Klar für den Erhalt eines differenzierten Schulsystems spricht sich der Leiter des neuen Bildungsreferats der Orden, Rudolf Luftensteiner, aus.
Klar für den Erhalt eines differenzierten Schulsystems spricht sich der Leiter des neuen Bildungsreferats der Orden, Rudolf Luftensteiner, aus.
Leiter des neuen Bildungsreferats der Orden, Luftensteiner: „Neue Mittelschulen haben Trend hin zum Gymnasium nur fortgesetzt.“
Klar für den Erhalt eines differenzierten Schulsystems hat sich der Leiter des neuen Bildungsreferats der Orden, Rudolf Luftensteiner, ausgesprochen. Das von der Regierung anvisierte Modell der gemeinsamen Schule bis 14 Jahre könne keine Brücken für die Gesellschaft bauen, sondern nur Ungleichheiten vergrößern und ein Auseinanderdriften beschleunigen, erklärte der Schulexperte gegenüber "Kathpress".
Bestätigt seien diese Befürchtungen bereits in Ländern wie Frankreich oder England, wo die "Schule für alle" schon Realität ist. "Vertreter der Länder mit hoher Jugendarbeitslosigkeit kommen nach Österreich, um sich hier das differenzierte Schulsystem anzusehen - während Österreich dieses kippen will. Das ist nicht nachvollziehbar", so Luftensteiner.
Bei den Ordensgemeinschaften Österreich entsteht derzeit ein eigenes Bildungsreferat, das die 228 Ordensschulen des Landes besser vernetzen, das "Markenprodukt Ordensschule" stärken und auch den gemeinsamen Anliegen eine Stimme geben soll. Meinungsbildung, Vertretung in der Öffentlichkeit oder Verhandlungen mit dem Ministerium seien neben der Beratung der Schulen und ihrer Träger wesentliche Aufgaben, erklärte Luftensteiner. Der Pädagoge ist bisher Geschäftsführer der "Vereinigung von Ordensschulen Österreich", wobei eine Übergabe in der operativen Vereinsleitung für das Frühjahr 2016 vorbereitet wird.
Vorreitern der Einheitsschule wie etwa der "Neue Mittelschule" - eine vielerorts auch von Orden getragene Schulform - stellte Luftensteiner ein schlechtes Zeugnis aus. Wie die sinkenden Anmeldezahlen zeigten, sei mit den NMS der Trend in Richtung Gymnasium nicht gestoppt worden, weshalb dort das Platzangebot in der Unterstufe teils sogar noch ausgebaut werden müsse. In Zeiten starker Betonung der Individualität sei die "Schule für alle" kaum sinnvoll, so der Standpunkt des Ordensvertreters. Nur ausreichend große Schulen könnten die nötige Differenzierung schaffen, Österreich sei jedoch eine "kleinstrukturierte Bildungslandschaft". Letztere sei eine "Stärke", verwies Luftensteiner auf die weiterführenden und höheren Schulen in entlegeneren Regionen, etwa in den Bezirkshauptstädten.
Für die laufende Schuldebatte forderte Luftensteiner, das Kind statt die Schulstruktur in die Mitte zu rücken, die Schulpartnerschaft zwischen Lehrer und Eltern zu stärken und die Lehrer zu entlasten, vor allem durch zusätzliches Personal. "Viele der früheren Aufgaben des Elternhauses sind in der Vergangenheit diskussionslos an die Schule übergegangen. Das ist mit dem klassischen Lehrerbild so nicht mehr bewältigbar." Besonders bei Migrations-verwandten Themen - konkret bei Integration und der Vermittlung der deutschen Sprache - bräuchten die Lehrer Unterstützung.
Die Ordensschulen sollten laut ihrem Sprecher kraft ihres Selbstanspruches schon heute "Vorreiter darin sein, das Kind nicht als Humanressource, sondern primär als Mensch mit Fähigkeiten und Besonderheiten" zu sehen. Dass sich dieser Weg bewährt habe, zeigten die gleichbleibenden oder sogar leicht gestiegenen Schülerzahlen der Orden - derzeit hält man bei rund 55.000 - "trotz Bevölkerungsrückgang und obwohl für viele Eltern das Schulgeld in finanziell schwierigeren Zeiten durchaus eine Herausforderung ist", wie Luftensteiner betonte. Ordensschulen heben von den Eltern Schulgelder ein, da sie den Schulbau und andere Infrastruktur, Sekretariat oder auch den Schularzt selbst finanzieren müssen. Vom Staat erhalten sie lediglich die Lehrergehälter finanziert.
Anders als die Zahl der Schüler, nimmt die Zahl der aktiv im Schuldienst tätigen Mitglieder der Orden ständig ab - was durchaus ein Grund für die Errichtung eines eigenen Bildungsreferates war, wie dessen Leiter erklärte. Für den Erhalt des speziellen "Ordenscharismas" an den Schulen - Luftensteiner umschrieb es als "Hauskultur" und "Taktung, wie es sie auch in jeder Familie gibt" - seien intensive Bemühungen nötig, darunter etwa Weiterbildungen für Junglehrer. Schon jetzt habe sich gezeigt, dass für diese Aufgabe völlig neue Wege eingeschlagen werden müssten, "denn die bisherige Anwesenheit der Ordensleute ist nicht einfach ersetzbar".
Immer weiter setze sich in den Ordensschulen das Bewusstsein durch, "dass gelebtes Christentum eine Aufgabe aller ist, die nicht an Ordensleute delegiert werden kann", betonte Luftensteiner. In allen Unterrichtsfächern müsse sich diese Prägung zeigen, wenngleich es keinen "religiösen Mathematikunterricht" geben könne. "Es geht um das Selbstverständnis des Lehrers, der mit den Kindern und Jugendlichen gemeinsam unterwegs ist und sie in die Welt seines Faches einführt, anstatt ihnen nur Wissen einzutrichtern."
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