IVF-Fond hat 14 Jahre nach seiner Einrichtung noch immer kein gesetzlich vorgesehenes "Konzept zur umfassenden Qualitätssicherung auf dem Gebiet der IVF" vorgelegt, kritisiert der Rechnungshof.
IVF-Fond hat 14 Jahre nach seiner Einrichtung noch immer kein gesetzlich vorgesehenes "Konzept zur umfassenden Qualitätssicherung auf dem Gebiet der IVF" vorgelegt, kritisiert der Rechnungshof.
Bioethikerin Susanne Kummer: Studien zeigen exorbitant hohe Kosten und geringe Aussichten auf Lebendgeburt. Derzeit auch keine Qualitätssicherung in Österreich
Kritik an sinkender Transparenz und Qualitätskontrolle bei künstlicher Befruchtung in Österreich hat das Bioethik-Institut IMABE geäußert. Eine stark sinkende Erfolgsrate der In-Vitro-Fertilisation (IVF) bei Frauen über 40 sei bekannt, dennoch würde der IVF-Fonds Befruchtungsversuche von Frauen sogar bis 45 Jahren - mit eigenen oder seit 2015 auch mit fremden Eizellen - zu 70 Prozent finanzieren. "Wir wissen aus anderen Ländern, dass die Erfolgsraten hier katastrophal sind", verwies Susanne Kummer, die Geschäftsführerin der unter Patronanz der Bischofskonferenz stehenden Einrichtung, auf aktuelle Studien aus Kanada.
Kummer verwies auf den österreichischen Rechnungshof, dessen jüngster Bericht ebenfalls eine Schelte des IVF-Fonds enthielt: Der Fonds, der allein zwischen 2009 und 2013 mehr als 66 Millionen Euro an Paare für künstliche Befruchtung bezahlte, habe 14 Jahre nach seiner Einrichtung noch immer kein gesetzlich vorgesehenes "Konzept zur umfassenden Qualitätssicherung auf dem Gebiet der IVF" vorgelegt, hieß es hier. Trotz offensichtlicher Ungereimtheiten in den Abrechnungen habe es der Fonds außerdem verabsäumt, jährliche Geschäftsberichte vorzulegen.
Mit dem zu Jahresbeginn beschlossenen Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz fiel die Pflicht zur Nachreichung eines Qualitätssicherungs-Konzept jedoch gänzlich weg, was Kummer unisono mit dem Rechnungshof in Frage stellte. Rufe nach Studien und offen gelegten Statistiken, vor allem über langfristige Gesundheitsrisiken für Mütter und Kinder, seien mit der Novelle einfach geblockt worden. "Dagegen werden Frauen dazu verführt, ihren Körper Hormonbehandlungen und invasiven Verfahren zu unterziehen, mit sehr geringen Chancen, tatsächlich mit einem Baby nach Hause zu gehen", kritisierte die Bioethik-Expertin. Statt mehr Autonomie stehe vielmehr ein "aggressiver Markt" hinter dieser Entwicklung.
Anders als in Österreich, wo das IVF-Register im Jahresbericht 2014 keine Daten der Baby-Take-Home-Rate in Korrelation zum Alter der Frauen vorgelegt hat, seien andere Länder hier schon weiter und würden nun offenbar die Bremse ziehen, verwies die IMABE-Geschäftsführerin auf Kanada: Eine Studie zur tatsächlichen Geburtenrate bei 44-jährigen Frauen nach IVF sei hier zum Schluss gekommen, dass die Kostenübernahme für das Verfahren in diesem Alter überdacht werden sollte.
In Quebec, das als erste kanadische Provinz IVF auf Krankenkasse eingeführt hatte, wurden im Jahr 2013 laut Kummers Angaben 70 Millionen Dollar für IVF-Behandlungen bei älteren Frauen ausgegeben - ein steiler Anstieg, nachdem es zwischen August 2010 und Dezember 2012 nur 16 Millionen Dollar gewesen waren. Wie eine im Oktober in Baltimore präsentierte Studie des Montreal Fertility Centre zeigte, setzen sich sich teilnehmende Frauen über 40 gesundheitlichen und psychologischen Risiken aus, aber dennoch kam es bei den 44-Jährigen zu keiner einzigen Lebendgeburt.
Konkret kostete den Studienergebnissen zufolge eine Lebendgeburt bei 40-jährigen Frauen nach IVF 43.153 Dollar aus dem öffentlichen Finanztopf. Mit dem Alter stieg die Summe exponentiell an und erreichte fast 104.000 Dollar für 43-Jährige. Für 44-Jährige liegen keine Daten vor, da es zu keiner einzigen Lebendgeburt kam. Die Gesamtkosten dieser Versuche lagen im Zeitraum von zwei Jahren allerdings bei 600.000 Dollar. Daher sollte man in Zukunft besser Altersbeschränkungen überlegen und die finanzielle Bremse ziehen, so die Forschergruppe um Neal Mahutte.
Dass man Frauen keine falschen Hoffnungen machen sollte, fordern sogar führende Reproduktionsmediziner anlässlich aktueller britischer Daten zur künstlichen Befruchtung: Nur bei 3 bis 4 Prozent liegen nach normaler IVF bei Frauen ab 40 die Chancen auf ein Kind, erklärte unlängst IVF-Pionier Robert Winston.
Dass es an Aufklärung der Frauen fehlt, treffe auch auf das "Social Egg Freezing" zu: Nicht einmal zwei Prozent aller zwischen 2008 und 2013 aufgetauten Eizellen hätten zu einer Lebendgeburt geführt. Nichtsdestotrotz verdreifachte sich im gleichen Zeitraum die Zahl der in Fruchtbarkeitskliniken eingelagerten Eizellen, zeigen aktuelle Zahlen der Human Fertilisation and Embryology Authority (HFEA).
Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik
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