"Viele Elemente unserer abendländischen Tradition würde man nicht verstehen, ohne auch die theologischen Elemente zu kennen", so Dekanin Müller.
"Viele Elemente unserer abendländischen Tradition würde man nicht verstehen, ohne auch die theologischen Elemente zu kennen", so Dekanin Müller.
In einer Sommer-Umfrage des „SONNTAG“ antworten Lehrende der Wiener Theologischen Fakultät auf brennende innerkirchliche Fragen: Dekanin Müller über das Uni-Jubiläum, Franziskus und die Bischofssynode.
SONNTAG: Was bedeutet das 650-Jahr-Jubiläum der Wiener Universität für die Theologische Fakultät?
Sigrid Müller: Das sind 650 Jahre Zusammenarbeit zwischen der Theologie und den anderen Fächern an der Universität. Am Anfang waren es natürlich weniger, anfangs die Philosophische Fakultät, die Medizin, die Juristerei. Heute gibt es sehr viele Fakultäten. Es sind 650 Jahre des gemeinsamen Ringens um die Erkenntnis der Dinge und der Erkenntnis von Gott und Welt.
Wie ist die aktuelle Positionierung der Theologischen Fakultät im Rahmen der Universität?
Sigrid Müller: Die Theologischen Fakultäten – wir haben die Katholische und Evangelische Fakultät – sind in vielen ganz ähnlich wie die anderen Fakultäten. Ab und zu kommt die Frage auf, welche Rolle die Theologie an einer staatlichen Universität hat: Könnte die nicht auch nur privat irgendwo gelehrt werden? Da sind wir herausgefordert zu zeigen, dass die Theologie einen wissenschaftlichen Ansatz hat, dass es zum einen nicht nur um die Weitergabe, sondern um eine wissenschaftliche Reflexion des Glaubens geht und zum anderen können wir zeigen, wie stark die Institute vernetzt sind. Beispielsweise die Kirchengeschichte, die sehr stark vernetzt ist mit der Geschichte. Viele Elemente unserer abendländischen Tradition würde man nicht verstehen, ohne auch die theologischen Elemente zu kennen. Und so geht es in vielen Bereichen. Auch im Umgang mit neuen Herausforderungen wie der Technologie. Auch da gibt es Grundeinstellungen, die Menschen mitbringen, wenn sie vom Glauben geprägt sind. Insofern gilt es zu zeigen, wie viele Anknüpfungspunkte es in allen Fachbereichen gibt.
Wie viele Lehrende unterrichten derzeit an der Fakultät, wie viele Studierende?
Sigrid Müller: Wir haben an der Fakultät 15 Universitätsprofessorinnen und -professoren, noch einmal so viele außerordentliche Professoren oder Assoziierte Professoren. Dazu kommen natürlich noch Assistenten, die auch noch einen kleineren Anteil an der Lehre tragen, und für die Bereiche, die wir nicht abdecken können, externe Lehrende. Wir sind derzeit bei etwa 1.300 Studierenden an der Fakultät. Das betrifft die Diplomtheologen, die Religionspädagogen, die Religionswissenschaftler und die Lehramtsstudierenden, die Theologie mit einem zweiten Fach wie Mathematik kombinieren. Außerdem haben wir Studiengänge wie den „Master of Advanced Theological Studies“, der auch offen ist für Studierende, die von anderen Fakultäten kommen, aber sich für die Theologie interessieren, und die sich in einem Grenzgebiet spezialisieren wollen.
Wie sehen Sie die Entwicklung der Kirche unter Papst Franziskus?
Sigrid Müller: Die Frage kommt beinahe ein wenig zu früh, für eine Gesamtbeurteilung müssen wir noch etwas warten. Ich empfinde im Augenblick eine Umbruch- oder Aufbruchsstimmung. Wird sich dieser Aufbruch konsolidieren? Wird er zu einer Weiterentwicklung in manchen Bereichen führen? Werden sich Strukturen verändern? Oder ist es, was ich bei Papst Franziskus besonders schätze, der prophetische Geist, mit dem er auftritt?
Was erwarten Sie sich von der Familien-Bischofssynode im Herbst?
Sigrid Müller: Ich würde mir wünschen, dass die Bischöfe, die aus ganz unterschiedlichen Ländern und Situationen kommen, und die die unterschiedlichsten Probleme widerspiegeln, dass sich diese Vertreter der unterschiedlichen Ortskirchen verständnisvoll füreinander zeigen.
Erwarten Sie auch konkrete Ergebnisse?
Sigrid Müller: Zum einen glaube ich, dass manche Punkte theologisch noch viel stärker durchdacht werden müssen, zum anderen glaube ich, dass die Herausforderung kommt, dass man Pastoral und Theologie und die Tradition in einen stärkeren Zusammenhang bringt.
Welche Positionen müssten noch stärker durchgearbeitet werden?
Sigrid Müller: Ich glaube, dass die Theologie und das Verständnis des Ehesakraments noch einer Vertiefung bedürfen.
Bis 6. September schreiben Lehrende der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät im „Sonntag“ im Rahmen einer „Sommer-Akademie“ auf Seite 3 über das Pontifikat von Papst Franziskus und ihre Erwartungen an die Familien-Bischofssynode, die im Oktober in Rom stattfindet.
19. 7.: Johann Pock (Pastoraltheologie)
26. 7.: Kurt Appel (Fundamentaltheologie)
2. 8.: Thomas Prügl (Kirchengeschichte)
9. 8.: Ingeborg Gabriel (Sozialethik).
16. 8.: Rudolf Prokschi (Ostkirchenkunde)
23. 8.: Hans Schelkshorn (Philosophie)
30. 8.: Ludger Schwienhorst-Schönberger (Altes Testament)
6. 9.: Regina Polak (Pastoraltheologie)
Katholisch Theologische Fakultät der Universität Wien
Die Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag"