"Kirche will jungen Menschen helfen, ihren Wunsch nach Familiengründung zu realisieren, muss sich aber auch der Realität des Scheiterns stellen", so Kardinal Schönborn beim diözesanen Medienempfang im Wiener Erzbischöflichen Palais.
"Kirche will jungen Menschen helfen, ihren Wunsch nach Familiengründung zu realisieren, muss sich aber auch der Realität des Scheiterns stellen", so Kardinal Schönborn beim diözesanen Medienempfang im Wiener Erzbischöflichen Palais.
Wiener Erzbischof bei diözesanem Sommerempfang: Kirche will jungen Menschen helfen, ihren Wunsch nach Familiengründung zu realisieren, muss sich aber auch der Realität des Scheiterns stellen.
Die bevorstehende römische Weltbischofssynode zur Familie - die zweite unter Papst Franziskus - soll nach den Worten von Kardinal Christoph Schönborn zeigen, dass Familie ein Netzwerk ist, das Menschen "besser durch die Krise trägt als alle staatlichen Leistungen".
Der Wiener Erzbischof, der Mitglied des Synodenrats ist, äußerte sich am Mittwochabend, 10. Juni 2015 beim diözesanen Sommerempfang für Medien, Wirtschaft und Kultur im Wiener Erzbischöflichen Palais. Thema seines Statements und einer Keynote des Sozialrechtlers und Familienforschers Prof. Wolfgang Mazal war "Familie - Zukunft der Gesellschaft".
Kardinal Schönborn berichtete von Gesprächen mit Bischofskollegen aus dem krisengeschüttelten EU-Land Spanien, wo 50 Prozent der Jugend arbeitslos ist. "Sie sagen übereinstimmend, dass dort, wo Familie da ist, die Halt gibt, alles viel weniger tragisch ist." Die Familie sei die "Überlebensfabrik der Zukunft", zitierte der Wiener Erzbischof den im Vorjahr verstorbenen Mitherausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Frank Schirrmacher. Deshalb müsse die Familie vom Staat gestärkt werden.
Papst Franziskus habe deshalb vor zwei Jahren das Thema Familie als Synodenthema ausgesucht. "Er zieht es jetzt mit viel Energie durch", sagte der Wiener Erzbischof. Familie sei von der göttlichen Schöpfungsordnung gewollt, aber sie sei gleichzeitig belastet durch Negativerfahrungen, die es vielfach gebe - Verletzungen, Wunden, Brüche, Hass -, und in diesem Sinne gezeichnet von der Erbsünde.
Die Kirche wolle jungen Menschen helfen, ihren Wunsch nach Familiengründung und einem glücklichen Familienleben zu realisieren. Die Kirche müsse sich aber auch der Realität des Scheiterns stellen. Sie dürfe nicht hart gegenüber den Gescheiterten sein, müsse aber Paaren in Trennungssituationen zu bedenken geben: "Wie seid ihr mit den Schwächsten umgegangen? Wart ihr barmherzig mit euren Kindern? Oder habt ihr sie zu Geiseln in eurem Rosenkrieg gemacht?" Es gebe im Kontext des Scheiterns von Ehen immer auch die Schuldfrage, so Schönborn. Die Kirche müsse dabei helfen, "dass es wenigstens keinen Hass im Herzen gibt".
Der Kardinal erinnerte an die Barmherzigkeit, die es zu leben gelte. Es gebe viele, die das Ideal leben wollten, aber denen es nicht gelungen war, eine Ideal-Familie zu haben. Er wisse aus eigener Erfahrung, dass es auch in Patchwork-Familien viel Heil und viel Großzügigkeit gebe. Er erwarte sich diesbezüglich aber von der Synode keine "oberflächliche Lösungen, die viel Applaus bekommen", so der Wiener Erzbischof.
Der Wiener Sozialrechtler und Familienforscher Wolfgang Mazal verwies auf die ungebrochene Wichtigkeit von Familie für den Einzelnen: Nach wie vor sei für 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung Familie das höchste Gut im Leben. Bedauerlicherweise liefen viele gesellschaftliche Entwicklungen dem zuwider. Mazal sprach von langen Ausbildungszeiten und anderen beruflichen Erfordernissen, die etwa den Kinderwunsch hinauszögern ließen. Und auch die überdurchschnittlich hohe Zahl an Kleinverdienern in der Bevölkerungsgruppe der 20- bis 30-Jährigen wirke sich negativ auf die Familienplanung aus. 72 Prozent der in Österreich geborenen Kinder haben laut Mazal zumindest einen Elternteil, der im Ausland geboren ist. Ohne Zuwanderung ließe sich der Bevölkerungsstand somit nicht halten.
Aufgabe der Kirche sei es, "den Menschen Mut zur Familie und zum Kind zu machen" und entsprechende Voraussetzung von der Politik einzufordern. Beispiel sei die Familienbeihilfe: Diese müsste ähnlich wie die Pensionen jährlich valorisiert werden. Die Kirche müsse außerdem auf Unternehmen einwirken und sich dafür stark machen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Unternehmen stärker forciert werde.
Kirche solle außerdem "Mut zur Treue" machen, in der Familie genauso wie in Unternehmen. "Denn Unternehmen profitieren von treuen Mitarbeitern genauso, wie Familien von treuen Eheleuten", so Mazal.