Die Herausforderungen für die Pflegearbeit stellte die Caritas Wien beim "Pflegetag" am Stephansplatz in den Fokus.
Die Herausforderungen für die Pflegearbeit stellte die Caritas Wien beim "Pflegetag" am Stephansplatz in den Fokus.
Caritas-Präsident Landau: Pflegefonds verlängern und Pflege solidarisch finanzieren.
Die Caritas drängt die Regierung auf eine weitere Reform des Pflegewesens in Österreich. Neben einer Verlängerung des Pflegefonds und der Pflegegeld-Erhöhung müsse die Qualität bei der 24-Stunden-Betreuung sichergestellt und eine ehrgeizige Strategie für Demenz beschlossen werden, forderte Caritas-Präsident Michael Landau bei einer Pressekonferenz zum "Pflegetag", den die kirchliche Hilfsorganisation am Freitag, 11. September 2015 am Wiener Stephansplatz veranstaltete.
Caritas-Präsident Michael Landau und Patientenanwalt Gerald Bachinger appellierten zudem, die aktuelle Flüchtlingssituation angesichts des steigenden Bedarfes an Pflegekräften als Chance zu nutzen. Pflege dürfe kein Randthema bleiben, betonte Bachinger, werde die Problematik von internationalen Experten doch längst als größte Herausforderungen für das Sozialwesen westeuropäischer Gesellschaften eingestuft. In Österreich sind derzeit fünf Prozent der Bevölkerung älter als 80 Jahre, 2050 werden es laut derzeitigen Prognosen mehr als doppelt so viele (11,5 Prozent) sein - rund eine Million Menschen. Für jeden - auch für sozial Schwache - müsse eine am Menschen orientierte Pflege sichergestellt werden, so der Standpunkt der Caritas, die dafür sechs Vorschläge an die Politik präsentierte.
Der 2016 auslaufende Pflegefonds müsse zumindest bis 2020 verlängert werden, um den 455.000 Pflegegeldbeziehern mehr Sicherheit zu geben, legte Landau dar. Der Fonds solle zum langfristigen Steuerelement werden mit solidarischer Finanzierung statt "Sozialhilfe-Logik", zudem sei die Zersplitterung der einzelnen Bundesländer-Regelungen dringend zu überwinden. Als "positiven, jedoch nur ersten Schritt" bezeichnete der Caritas-Präsident die kürzlich beschlossene Erhöhung des Pflegegeldes um zwei Prozent: Da das Pflegegeld seit seiner Einführung 1993 schon 30 Prozent seines Wertes verloren habe und somit der finanzielle Druck auf Pflegegeld-Bezieher ständig steige, sei nun eine Festschreibung der laufenden indexbasierten Wertanpassung nötig.
Besondere Aufmerksamkeit forderte Caritas-Präsident Landau für die Demenzkrankheit, von der in Österreich derzeit 130.000 Menschen betroffen sind. 2050 wird eine Verdoppelung der Patientenzahlen erwartet, womit auch der Betreuungs- und Pflegebedarf enorm ansteigt, ist Demenz doch schon heute der häufigste Grund für Pflegebedürftigkeit. Damit die Krankheit keinen "Systemkollaps" verursache, müssten bei der derzeit anvisierten Demenzstrategie "alle an einem Strang ziehen", betonte Landau. Auch zusätzliche Ressourcen seien nötig, da der derzeitige Erschwerniszuschlag zu wenig sei, um den enormen Bedarf an qualifizierten Fachkräften sowie Unterstützungs- und Entlastungsdiensten für Betroffene und pflegende Angehörige auch in Zukunft decken zu können.
Lobende Worte fanden Landau und Bachinger für die Trennung von Personenbetreuung und Vermittlung sowie die vom Wirtschaftsministerium anvisierten Standes- und Ausübungsregeln bei der 24-Stunden-Betreuung. Die Formulierung von Mindeststandards dafür seien dabei allerdings zu wenig, so der Tenor beider Experten: Im Markt der bereits 300 Vermittlungsagenturen sei die Qualität sehr unterschiedlich, besonders im stark wachsenden Billigsegment. Transparenz für die Angehörigen könnte hier ein freiwilliges, mit Auswahlkriterien und Kontrollen verbundenes Qualitätsgütesiegel schaffen, wobei geprüfte Agenturen dann finanzielle Zuschläge bekämen. Deute der Begutachtungsentwurf des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes auch "in die richtige Richtung", sei er dennoch zu sehr auf die Akut- und stationäre Pflege in Spitälern fixiert, kritisierte Bachinger: Die Langzeitpflege und deren wichtige Elemente wie Beziehung und Alltagsgestaltung seien außer Acht geblieben, weshalb Nachverhandlungen nötig seien. Mehr Augenmerk auf die Pflegeausbildung sei wichtig, seien doch alle Ressourcen und Strukturen ohne Fachpersonal "umsonst", zudem riet der Patientenanwalt zur Einführung des Berufes des Betreuungsmanagers ("Care-Manager"): Durch die Verantwortungsperson, die Angebote an Pflegedienst- und Hilfsleistungen für Angehörige überschaubarer macht, könnte die Betreuung und Pflege "effizient und sektorenübergreifend organisiert werden", wovon vor allem Menschen ohne Familienverband profitieren würden.
Angesichts eines Bedarfs von 1.000 Pflegekräften zusätzlich pro Jahr sei die derzeitige Flüchtlingssituation laut Landau eine "enorme Chance" für Österreichs Pflegewesen, das heute schon ohne Zuwanderung gar nicht denkbar sei. "Bereits zwei Drittel der Caritas-Mitarbeiter im Pflegebereich haben Migrationshintergrund, worauf wir stolz sind", so Landau. "Still und unaufgeregt" passiere hier Integration und Begegnung. Zur Nutzung dieser Chance müssten die Arbeitsmöglichkeit für Asylwerber jedoch verbessert werden, betonte der Caritas-Präsident. Er schlug dafür bundesweite Kompetenzchecks nach dem Modell des Wiener AMS vor, zudem auch leichtere Nostrifizierung von Ausbildungen und "Sprachlern- und Integrationsmaßnahmen ab dem ersten Tag - schon vor der formalen Zuerkennung des Asyls".
Caritas Betreuen und Pflegen
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