AKV-Präsident Helmut Kuckacka, Waltraud Klasnic, Kardinal Christoph Schönborn, ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka bei der Verleihung der "Kardinal-Opilio-Rossi-Medaille".
AKV-Präsident Helmut Kuckacka, Waltraud Klasnic, Kardinal Christoph Schönborn, ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka bei der Verleihung der "Kardinal-Opilio-Rossi-Medaille".
Wiener Erzbischof streicht bei Verleihung vor allem Verdienste der früheren steirischen Landes-Chefin um Hospizbewegung und Aufarbeitung kirchlicher Missbrauchsfälle heraus.
Die großen Verdienste von Waltraud Klasnic um die Hospizbewegung in Österreich und die Aufarbeitung kirchlicher Missbrauchsfälle hat Kardinal Christoph Schönborn bei deren Auszeichnung mit der "Kardinal-Opilio-Rossi-Medaille" am Dienstagabend, 2. Juni 2015 in Wien hervorgehoben.
Kardinal Schönborn erinnerte daran, dass die ehemalige steirische Landeshauptfrau im Frühjahr 2010 in einem Telefonat spontan zugesagt habe, einer unabhängigen Kommission (Opferschutzanwaltschaft) mit anerkannten Fachleuten vorzustehen. Diese Kommission habe vorbildliche, auch international beachtete Arbeit geleistet und tue dies weiterhin, so Schönborn; die Bischöfe hätten alle beschlossenen Opferentschädigungen "eins zu eins umgesetzt" und sagten der Kommission weiterhin volle Unterstützung zu.
Die "Kardinal Opilio Rossi-Medaille", die den Namen des einstigen Apostolischen Nuntius in Österreich trägt, wird von der "Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände" (AKV) alljährlich für "herausragende Leistungen im Sinne des wohlverstandenen Laienapostolats" zur "Gestaltung der Gesellschaft aus christlicher Verantwortung" vergeben. Zur Verleihung am Dienstag im Wiener Palais Epstein kamen viele hochrangige Vertreter von Kirche und Politik, u.a. die Bischöfe Klaus Küng und Egon Kapellari, Vertreter von Laienorganisationen wie KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer und Laienrats-Präsident Theo Quendler, der steirische Landeshauptmannstellvertreter Hermann Schützenhöfer und die früheren ÖVP-Spitzenpolitiker Maria Rauch-Kallat, Andreas Khol und Herbert Schambeck. Die Begrüßung nahmen AKV-Präsident Helmut Kukacka und ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka vor.
Kukacka nannte biografische Eckdaten der 69-jährigen Jubilarin. In unmittelbarer Nachkreigszeit geboren wuchs die Grazerin bei einer Pflegefamilie in äußerst bescheidenen Verhältnissen bei Adoptiveltern auf. Nach einer Ausbildung im Fachhandel baute sie gemeinsam mit ihrem Gatten ein Transportunternehmen auf und engagierte sich ab 1970 mit wachsender Verantwortung in der Politik: Klasnic trat der Österreichischen Frauenbewegung und später dem Wirtschaftsbund bei, gehörte ab 1977 dem Bundesrat an, wirkte ab 1988 als Wirtschaftslandesrätin in der Steiermark und wurde 1996 erste Landeschefin Österreichs.
Nach ihrem Ausscheiden aus der Landespolitik 2005 engagierte sie sich als Präsidentin des Dachverbandes Hospiz Österreich für humane Sterbebegleitung. Im März 2010 wurde Klasnic kirchlich beauftragte Leiterin der Opferschutzanwaltschaft. Sie sei "eine der anerkanntesten Persönlichkeiten unseres Landes" geworden, sagte AKV-Präsident Kukacka. Klubchef Lopatka fügte mit Blick auf die Jubilarin hinzu, eine Gemeinschaft lebe von Menschen, die mehr tun als nur ihre Pflicht zu erfüllen.
Der Wiener Erzbischof sagte in seiner Laudatio, Klasnics Engagement gelte dem Leben in seiner ganzen Breite von Anbeginn bis zu dessen natürlichem Ende und in Notsituationen dazwischen. Im Ausland habe er sich immer wieder gefreut, über den österreichischen Parteienkonsens pro humane Sterbebegleitung und contra Euthanasie erzählen zu können. Die Hospizbewegung und Waltraud Klasnic an ihrer Spitze hätten maßgeblichen Anteil an diesem Konsens, der erst heuer mit einem Parlamentsbeschluss über den Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung bekräftigt wurde. In Graz habe sie dazu beigetragen, im Spital der Elisabethinen das erste Hospiz für Obdachlose in Österreich einzurichten, ergänzte Schönborn.
"Nie vergessen" werde er Klasnics spontane Zusage, bei notwendigen Konsequenzen aus dem kirchlichen Missbrauchsskandal mitzuwirken. Ihren Bedingungen - Unabhängigkeit und freie Auswahl von anerkannten Fachleuten für die Kommission - habe er "dankbar zugestimmt", so Schönborn. Das Gremium habe unter Klasnics Führung, die Hilfsbereitschaft, kritische Loyalität zur Kirche und politische Klugheit umfasst habe, österreichweit und auch international hohe Standards im Umgang mit Opfern von Gewalt und sexuellem Missbrauch gesetzt. Bei dieser "Pionierarbeit in einem schmerzlichen Bereich" habe es nie Interventionen seitens der Kirchenleitung gegeben, wies der Kardinal hin.
Ihre Dankesrede nutzte Klasnic zuallererst für einen Appell an die Politik zum "Innehalten" und zur tatkräftigen Unterstützung von Schutz suchenden Flüchtlingen in Österreich. Gerade die ÖVP möge ihr Bekenntnis zu christlichen Werthaltungen nicht nur im Parteiprogramm, sondern auch in konkreter Politik umsetzen.
Zu den Missbrauchsfällen sagte Klasnic, der Skandal darum dürfe nicht nur der Kirche angelastet werden. In einem einzigen Haus in Wien habe es mehr Fälle gegeben als im gesamten kirchlichen Bereich, bezog sie sich auf die jahrzehntelangen Vorfälle im Heim auf dem Wilhelminenberg. Prävention müsse weiterhin wichtiges Anliegen bleiben.
Auch im Hospizwesen und im Widerstand gegen ein "Sterben auf Bestellung" bleibe noch viel zu tun, betonte Klasnic im Blick auf die erforderliche Finanzierung des Versorgungsausbaues in Österreich. Ausnahmslos jeder Mensch habe das Recht auf ein Leben in Würde bis zuletzt.
Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände
www.akv.or.at