Um Konzepte und Ideen von Behindertenpolitik im Vorfeld der Wiener Gemeinderats-und Landtagswahlen zur Diskussion zu stellen, hatte die Caritas Vertreter der Parteien eingeladen.
Um Konzepte und Ideen von Behindertenpolitik im Vorfeld der Wiener Gemeinderats-und Landtagswahlen zur Diskussion zu stellen, hatte die Caritas Vertreter der Parteien eingeladen.
Caritas lud zu Diskussion mit Parteienvertretern zum Thema "Politik ohne Barrieren"
Wie stellt sich die Politik ein barrierefreies Wien vor? Das war die Ausgangsfrage bei einer Caritas-Diskussion zum Thema "Politik ohne Barrieren" am Dienstagabend, 29. September 2015, in Wien. Um Konzepte und Ideen von Behindertenpolitik im Vorfeld der Wiener Gemeinderats-und Landtagswahlen zur Diskussion zu stellen, hatte die Caritas Vertreter der Parteien eingeladen. "Über Behindertenpolitik gesprochen wird viel zu selten", konstatierte der Moderator des Abends und Obmann des ersten österreichischen Zentrums für Selbstbestimmtes Leben (BIZEPS), Martin Ladstätter. Dabei seien 10 bis 15 Prozent aller Wähler bei der kommenden Wien-Wahl von einer Behinderung betroffen.
"Vor zehn Jahren beschränkte sich Barrierefreiheit noch auf abgeflachte Bordsteinkanten und ebene U-Bahneinstiege", da habe man heute ein ganz anderes Verständnis von Inklusion auf allen Ebenen, stellte die sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Waltraud Karner-Kremser fest. Man habe viel erreicht, natürlich bleibe noch sehr viel zu tun; sie wisse aber durch ihre Arbeit in der gemeinderätlichen Behindertenkommission, dass Veränderungen oft Zeit brauchen, so Karner-Kremser. Sie wolle in ihren Bemühungen aber nicht nachlassen: Menschen mit Behinderung sollten "teilhaben und mitgestalten können".
Mehr Geld für Behindertenpolitik forderte der ÖVP-Landtagsabgeordnete Bernhard Dworak. Während Unternehmer bis zum 1. Jänner 2016 alle Geschäftsgebäude barrierefrei gestalten müssen, habe die Stadt Wien sich selbst eine Frist bis zum Jahr 2042 gesetzt, um alle öffentlichen Gebäude barrierefrei einzurichten. Hier werde mit zweierlei Maß gemessen, darüber hinaus sei die Frist viel zu lang. Von den knapp 1300 Gebäuden der Stadt Wien seien aktuell 490 nicht barrierefrei. Dieser Umstand gehöre so schnell wie möglich geändert. Darüber hinaus forderte Dworak den mehr Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung, den Ausbau des Rechtsanspruchs für persönliche Assistenz und mehr Betreuungsplätze für Kinder mit Behinderung.
"Nicht alles, was die Situation der behinderten Menschen verbessert, kostet automatisch Geld", konstatierte die Landtagsabgeordnete und Sozialsprecherin der Wiener Grünen, Birgit Hebein. Im Sinne von Respekt und Würde gegenüber Menschen mit Behinderung müsse in erster Linie die Bewusstseinsbildung vorangetrieben werden. Weiters plädierte Hebein dafür, Behinderung als Querschnittsmaterie aller Bereiche der Politik anzusehen. Sie werde sich auch weiterhin für die Schaffung einer Sozialanwaltschaft einsetzen. Es müsse möglich sein, dass alle Menschen barrierefreien Zugang zu Information haben, die ihre eigenen Rechte betreffen, so Hebein.
Man habe in der vergangenen Legislaturperiode einige Anträge zum Thema Barrierefreiheit eingebracht. "Diese wurden von der Stadtregierung allerdings nicht weiter verfolgt", zeigte sich Wolfgang Seidl von der FPÖ enttäuscht. Auch er sei für einen schnellstmöglichen Umbau der öffentlichen Gebäude im Sinne der Barrierefreiheit. Im Bereich der Beschäftigung von behinderten Arbeitskräften sei er gegen eine Quotenregelung. "Ich bin prinzipiell dagegen, allzu viel durch Gesetze und Verordnungen bestimmen zu wollen", so Seidl.
Für eine Entbürokratisierung der Behindertenpolitik plädierte Neos-Kandidat Christian Moritz. "Wir wollen allen Menschen ein möglichst selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben ermöglichen", dafür brauche es in erster Linie einen barrierefreien Zugang zu Information und ein transparentes System. Er forderte zudem einen Landesaktionsplan, der sich mit den Belangen der Behindertenpolitik auseinandersetzt und die Aufwertung der Assistenzbegleitung, die über den "Charakter eines Fahrtendiensts" hinausgeht.
Einig waren sich die Politiker darin, dass in Sachen einer ganzheitlichen Inklusion noch Einiges zu tun ist. Einen Kandidaten mit Behinderung hat allerdings keine der Parteien auf einem aussichtsreichen Listenplatz. Das musste die Runde auf Nachfrage geschlossen zugeben.