Caritas-Präsident Michael Landau forfert angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen in Österreich rechtzeitige Integrations-Maßnahmen ein.
Caritas-Präsident Michael Landau forfert angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen in Österreich rechtzeitige Integrations-Maßnahmen ein.
Caritas-Präsident in "Die Presse"-Interview: Integration ist zugleich Chance.
Caritas-Präsident Michael Landau hat angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen in Österreich rechtzeitige Integrations-Maßnahmen eingefordert. Österreich müsse Vorkehrungen treffen, dass aus der Quartierkrise von heute nicht die Integrationskrise von morgen werde, so Landau in einem Interview mit der "Die Presse" am Mittwoch, 2. September 2015. "Das wird Anstrengungen in den Bereichen Soziales und Bildung erfordern." Von den Flüchtlingen erwarte er sich Respekt vor der "Hausordnung Österreichs und Europas. Also etwa das Bekenntnis zu Demokratie, zu den gleichen Rechten von Frau und Mann".
Die Integrationsmaßnahmen sieht er aus dem Blickpunkt der Investition. "Wenn syrische Flüchtlinge zu uns kommen, sind diese zum Teil hochqualifiziert. Es gibt in Teilen Österreichs einen großen Bedarf an Ärzten und Pflegekräften". Als Land habe Österreich die historische Erfahrung gemacht, dass Zuwanderung große Chancen bringe. Die Frage laute: "Was können wir heute tun, damit sie morgen mit der gleichen Energie ihre Fähigkeiten einbringen, wie es etwas die Burgenländer in den USA getan haben? Chicago ist heute, wenn man so will, die größte Stadt des Burgenlands. Das waren damals klassische Armutsflüchtlinge".
Gleichzeitig dürften die Ängste besorgter Bürger nicht außer Acht gelassen werden. "Niemandem ist ein Vorwurf daraus zu machen, wenn er sich sorgt, weil sich seine Wohngegend verändert." Es gehe schließlich auch um die Integration derer, die sich ängstigen. Außerdem dürfe der Blick auf Traiskirchen und die Zelte nicht den Blick auf die anderen Sorgen und Nöte im Land verstellen. "Die Menschen erwarten zu Recht, dass die Bundesregierung auch gegen Rekordarbeitslosigkeit aktiv wird oder wo es um die Zukunft der Bildung, um Pflege oder leistbare Mieten geht". Er warne allerdings vor jenen, "die versuchen, diese Ängste für politisches Kleingeld zu nutzen".
In der Bevölkerung orte er aktuell ein Umdenken, "eine zunehmende Solidarität". Davon sollten sich auch politisch Verantwortliche "eine Scheibe abschneiden". Mehr Solidarität wünscht sich Landau auch vonseiten der Europäischen Union. Das bisherige Dublin-System, das dazu geführt habe, dass Menschen wie Pakete hin und her geschoben worden sind, sei endgültig gescheitert. Zu einem solidarischen europäischen System gehöre, "dass es vergleichbare Entscheidungsstandards für Asyl und eine menschenwürdige Versorgung auf der Flucht gibt. Hier wird zu diskutieren sein, ob ein Quotensystem eine Lösung bringt oder ein System, das auf einem Solidaritätsfonds beruht".
Schließlich müsse auch die Hilfe in den Herkunftsländern verstärkt werden. Aktuell sei das "World-Food-Programm" gezwungen, seine Mittel deutlich zu kürzen. "Wenn die Menschen dort aber kein Essen mehr erhalten, wenn sie sehen, dass ihre Kinder nicht mehr in die Schule gehen können, dann werden sie sich auf den Weg machen." Die Bemühungen der EU um eine Reduzierung des Schlepperwesens sieht Landau kritisch. Wer Schleppern das Handwerk legen wolle, müsse legale Zugänge zum Asylverfahren ermöglichen. Das könne in Form humanitärer Visa für besonders verletzliche Gruppen passieren, oder im Ausbau von Resettlementprogrammen oder der Familienzusammenführung. Von einem "Konzept der uneinnehmbaren Festung" hält der Wiener Caritas-Direktor nichts. "Wir sollten nicht in Zäune investieren, sondern in Brücken und Wege."