Caritaspräsident Michael Landau plädierte bei der Pädagogischen Werktagung in Salzburg für eine "Kultur der Anerkennung".
Caritaspräsident Michael Landau plädierte bei der Pädagogischen Werktagung in Salzburg für eine "Kultur der Anerkennung".
Caritas-Präsident bei "Pädagogischer Werktagung" in Salzburg: Bei Flüchtlingszustrom wird "Dimension einer Völkerwanderung" behauptet, Blick zurück in Geschichte zeige aber: "Wir können das meistern".
Eine "Kultur des Willkommens" gegenüber Flüchtlingen hat Caritas-Präsident Michael Landau eingemahnt. Angst vor Zuwanderung und allfällige Überforderungen seien zwar ernst zu nehmen; "es ist von der Dimension einer Völkerwanderung die Rede", so Landau in seinem Eröffnungsvortrag bei der 64. "Internationalen Pädagogischen Werktagung" am Montagabend, 13. Juli 2015 in Salzburg. Ein Blick zurück in die Geschichte zeige jedoch: "Wir können das meistern und schaffen." Das Gebot der Stunde ist für Landau ein "Mehr an Europa, mehr europäische Solidarität. Aber eben auch ein strategisches Gesamtkonzept, das Miteinander von Bund, Ländern und Gemeinden - und die Kirchen leisten hier selbstverständlich ihren Beitrag".
Der Caritas-Präsident plädiert dafür, konkrete und gute Lösungen zu finden. "Wir sind ein hochentwickeltes Land. Da muss es möglich sein, ausreichend Deutschkurse anzubieten, Paten zu finden, Wohnplätze zu schaffen und eine Begleitung vorzusehen, um diesen Menschen eine Perspektive zu geben." Jeder Tag, an dem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nicht jugendgerecht untergebracht und betreut sind, an dem Frauen und Mütter, Männer und Väter nicht über das Leben und die rechtlich-demokratischen, sozialen sowie ökonomischen und ökologischen Zusammenhänge in Österreich aufgeklärt und informiert werden, sei ein verlorener, so der Caritas-Präsident.
Landau sprach sich bei der Großtagung zum Thema "Einander anerkennen", die bis 17. Juli in der Großen Aula der Uni Salzburg stattfindet, auch für eine Kultur der Geschwisterlichkeit aus, "die nicht beim nächsten Nachbarn und auch nicht beim nächsten Gartenzaun aufhört". Er ermutigte dazu, Vielfalt als Chance zu werten, denn "eine Gesellschaft ohne Impulse von außen wäre eine Gesellschaft, die zum Stillstand verdammt wäre, die sich nicht weiterentwickeln würde, die irgendwann versteinert würde". Vielfalt gebe Anstöße dazu, eigene Vorstellungen, Werte und Wünsche zu hinterfragen und sich so indirekt mit der eigenen Kultur auseinanderzusetzen. Schlussendlich "macht Vielfalt uns auch zu besseren Menschen".
Handlungsbedarf ortet der Caritas-Präsident beim Thema Integration. Gerade jungen Menschen mit Migrationshintergrund fehlten oft positive Perspektiven. "Jeder vierte junge Mensch in Österreich mit Migrationshintergrund hat weder einen Job noch eine Ausbildung. Man spricht von sogenannten 'NEET'-Jugendlichen - not in employment, education or training", zitierte Landau aus einer aktuellen OECD-Studie. In Europa schneide hier nur Belgien schlechter ab als Österreich.
Gerade auch in diesem Bereich brauche es eine Kultur der Anerkennung, denn Kinder mit Migrationshintergrund litten oft unter fehlendem Selbstbewusstsein. "Sie bekommen oft zu hören, dass sie es eh zu nichts bringen würden, dass sie Versager seien - und die self fulfilling prophecy nimmt ihren Lauf." Für Kinder aus benachteiligten Lebenssituationen hat die Caritas in allen Bundesländern Lerncafés eingerichtet. Das Angebot sei als vorübergehend gedacht, "weil wir immer noch sehr davon ausgehen, dass eine echte und ambitionierte Schulreform kommen wird".
Bildung und Anerkennung seien schließlich auch die besten Mittel gegen das Interesse von Jugendlichen in Europa an der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS). Viele Jugendliche, die sich von fundamentalistischen Milieus rekrutieren lassen, würden sich als soziale Verlierer sehen, selbst mit guten Abschlüssen fänden sie keine Anerkennung. Die Rolle der Erziehung in Zusammenhang mit Anerkennung sieht Landau zunächst darin, dem Kind das Urvertrauen zu vermitteln, angenommen zu sein. Im schulischen Umfeld gelte es, eine Balance von Gleichheit und Differenz im Unterricht zu wahren und Leistungsschwächere nicht "auszusortieren". Keine Begabung solle verloren gehen. Gleichzeitig warnte der Caritas-Präsident davor, "dass eine Hilfeleistung auch in Entwürdigung kippt, etwa wenn der Helfende immer besser weiß, was der Hilfesuchende braucht". Der hilfsbedürftige Mensch müsse immer als ebenbürtiger Mensch wahrgenommen werden.
Die Pädagogische Werktagung gilt als eine der wichtigsten pädagogischen Tagungen im deutschsprachigen Raum mit jährlich mehreren Hundert Teilnehmern. Veranstaltet wird sie vom Katholischen Bildungswerk Salzburg in Kooperation mit der Caritas Österreich und der Universität Salzburg.