Kardinal Christoph Schönborn ist traditonelle Gastgeber des Empfangs im Wiener Erzbischöflichen Palais für die Mitglieder des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich.
Kardinal Christoph Schönborn ist traditonelle Gastgeber des Empfangs im Wiener Erzbischöflichen Palais für die Mitglieder des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich.
Tenor bei Ökumeneempfang: Soziale Spannungen und Flüchtlinge sind gemeinsame Herausforderungen für alle Kirchen.
Die Kirchen stehen angesichts der wachsenden Spannungen in der Gesellschaft und der vielen Flüchtlinge, die nach Europa kommen, vor immensen gemeinsamen Herausforderungen. Das hat Kardinal Christoph Schönborn am Mittwochabend, 13. Jänner 2016 beim traditionellen Ökumenischen Empfang im Wiener Erzbischöflichen Palais betont.
Der gesellschaftliche Zusammenhalt sei akut bedroht, sagte der Kardinal vor Spitzenvertretern aller christlichen Kirchen in Österreich. Die sozialen Spannungen würden steigen. Dazu kämen nun die vielen Flüchtlinge, die den europäischen Zusammenhalt auf eine neue Probe stellten. "Das alles stellt vor allem auch die Christen auf die Probe, wie wir mit dieser dramatischen Situation umgehen", sagte Kardinal Schönborn. Die christliche Einheit müsse sich in diesen Herausforderungen in den kommenden Jahren bewähren.
Gerade auch gegenüber den vielen Muslimen, die nach Europa und Österreich kommen, sei ein rechtes Verhältnis von Toleranz und interreligiöser Offenheit einerseits und dem klaren christlichen Zeugnis auf der anderen Seite notwendig, betonte der Wiener Erzbischof. Der Kardinal appellierte an die Vertreter der christlichen Kirchen in Österreich, das Leid der verfolgten Christen in der Welt nicht aus dem Blick zu verlieren. Er rief dazu auf, "dass wir hier das christliche Zeugnis genauso ernst nehmen wie die Christen in der Verfolgung".
Kardinal Schönborn hob zugleich die Familie als jene "Urzelle der Gesellschaft" hervor, der in den kommenden schwierigen Zeiten besondere Bedeutung zukomme. Die Familie sei aber von vielerlei Seiten bedroht. Die Kirchen müssten darauf reagieren.
Der lutherische Bischof Michael Bünker stellte beim Empfang eine neue Broschüre des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) vor, mit der der ÖRKÖ den Pfarrgemeinden Hintergrundinfos zu sozialen Fragen und konkrete Handlungsanregungen zur Schärfung ihres sozialen Profils liefern möchte. Die Broschüre steht unter dem Leitwort "Solidarische Gemeinde" und ist das Ergebnis des Prozesses "sozialwort 10+".
Auch Bischof Bünker warnte davor, dass sich der gesellschaftliche Zusammenhalt im Land aufzulösen drohe. Immer mehr Menschen würden dadurch zu "Verlierern". Die Kirchen seien aufgefordert, für diejenigen einzutreten, deren Lebensgrundlagen und Lebensmöglichkeiten bedroht oder bereits in Frage gestellt sind.
Vertreter der Initiative "Klimapilgern" berichteten beim Ökumenischen Empfang über ihre Erfahrungen im vergangenen Jahr. Am 17. Oktober 2015 waren die Klimapilger zu Fuß von Wien aus nach Salzburg gestartet, wo sie am 8. November ankamen. Auf den 22 Etappen standen spirituelle Aspekte in Verbindung mit dem politischen Engagement für mehr Klimagerechtigkeit im Vordergrund. Die unterwegs gewonnen Eindrücke hatten die Klimapilger in einem "Rucksack der Alternativen" gesammelt. Diese Sammlung innovativer Zugänge zu Klimaschutz "Made in Austria" präsentierten Vertreter der Initiative dann in Paris anlässlich der Weltklimakonferenz.
Der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic und die Direktorin der Katholischen Sozialakademie, Magdalena Holztrattner, - beide selbst Klimapilger - appellierten an die Kirchen, ihre ökologische Verantwortung wahr zu nehmen. Jeder Einzelne könne seinen Beitrag leisten.
Ein Schwerpunkt des diesjährigen Ökumenischen Empfangs war das Gedenken an die im vergangenen Dezember verstorbene Ökumene-Pionierin und erste weibliche ÖRKÖ-Vorsitzende Oberin Christine Gleixner (1926-2015). Rudolf Prokschi würdigte sie einmal mehr als "Mutter der Ökumene", ohne die viele Initiativen nicht möglich gewesen wären. Er bezeichnete Gleixner u.a. als herausragende Theologin wie auch als "Kirchendiplomatin im besten Sinn des Wortes". Sie habe es verstanden, "sich als kleine zierliche Ordensfrau in einer sehr männerdominierten Welt der Kirchenleitung Gehör und Anerkennung zu verschaffen".
Vorgestellt wurden bei der Veranstaltung auch zwei neue Bücher. Zum einen der zweite Dokumentationsband zum Forschungsprojekt zur Union von Siebenbürgen, die von der Stiftung Pro Oriente initiiert und durchgeführt wurde. 15 Jahre lang hätten sich katholische und orthodoxe Wissenschaftler mit den historischen Gegebenheiten auseinandergesetzt, die um 1700 zum Entstehen der Union der rumänisch-orthodoxen Bischöfe mit Rom geführt hatten, berichtete der Theologe Wolfgang Nikolaus Rappert. Dabei konnten zahlreiche Irrtümer und Missverständnisse ausgeräumt werden, die das katholisch-orthodoxe Verhältnis über Jahrhunderte belasteten.
Die zweite Buch-Neuerscheinung dokumentiert ein Symposion über Märtyrer der Ostkirchen, das vor zwei Jahren von der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät und dem ITI (International Theological Institute) veranstaltet worden war. Wie der Generalvikar der griechisch-katholischen Kirche in Österreich, Yurij Kolasa, sagte, sei dies wohl das erste Symposion gewesen, bei dem zugleich über die Märtyrer der unierten wie auch orthodoxen Kirche berichtet wurde.
Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich:
Ökumenische Stiftung Pro Oriente:
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