.
Annelies Vilim vom NGO-Dachverband "Globale Verantwortung" bezeichnete es als "gelinde gesagt kühne Idee" der Regierung, "private Spenden zur Kosmetik des Auslandsbudgets einzusetzen". Diese Vorgangsweise sei "nicht nur absolut inakzeptabel, sondern eine internationale Peinlichkeit" für Österreich. Vilim in Richtung Regierungsspitze: "Wollen wir wirklich zur Lachnummer innerhalb der internationalen Organisationen werden, und diese ungültigen Zahlen der OECD melden?"
Caritas-Präsident Landau bezeichnete es als immerhin "erfreulich, dass es beim Thema Entwicklungszusammenarbeit jetzt Bewegung gibt". Wichtig sei es vor allem, die notwendige Hilfe in den Armutsgebieten der Welt und den Ursprungsländern der Flüchtlinge aus den tagespolitischen Streitigkeiten herauszuhalten. Finanzminister Schelling müsse nun "mit Umsicht eine nachhaltige Lösung sicherstellen", so Landau.
Vertreter von 39 NGOs und Hilfsorganisationen hatten zuvor am Dienstagvormittag an die Regierung appelliert, einen konkreten Plan für die Stärkung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) durchzubringen. KOO-Sprecher Hödl verwies dabei vor allem auf die Rolle des für Entwicklungsagenden zuständigen Außenministers Sebastian Kurz, der seine Verantwortung für die EZA wahrnehmen müsse. "Sinnvolle EZA braucht langfristige und gute Kooperationen und darf nicht vom parteipolitischen Hick-Hack abhängen", so Hödl bei einer Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt, zu der der Dachverband "Globale Verantwortung" aufgerufen hatte. "Ist Auslandshilfe wurscht?", skandierten die Transparente der Teilnehmenden.
Die Aufstockung der Mittel für EZA und Humanitäre Hilfe sei dringend nötig, zumal die aktuellen humanitären Krisen, die globale Armut und der Migrationsdruck sowie auch neue Herausforderungen durch nachhaltige Entwicklungsziele rasches Handeln erfordern würden, betonte Hödl. Eine "große Enttäuschung" sei deshalb schon die Parlamentsdebatte vom Montag gewesen, bei der keine konkreten und konstruktiven Vorschläge für die EZA debattiert worden seien.
Für eine künftige Neuregelung schlägt die KOO als Eckpunkte u.a. eine im 3-Jahres-Plan für den Bundesfinanzrahmen verankerte EZA-Gesamtstrategie vor, die Ziele genau festlegt und zu deren Erreichung Mittel vorgibt, welche sich am Bedarf, österreichischen Schwerpunkten und sinnvoll umsetzbaren Möglichkeiten orientieren. Die derzeitige Zersplitterung der Zuständigkeiten in sieben Ministerien und dem Bundeskanzleramt sollte überwunden werden, indem das Außenministerium aufgrund seiner Expertise koordiniert. Für dieses sei aufgrund dessen derzeit sehr geringen Budgets eine zweckgebundene Mittelaufstockung nötig.
Im Einklang mit zahlreichen NGOs nannte die KOO 20 Millionen Euro als konkrete Summe für die nötige Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds und forderte eine Rücknahme der Kürzungen der Austrian Development Agency (ADA) der letzten Jahre, was einer Aufstockung auf 100 Millionen Euro gleichkäme. "Konkrete Projekte gibt es genug", betonte Hödl. Schwerpunkte sollten zudem aufgebaut und ausgeweitet werden, wie etwa die Bereiche humanitäre Hilfe und Katastrophenvorsorge, Menschenrechte und menschliche Sicherheit, Wasser und Ernährungssicherheit, Wirtschaft und Entwicklung sowie Bildung; auch ein Fokus auf bestimmte Länder oder Regionen sei sinnvoll, wobei die KOO West- und Ostafrika, den Balkan, Ost- und Zentraleuropa sowie den Mittleren Osten nannte.
"Taten statt leerer Versprechen", eine Erhöhung des Katastrophenfonds auf 20 Millionen Euro sowie die Bündelung der EZA im Außenministerium forderte am Dienstag auch die evangelische Diakonie. Die Bereitschaft der Regierung, das Bundesfinanzrahmengesetz zu ändern, werde zeigen, "ob eine Erhöhung der Gelder für die Auslandshilfe und den Katastrophenfonds wirklich ernst gemeint ist", so Diakonie-Direktor Michael Chalupka bei der Kundgebung. "Die Ankündigung, Geld aus allen Ecken der verschiedensten Ministerien zusammen zu kratzen, täuscht ansonsten nur Aktivität vor." Die Bundesregierung stehe in der Schuld jener notleidenden Menschen, die in der jüngsten Vergangenheit durch die Streichung der 60 Millionen Euro für Projekte von diesen nicht erreicht worden seien.
"Jugend Eine Welt"-Vorsitzender Reinhard Heiserer hob bei der Kundgebung hervor, dass das Warten auf mehr Entwicklungshilfe bereits 45 Jahre andauere: Die UNO-Vorgabe an die Industrieländer, 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens dafür bereitzustellen, datiere auf das Jahr 1970 zurück. "Seither bitten und betteln wir NGOs im Namen der Ärmsten dieser Welt darum, dass unsere Regierung zu ihrem 0,7-Prozent-Versprechen steht", so Heiserer. Derzeit liegt die EZA-Leistung Österreichs bei 0,26 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Es gehe bei diesen Forderungen ganz konkret um Armutsüberwindung, Durchsetzung von Kinderrechten, Hungerbekämpfung, Ausrottung von Krankheiten, Steigerung des Bildungsgrades und Teilhabe am internationalen Wohlstand in Ländern wie etwa Nepal, Sierra Leone, Sudan oder Haiti.
Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission:
AG Globale Verantwortung:
Caritas Österreich:
Diakonie:
Jugend Eine Welt: