In den Jahren 1932/33 war es in der Ukraine - und weiteren Gebieten der damaligen Sowjetunion - zu einer Hungerkatastrophe gekommen, die als "Holodomor" (wörtlich "Tod durch Hunger") in die Geschichte einging.
In den Jahren 1932/33 war es in der Ukraine - und weiteren Gebieten der damaligen Sowjetunion - zu einer Hungerkatastrophe gekommen, die als "Holodomor" (wörtlich "Tod durch Hunger") in die Geschichte einging.
Der Einsatz des vor 60 Jahren verstorbenen Wiener Erzbischofs Innitzer für von Stalin mutwillig ausgelöste Hungerkatastrophe in der Ukraine 1932/33 ist weitgehend vergessen.
Vor 60 Jahren - am 9. Oktober 1955 - starb der Wiener Erzbischof Kardinal Theodor Innitzer. Seine anfänglichen Versuche, sich 1938 nach dem Einmarsch Hitlerdeutschlands in Österreich mit den Nazis zu arrangieren wie auch sein baldiger mutiger Einsatz gegen die Nazis und für Juden und nichtarische Katholiken sind weitgehend bekannt. Weniger bekannt ist, dass der Wiener Erzbischof, dem soziales Engagement stets ein großes Anliegen war, in den 1930er Jahren eine der ganz wenigen Persönlichkeiten des Westens war, die sich mit einer Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes in der
Sowjetunion nicht abfinden wollte.
In den Jahren 1932/33 war es in der Ukraine - und weiteren Gebieten der damaligen Sowjetunion - zu einer Hungerkatastrophe gekommen, die als "Holodomor" (wörtlich "Tod durch Hunger") in die Geschichte einging. Ausgelöst wurde die Katastrophe durch Maßnahmen Stalins gegen die selbstständigen ukrainischen Bauern (Kulaken), die nicht in die Kolchosen und Sowchosen eintreten wollten. Nach Schätzungen forderten die Repressionen der Sowjets allein in der Ukraine bis zu zehn Millionen Opfer. Das ukrainische Parlament verabschiedete 2006 ein Gesetz, wonach der "Holodomor" als "gezielter Akt des ethnischen Genozids gegen das ukrainische Volk" zu behandeln sei.
Der Tod von Millionen Menschen war damals von der Weltöffentlichkeit kaum wahrgenommen worden. Schließlich war es der damalige Wiener Erzbischof, Kardinal Theodor Innitzer, der eine internationale und interkonfessionelle Hilfsaktion für die Hungeropfer ins Leben rief. In der "Holodomor"-Gedenkstätte in der ukrainischen Hauptstadt Kiew wird an den Einsatz des Wiener Erzbischofs mit einer Schautafel erinnert.
Am 20. August 1933 veröffentlichte Innitzer einen eindringlichen Appell, "auf übernationaler und interkonfessioneller Grundlage ein allgemeines Hilfswerk für die in Russland vom Hungertode bedrohten Menschen in die Wege zu leiten". Unter dem Titel "Kardinal Innitzer ruft die Welt gegen den Hungertod in Russland auf" wurde der Appell in aller Welt verbreitet.
Der Wiener Erzbischof stützte sich in seinem Appell auf Augenzeugenberichte, die u.a. der damalige griechisch-katholische Metropolit von Lemberg, Andrij Scheptytzkyj, gesammelt hatte. Lemberg gehörte damals zu Polen, aber der Metropolit hatte gute Verbindungen über die Grenze in die Sowjetukraine.
Am 16. Oktober 1933 versammelten sich Repräsentanten der katholischen, der orthodoxen und der evangelischen Kirche sowie der Israelitischen Kultusgemeinde auf Einladung Kardinal Innitzers im Wiener Erzbischöflichen Palais. In seiner Ansprache sagte der Kardinal, es sei die Mission Wiens, "wo Angehörige aller Konfessionen und Nationalitäten zusammenleben, entsprechend seiner uralten Funktion als Mittler zwischen West und Ost aufklärend zu wirken und die Weltöffentlichkeit zu einer Hilfeleistung für die vom Hunger bedrohten Mitmenschen in Russland einträchtig aufzurufen".
Am 16./17. Dezember 1933 fand dann - wieder auf Einladung Kardinal Innitzers - im Erzbischöflichen Palais eine internationale Konferenz der Vertreter aller Organisationen statt, die an der Hilfeleistung für die in der Sowjetunion verhungernden Menschen beteiligt waren. In seiner Eröffnungsansprache erklärte der Kardinal, dass es der Zweck der Konferenz sei, das Weltgewissen gegenüber dem Hungersterben in der Sowjetunion aufzurütteln.
Der Konferenz lagen zahlreiche Hilferufe, Berichte und umfangreiches fotografisches Material vor. In der Abschluss-Deklaration wurde klar die vom sowjetischen Regime und dessen "Freunden" im Ausland oft geleugnete Tatsache der Hungerkatastrophe mit Millionen Opfern angesprochen. Zugleich wurde festgestellt, dass diese Opfer hätten vermieden werden können, wenn man die Getreideüberproduktion aus Nord- und Südamerika in die Häfen der Hungergebiete gebracht hätte.
Jedes Jahr am 24. November wird in der Ukraine und in vielen weiteren Länder der Opfer des "Holodomor" gedacht. Und mancherorts wird dabei auch an den Einsatz des Wiener Erzbischofs Kardinal Innitzer erinnert.