Cecily Cortis Vortrag stand unter dem Leitthema "Wieder Weihnachten - Können wir uns das Schenken schenken?"
Cecily Cortis Vortrag stand unter dem Leitthema "Wieder Weihnachten - Können wir uns das Schenken schenken?"
"VinziRast"-Gründerin Cecily Corti über die "Gäste" in ihrer Notschlafstelle: Alle leiden unter der Trennung von ihren Familien
Immer mehr Menschen aus Afrika, dem Nahen Osten und dem ehemaligen Ostblock suchen in der Notschlafstelle "VinziRast" in Wien Zuflucht. Das hat "VinziRast"-Gründerin Cecily Corti in einem Vortrag im Wiener Figlhaus berichtet. Sie nenne die Obdachlosen aus Überzeugung "Gäste". Damit solle zum Ausdruck gebracht werden, dass jeder und jede, unabhängig von Status oder Qualifikation, willkommen sei. Die "Gäste" in der Notschlafstelle seien bunt gemischt, Christen und Muslime.
Cortis Vortrag stand unter dem Leitthema "Wieder Weihnachten - Können wir uns das Schenken schenken?". Sie glaube nicht, dass die von ihr betreuten Personen Weihnachten als besondere Krisenzeit sehen würden, so die Obfrau des Vereins "Vinzenzgemeinschaft St. Stephan": "Die haben schon so viele Hindernisse und Stolpersteine überwinden müssen, dass ich nicht glaube, dass Weihnachten ein Moment verstärkter Emotion ist." Alle würden aber vor allem unter der Trennung von ihren Familien leiden.
Freilich: Das Weihnachten, das von Wirtschaft und Gesellschaft ab Ende Oktober suggeriert wird, habe nichts mit einem gelingenden Leben zu tun, wonach sich die Menschen wirklich sehnen würden, so Corti. "Dann kommt der Konflikt, dass diese Sehnsucht seit der Kindheit besteht und parallel dazu die Enttäuschungen, die viele erlebt haben."
Als sie die erste Notschlafstelle von "VinziRast" eröffnete, sei es ihr sehr stark um die Frage gegangen, was es heiße, Mensch zu sein und wie sich Menschlichkeit ausdrücke. Corti: "Die Schubladen, in die wir gesteckt werden, sind oft sehr beengend, weshalb es mir wichtig ist, nicht zu urteilen und keine Erwartungen zu haben." In der "VinziRast" in der Wiener Wilhelmstraße 10 finden derzeit rund 70 Personen Platz. Die helle und ordentliche Einrichtung soll den "Gästen" vermitteln, "dass sie hier willkommen sind".
Ihr Engagement für Menschen am Rand der Gesellschaft sei über viele Jahre gereift, berichtete die "VinziRast"-Gründerin. Mitte der 1950er Jahre habe sie zum ersten Mal Bilder aus einem Konzentrationslager gesehen. "Ich war tief getroffen von diesem Foto, auf dem ein riesiger Leichenberg lag." Menschen hätten beide Potenziale: das zerstörerische und das unterstützende. "Mich haben immer die Menschen beeindruckt, die Licht in die Welt gebracht haben."
Für zwei Euro pro Nacht ist in der Notschlafstelle jeder willkommen. Auch viele alkoholabhängige und oft psychisch kranke Menschen finden in der "VinziRast" ein warmes Bett, ein Abendessen und Frühstück, ein wenig materielle Hilfe und vor allem menschliche Zuwendung. Betreut wird die Notschlafstelle von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Die Veranstaltung mit Cecily Corti im Wiener Figlhaus wurde von der Akademie für Evangelisation veranstaltet.
VinziRast: